Die Musik von WHEEL offenbart viele mögliche Parallelen. Nicht selten vergleicht man sie mit TOOL, aber auch Assoziationen zu Bands wie LEPROUS werden durch die Musik und auch das Albumcover von „Resident Human“ geweckt. Während es thematisch um die Dekonstruktion der Menschheit geht, zeigt das Coverartwork die Konstruktion eines menschlichen Kopfes, wie in einem Museum. Sänger und Gitarrist James Lascelles erzählt im Interview über die zwei Seiten der britisch-finnischen Band.
Klassische Musik genießt innerhalb unserer Gesellschaft einen elitären Ruf und nur wenige gehen freiwillig und gerne in die Oper. Für James gibt es dort, genau wie in der Pop- und Rockmusik Aspekte, die er sehr schätzt, und Aspekte, mit denen er nichts anfangen kann, wie er scherzhaft bemerkt. „Hör mir auf mit serieller Musik, ich denke das ist eine spezielle Art des Leidens, haha.“ Dennoch ist er davon überzeugt, dass die klassische Musik für Rockmusiker vieles bietet, das man von ihr lernen und adaptieren kann. So folgt auch der Ansatz, ein Konzeptalbum zu schreiben, einer Idee, die wir aus der Oper kennen und auf Rock- und Popmusik-Alben übertragen haben.
Dass klassische Musik einen großen Einfluss auf WHEEL hatte, liegt daran, dass James als Kind fast jedes Wochenende seinen Bruder im Orchester spielen sah. „Ich denke, das hat mich genauso beeinflusst wie OASIS oder andere Bands in diesem Alter.“ James entdeckt in beiden Welten interessante Elemente, die ihn inspirieren. Auch deshalb ist der Sound von WHEEL so vielseitig und besitzt zwei Seiten. Zum einen die poppige Alternative-Metal-Seite, die dafür sorgt, dass einige Songs enorm eingängig sind, zum anderen die Progressive-Metal-Seite, die beweist, wie talentiert die vier Musiker sind. Ähnlich wie oben genannten Bands gelingt es den Finnen, diese Gegensätze zu verschmelzen und das Beste aus beiden Welten in ihre Musik einfließen zu lassen.
Die Musik von WHEEL vereint diese zwei verschiedene Sphären, die enorm konträr zueinander stehen. James verweist hier auf Theodor W. Adorno, der ebenfalls zwei Sphären in der Musik sah, die der kontemporären Popmusik und die der klassischen Musik, wie sich der Sänger erinnert. „Wir haben auf der Universität viel darüber gesprochen. Zwischen diesen beiden Sphären existiert eine kleine Schnittmenge, die das Beste aus der Popmusik und das Beste aus der klassischen Musik umfasst. Popmusik ist einfach zu hören, zugänglich und sehr kommunikativ. Klassische Musik hingegen ist viel tiefer und kann wesentlich weiter ausgebaut werden. Zudem gibt es einen Dirigenten, der die Musik gewissermaßen konstruiert und Nuancen setzen kann. Ich denke, beide haben ihren Wert und es gibt von beiden etwas zu lernen.“
Davon ausgehend kreieren WHEEL auf ihrem zweiten Album „Resident Human“ einen Sound, der stark kontrastiert ist und für James diesem Ansatz gerecht wird. So sind WHEEL ein Crossover-Phänomen der besonderen Art, das wohl im Sinne des Musikdenkers Adorno wahrhaft progressiv agiert.
© by Fuze - Ausgabe #87 April/Mai 2021 und Rodney Fuchs
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