WALTER SCHREIFELS

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Lost and found

Walter Schreifels (YOUTH OF TODAY, GORILLA BISCUITS, WARZONE, QUICKSAND, CIV, WALKING CONCERT, RIVAL SCHOOLS) streunte in den letzten Monaten einmal mehr durch europäische Gefilde. Mit irgendeiner Band macht der New Yorker immer von sich reden, aktuell gab es zwei gute Gründe, Mr. Schreifels einmal mehr auf dem Schirm zu haben. Zum einen wegen seiner Soloaktivitäten, zum anderen wegen der Veröffentlichung des lange verschollen geglaubten zweiten und passenderweise nun „Found“ benannten Albums seiner Post-Hardcore-Band RIVAL SCHOOLS. Nachdem Gitarrist Ian Love wegen Querelen und Soloplänen nach der Europatour 2002 bei RIVAL SCHOOLS ausgestiegen war, widmete sich die Band dem Nachfolger des 2001 erschienenen Debüts „United By Fate“. Bevor es zur Veröffentlichung kam, löste sich die Band dann 2003 auf. Das teils unfertige Material fand später seinen Weg als „Lost Album“ ins Internet. 2008 dann die Wiedervereinigung in Originalbesetzung, die Veröffentlichung des Albums „Pedals“ – und dann stieg Ian Love erneut aus. Die nun zu einem Trio geschrumpften RIVAL SCHOOLS fassten sich ein Herz, überarbeiteten die Songs und veröffentlichten schließlich im April das „echte“ zweite Album „Found“. Ich sprachen mit Walter über sein seit längerer Zeit angekündigtes zweites Soloalbum und die neue Begeisterung für RIVAL SCHOOLS.

Wohnst du immer noch in Berlin?

Ich verbringe meine Sommermonate in Berlin. Ich weiß, das hört sich jetzt sehr bourgeois an, aber ich habe eine Wohnung dort, die ich das Jahr über untervermiete. Ich bin im Sommer gerne in Berlin, weil so viele Freunde von mir dort wohnen und das Apartment großartig ist. Außerdem ist der Sommer in New York sehr heiß, deswegen war ich seit 2006 auch im Sommer nicht mehr dort.

Letztes Jahr bist du mit GORILLA BISCUITS getourt, du hast QUICKSAND reaktiviert, RIVAL SCHOOLS sind nach wie vor aktiv. Wie fühlt es sich an, mit diesem weiten musikalischen Spektrum und mit diesen Bands wieder unterwegs zu sein?

Es ist ein nette Kombination verschiedener Dinge. Es ist großartig, dass ich während meiner gesamten Karriere so viele verschiedene Bands hatte, und dass sie jetzt alle zur selben Zeit existieren. Ich verstehe mich super mit allen und meine gesamte Community besteht aus großartigen Leuten. Daher mag ich jede Band auf andere Art und aus unterschiedlichen Gründen. Und ich habe mit jeder Band andere Ziele. Zudem habe ich noch meinen Solokram, mit dem ich mich auf meine eigenen, ganz persönlichen Touren verziehen kann – was ich auch wirklich genieße. Ich kann einfach ein Auto mieten und herumfahren, von einem Ort zum anderen, kaufe mir neue Musik und höre Radio. Oft verkaufe ich gar keinen Merch, steige nur aus und spiele, fertig!

Bei einem Blick auf deine Karriere wird einem erst diese lange Liste prägender Bands bewusst. Bist du dankbar, dass das alles passiert ist?

Ich habe eine Phase durchlebt, in der ich anfing zu verstehen, dass Jüngere die Musik für sich entdeckten. Und das war cool. Manchmal sagen Leute zu mir: „Walter, du bist eine Legende!“ Das ist zwar nett, aber ich mag es nicht allzu sehr. Dennoch, ich habe Glück, dass meine Musik mich auf diesen Weg gebracht hat.

So wie du reaktivieren einige Leute ihre früheren Bands, aber oft sind die schneller als gedacht wieder Geschichte. Glaubst du, dass viele Musiker deswegen anfangen, sich als Singer/Songwriter ein zweites Standbein aufzubauen, weil sie sich davon mehr Kontinuität versprechen?

Ja, absolut. Ich glaube, in meiner Generation von Punk-Musikern gibt es einen Zeitpunkt, ab dem einige Familien gründen, verheiratet sind oder Jobs haben. Es gibt hier nicht genug Geld zu holen, dass du solche Dinge einfach so stemmen könntest. Du musst ständig die Zeitpläne aller Beteiligten in einer Band im Auge behalten. Das geht einem irgendwann auf den Sack. Und so kannst du es dann einfach auf eigene Faust machen und herumreisen, wie du willst. Das ist ziemlich befreiend und kann eine wirklich tolle Erfahrung sein. Ich glaube, das ist ein Grund dafür. Aber ich brauche dir nicht zu sagen, dass es schon etwas Besonderes ist, wenn man es schafft, alle Leute zusammenzutrommeln. Denn es bedeutet gleichzeitig, dass sich alle die Zeit nehmen und sich wirklich um eine Band bemühen.

Aber es ist offensichtlich, dass in der letzten Zeit die Singer/Songwriter wie Pilze aus dem Boden sprießen.

Eine andere Erklärung dafür könnte das Internet sein. Du kannst die Dinge heute selbst in die Hand nehmen. Du kannst einen Joint rauchen, ein Demo aufnehmen und es ins Internet stellen. Früher war das viel schwieriger, Leute zu erreichen. Und ich glaube, je mehr Leute es machen, desto einfacher ist es, eine „Acoustic Stage“ auf einem Festival zu haben.

„An Open Letter To The Scene“ wurde 2010 veröffentlicht. Wann kann man dein zweites Soloalbum erwarten, immerhin wurde der Titel „Jesus Is My Favorite Beatle“ bereits letztes Jahr bekanntgegeben?

Bald. Alle Songs sind geschrieben. Ich muss hier und da nur noch ein wenig feilen, aber ich werde es hinbekommen. Ich bin mittlerweile auf einem guten Weg. Ich will immer fünf unterschiedliche Dinge gleichzeitig mache. Dann passiert etwas und schon bist du soweit, dass andere Projekte fünf Monate zurückliegen und du lieber etwas anderes machen willst. Auf dem Album werden ein paar wirklich coole Sachen drauf sein und ich habe das Gefühl, dass es ziemlich heavy wird. Ich glaube, es wird viele Leute überraschen.

Lass uns über RIVAL SCHOOLS sprechen. Bleibt ihr erst einmal als Trio zusammen, nachdem Ian abermals die Band verlassen hat?

Ja, aber es ist ein wenig kompliziert, alles Nötige zusammen zu bekommen. Aber wir haben bereits ein paar Demos aufgenommen. Irgendwie gefällt mir der Gedanke, es bei einem Trio zu belassen, immer mehr. Einfach deswegen, weil man sonst jemand ganz neu einarbeiten müsste, um den ganzen Kram auf die Reihe zu bekommen. Das wäre ein weiterer Zeitplan, den ich mit meinem unter einen Hut bekommen müsste. Vielleicht ist es besser, wenn wir einfach einen Freund einladen, falls er möchte. Aber das ist jetzt nur mal laut gedacht.

Es muss wie ein Déjà-vu für euch gewesen sein, als Ian zum zweiten Mal die Band verließ, oder?

Es war genau die gleiche Geschichte. Das Coole daran ist nur, dass wir „Found“ nun draußen haben – und es alle zu mögen scheinen. Jetzt können wir etwas machen, das wirklich neu ist. Das ist eine Herausforderung und ich freue mich schon drauf. Denn „Found“ war ursprünglich ein Album, bei dem wir nicht mehr völlig dahinter standen. Und als Ian dann zurückkam und wir „Pedals“ aufnahmen, folgte es ja quasi dem ersten Album. Daher kommen wir jetzt wieder richtig in die Gänge. Aber ich bereue nichts davon.

Die Umstände sprechen also dafür, dass sich RIVAL SCHOOLS nicht wieder auflösen?

Ich habe mich dazu entschieden, die Band nicht aufzulösen und habe mir das selbst versprochen. Es wird sicherlich interessant. Auch „Found“ ist cool, und ist eben auch ohne Ian entstanden. Aber er ist immer noch ein Freund von mir. Ich empfinde keinen Groll gegen ihn oder so was, und dass er die Band verlassen hat, war die richtige Entscheidung. Mich kümmert es noch nicht einmal, dass er es zweimal getan hat. Aber du bist einer der wenigen Leute, die das überhaupt bemerkt haben, glaube ich. Oder niemand will darüber reden. Aber das läuft ja eigentlich aufs selbe hinaus.

Was ist es für ein Gefühl, die Songs nach zehn Jahren endlich offiziell veröffentlichen zu können?

Es fühlt sich großartig an. Es war ätzend, diese Songs herumliegen zu lassen, aber auf der anderen Seite wollte ich auch nicht, dass sie irgendwer hört – für mich waren es Demos. Es wäre so, als ob dir jemand dabei zuschaut, wie du dich für die Party zurecht machst. Und dann haben die Leute doch die Songs gehört und ich dachte: „Mist, das ganze Material kursiert irgendwo da draußen, aber in einer so beschissenen Qualität, dass es einfach keinen Spaß macht, sich das anzuhören.“ Wir wollten es dann endlich mal veröffentlichen, aber auf eine vernünftige Art, etwas, das man auch in einem Plattenladen verkaufen kann.