VODKA JUNIORS

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Der kämpfenden Jugend gewidmet

Fast zwanzig Jahre haben VODKA JUNIORS aus Athen mittlerweile auf dem Buckel. Lediglich die Debüt-EP „Drunk’n’Loud“ schaffte es bislang ins Ox. Nun widmete sich das Mainzer Label Keep It A Secret Records der Band und veröffentlichte im Januar diesen Jahres in Kooperation mit vier weiteren kleinen Labels ihre neue Platte „Warrior Anthems“. In Griechenlands Punkkosmos sind sie eine Größe und spielen vor ausverkauften Hallen mit einigen tausend Besuchern. Den Süden und Osten Europas haben sie mittlerweile besucht und im Herbst kommen sie als Support von SATANIC SURFERS auch nach Deutschland. Wie sich die Band entwickelt hat, darüber sprach ich mit Gitarrist und Sänger Kostis.

Kostis, wie ging es eigentlich los mit der Band?


Wir sind mit Punk und Hardcore aus den Neunziger Jahren aufgewachsen. Kennen gelernt haben wir uns auf Shows und durch Cannonball Records, ein unabhängiges Non-Profit-Label, das sich dem Aufbau der Athener Szene widmete. Seitdem durchleben wir als Band eine Achterbahnfahrt mit viel Schüttelfrost und Nervenkitzel und ein weltweites Abenteuer mit guten und schlechten Phasen. Wir begannen als Skatepunk-Band, spielten schnell und rauh. Bands im Stile von RKL gefielen uns. Die Shows in Athen waren chaotisch und unser Ziel war es, intensive und emotionale Live-Auftritte hinzulegen. Wir erarbeiteten uns schnell einen sehr guten Ruf, nicht zuletzt durch unsere ersten drei Platten „Drunk’n’ Loud“, „... All Them Clowns“ und „Suburbancore“. Aber das Doppelalbum „Dark Poetry“ sollte einiges verändern ...

Wie meinst du das?

„Dark Poetry“ nahmen wir 2007 auf, ein Akustikalbum, das alle überraschte. Die Texte sind persönlicher Art, besitzen Tiefe, Nostalgie und Melancholie. Bis dahin gab es bei uns nur pure Wut. Ich glaube, der Erfolg dieses Albums hatte schlicht etwas mit unserer Authentizität und Ehrlichkeit zu tun und wie wir uns den HörerInnen gegenüber geöffnet haben. Mal treibt uns der Zorn an, mal sind wir sehr sensibel. Wir sprachen Themen an, bei denen bislang niemand den Mut hatte, sich so offen dazu zu äußern. Damals wurde es in der Punk-Szene als Schwäche angesehen, über Sensibilität, Angst und Emotionen zu reden. Wir hingegen finden, dass es okay ist, „schwach“ zu sein. Wahrer Mut, wahre Stärke ist, wenn man seine Ängste bekämpft und wieder aufsteht, auch wenn man mal gefallen ist. Es war längst an der Zeit, das zu thematisieren und so wurde das Album an sich viel wichtiger und gewann eine größere Bedeutung als die Band selbst.

Wie ging es weiter?

Danach folgte das Triple-Album „Clubriot“ aus dem Jahr 2015, ein musikalisch abwechslungsreiches und umfangreiches Werk mit insgesamt 45 Songs, gefolgt von einer hunderttägigen Tour. „Clubriot“ wurde in drei Abschnitten aufgenommen und läutete eine neue musikalische Ära der Band ein. Mit elektronischen Elementen integrierten wir neue Sounds in unsere Art, Punkrock zu spielen. Die dazugehörige Tour bezeichnen wir in der Band als „Monstertour“. So etwas werden wir nicht mehr durchziehen, da es einerseits unglaublich herausfordernd war, andererseits kann das zur Sucht werden. Bands, die viel touren, werden das verstehen. Wir hatten in der Band allerdings die letzten Jahre immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, die noch nicht ganz ausgestanden sind. Die Aufnahmen und musikalische Entwicklung von „Clubriot“ sehen wir als Vorlauf für unsere aktuelle Platte „Warrior Anthems“. Das komplette Material darauf soll keine musikalischen, textlichen, klanglichen oder rhythmische Grenzen haben. Mittlerweile entdeckt man so viele Genres in unserer Musik, dass wir uns keinem bestimmten Stil mehr zuordnen wollen.

„Warrior Anthems“ ist der heutigen Jugend gewidmet, die ihr in diesen Zeiten im ständigen Kampf seht. Welche Möglichkeiten seht ihr, wie wir es doch noch zu einem weltweiten Miteinander schaffen könnten?

Als nihilistischer Mensch habe ich auf meinem persönlichen Lebensweg eher negative Gefühle für die Menschheit entwickelt. Ich glaube ja, wir sind eine Art Virus auf diesem Planeten. Eine unentwickelte Spezies, die nicht in der Lage ist, einfachste Aufgaben zu erfüllen, ohne Katastrophen zu verursachen. Andererseits liebe ich alles Reine und Unverdorbene. Das mag paradox erscheinen. Wir als Band versuchen, Teil eines Paralleluniversums im Punk-Underground zu sein, das nach unseren eigenen Bedingungen des Miteinanders arbeitet. Dieses Miteinander haben wir durch die Musik und die Punkrock-Szene gefunden. Demokratie ist ein System, das auf der Idee beruht, dass die Mehrheit für jeden Einzelnen entscheidet. Das klappt schlicht und einfach nicht und läuft offensichtlich beschissen, da die Mehrheit nicht im Interesse des Ganzen entscheidet und sich selbst nicht als Teil des Ganzen sieht. Darüber hinaus hängt Demokratie von Wahlen durch diverse Vertreter ab, und diese Entscheidung wird im Moment durch die Medien in vielerlei Hinsicht beeinflusst, erzwungen und kontrolliert. Deshalb ist das komplette Album „Warrior Anthems“ als Hommage der kämpfenden Jugend von heute gewidmet. Die Welt ist ein gefährlicher und unwirtlicher Ort geworden. Immer mehr Menschen kämpfen um ihr Überleben und es gilt das Recht des Stärkeren. Die Jugend lebt nicht mehr, sondern beginnt schon früh zu kämpfen. Das alles steckt in unseren Texten, die in der Regel so geschrieben sind, dass sie individuell unterschiedlich interpretiert werden können. Sie dienen als Anregung und Aufforderung, um die eigenen Lebenserfahrungen einfließen lassen zu können.

Wurdet ihr, angesichts der Geschehnisse in der EU in den letzten zehn Jahren und der Diskussionen um Griechenland, aufgrund eurer Herkunft schon mal auf Tour angefeindet?

Noch nie! Aber sicher gibt es sowas auch. Diese Menschen kapieren einfach nicht, um was es im Leben eigentlich geht. Wir alle sind Teil eines großen Ganzen, Teil eines großen lebenden Organismus, den es seit Milliarden von Jahren auf diesem Planeten gibt. Fraglich ist, ob es unsere Spezies noch lange geben wird, wenn wir so weiter machen. Die Erde wird sich von der Menschheit erholen. Die Menschheit selbst wird in der Zeitrechnung der Erde nur einen kleinen Abschnitt in der Geschichte dieses Planeten einnehmen.