Mittlerweile bieten viele Künstler und Contentcreator die Option an, sie über Seiten wie Patreon oder Steady regelmäßig finanziell zu unterstützen. Auch die Band um Sänger Christian Grey hat diese Möglichkeit für ihre Fans geschaffen.
Ich habe gesehen, dass ihr eine Patreon-Seite für die Band eingerichtet habt – so wie viele Musiker und Bands in den letzten Jahren. Was hat euch jetzt dazu bewogen, diesen Weg zu gehen?
Als ich das erste Mal von Patreon gehört habe, habe ich sofort angefangen, ein Profil zu erstellen, haha! Die ursprüngliche Idee war, dass jedes Mitglied der Band seinen Job aufgeben könnte, wenn auch nur ein Bruchteil unserer Fangemeinde sich anmelden würde. Wir fanden es eine sehr coole Idee, es unseren Fans zu einem sehr günstigen Preis anzubieten und sich das hoffentlich eines Tages zur größten Einnahmequelle der Band summiert. Wir hatten bisher nur einen Newsletter und eine Facebook-Gruppe, die bei uns einen Blick hinter die Kulissen ermöglichten, so dass Patreon uns wie eine Plattform erschien, die mehr Fans ansprechen würde. Es gibt Leute, die Facebook nicht nutzen, und die Reichweite von Mail-Verteilern ist auch ziemlich begrenzt. Ich hatte das Gefühl, dass es sowohl für uns als auch für die Fans ein Gewinn ist.
Glaubst du, dass eine erfolgreiche Patreon-Seite einer Band mehr Freiheiten gibt, das zu tun, was sie will? Oder könnte es auch umgekehrt sein – Bands, die nur noch versuchen, ihren Unterstützern zu gefallen, und statt kreativ zu sein, wiederholen sie sich?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man sich zu sehr darauf konzentrieren könnte, seine größten Supporter zufriedenzustellen. Ich denke, es ist nachvollziehbar, wenn Kreative jeglicher Art dies tun. Es ist sicher eine Frage der Situation, ob das eine „gute“ Dynamik bekommt oder nicht, aber bei uns habe ich keinen derartigen Druck verspürt und ich sehe auch nicht, dass wir diesen Weg einschlagen. Ich sehe es so, wenn wir einfach unser Ding durchziehen, werden mit der Zeit auch mehr Leute die Musik hören und sich möglicherweise anmelden, was zu mehr finanzieller Unabhängigkeit führen würde, um weiter unser Ding durchziehen, aber in einem größeren Rahmen. Fast kein Videokonzept, keine Marketing-Idee, die wir hatten, hat sich exakt so entwickelt, wie wir es uns ursprünglich vorgestellt hatten, und ich denke, dass ist zum Großteil auf begrenzte Ressourcen zurückzuführen. Letztendlich muss man aber mit dem Budget arbeiten, das man hat, und sein Bestes geben, um einfallsreich zu sein. Aber um noch einmal darauf zurückzukommen, ich glaube, wenn Patreon irgendwann zur Hauptfinanzierungsquelle wird, ja, dann könnte es beängstigend sein, hier etwas falsch zu machen. Wenn du es dir zu bequem machst oder anfängst, die Einnahmen als selbstverständlich zu nehmen, als ob sie garantiert wären, dann könnte plötzlich ein enormer Druck entstehen, den perfekten Song abzuliefern, oder was auch immer dein Produkt ist. Falls dein „innerer Kreis“ etwas nicht mag, es ihnen gar so missfällt, dass sie ihr Abonnement kündigen, dann kann ich mir vorstellen, wie sich das auf dein Gehirn auswirkt, haha. „Alle wenden sich ab und mein Einkommen halbiert sich, verdammt, ich sollte wirklich etwas finden, das mehr dem entspricht, was sie wollen, als dem, was ich eigentlich machen will.“ Obwohl ich das Gefühl habe, dass so was davon unabhängig immer vorkommen kann, das wäre eine schwierige Situation und eine schwere Entscheidung, die man treffen muss. Sogar außerhalb von Patreon möchte jeder immer gute Arbeit veröffentlichen, auf die er stolz ist, aber ja, ich kann mir vorstellen, dass das eine schwierige Dynamik ist, mit der man umgehen muss.
Habt ihr das Gefühl, dass die Unterstützer auf der Patreon-Seite Einfluss hatten auf „Divided“, euer neues Album? Wenn ja, kannst du das erklären?
Was das Schreiben angeht, nicht wirklich. Ich glaube, es gab ein paar Momente in den privaten Streams, wo ich mir nicht sicher war, in welche Richtung es gehen sollte, und ein paar Leute haben abgestimmt, welches Riff oder welchen Breakdown ich verwenden sollte. Ich denke, dass es für zukünftige Alben cool wäre, wenn man das ein bisschen mehr einbeziehen würde, aber größtenteils habe ich einfach geschrieben, was ich für cool hielt, haha. Bei einigen kreativen Sachen haben wir Umfragen gemacht, welche Optionen wir verwenden sollten. Wir würden in Zukunft gerne mehr Feedback von der Community bekommen, was den Merch angeht. Wir suchen uns ein Design aus, das uns gefällt, und sehen dann, welche Artikel/Farben die Leute am meisten interessieren, und übernehmen diese Produkte dann in den Shop.
© by Fuze - Ausgabe #95 August/September 2022 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #95 August/September 2022 und Sebastian Koll