TORRENTIAL RAIN

Foto© by Nioryn Photography

Auf der Metaebene

Die vier Nürnberger wissen um moderne Hörgewohnheiten und haben zuletzt etliche Singles veröffentlicht. Dadurch ist der Boden für das Erscheinen des Albums „Digital Dreams“ bereitet. TORRENTIAL RAIN treten thematisch und soundtechnisch vorwärts gerichtet und wagemutig an. Das zahlt sich aus, denn der agile Djent-Metalcore fällt auf.

Wir versuchen, in unserer Musik so frei wie möglich zu bleiben und uns nicht von Genrebeschreibungen eingrenzen zu lassen“, umreißt Frontmann und Gitarrist Chris Danner das kreative Selbstverständnis. „Klar, könnte man sagen, dass wir Progressive-Metalcore mit Härte, Groove, eingängigen Melodien und virtuosem Instrumentalspiel machen. Doch alles, was wir versuchen, ist es, mit jedem Song eine andere Nuance unserer Musik glänzen zu lassen. Jeder Track soll seine eigene Identität besitzen und sich von den übrigen abheben. Es ist unsere Absicht, immer auch etwas zu schreiben, das uns als Musiker fordert und uns zwingt, besser zu werden, um das gesteckte Ziel zu erreichen.“ Als Resultat dieser Arbeitsweise stehen dynamisch inszenierte Stücke, die fesseln und Ausdruck des reifen Selbstbewusstseins der Süddeutschen sind: „Es ist uns ein großes Anliegen, Songs zu schreiben, die die Gratwanderung zwischen anspruchsvoll und eingängig so meistern, dass sowohl Musiker als auch Leute, die nur gute Hooks hören wollen, unsere Musik genießen können“, bekräftigt Chris Danner. „Wir setzen fast alles in Eigenarbeit um und legen viel Wert darauf, dass alles musikalisch, visuell und auf Social Media unseren Ansprüchen gerecht wird. Am Ende sollte jeder mitbekommen, wie viel Herzblut, Mühe und Leidenschaft wir in alle Aspekte stecken. Von dem, was wir tun, sind wir überzeugt und das, so glaube ich, nicht ganz unberechtigt.“

TORRENTIAL RAIN nutzen die Breite ihrer Interessen und Vorbilder, um über das hinauszugehen, was sie kennen und schätzen: „Wir haben Wurzeln und Einflüsse, die wir nicht leugnen. Das sind Bands wie PERIPHERY, ERRA, ­AUGUST BURNS RED, ICE NINE KILLS, INTERVALS, MEMPHIS MAY FIRE oder POLARIS. Sie und viele, viele mehr haben unser Schaffen maßgeblich geprägt. Unsere Musik wäre ohne diese Bands nicht die gleiche. TORRENTIAL RAIN sind von daher einzigartig, dass wir Aspekte all der Gruppen, die uns beeinflusst haben, vereinen und es uns nicht nehmen lassen, zwischen den verschieden Sub-Genres hin und her zu springen und uns ihrer ganzen Fülle zu bedienen.“ Um kontinuierlich Output zu setzen und aufzufallen, haben die Nürnberger zuletzt aus taktischen Gründen zahlreiche Singles veröffentlicht: „In der heutigen Zeit ist es wichtig, relevant zu bleiben“, erklärt der Frontmann. „Wir alle lieben Alben und das Durchhören eines großen Konzept-Albums. Doch bei der Menge an Songs, die jeden Tag auf einen einprasseln, ist es verständlich, dass man nicht immer 45 bis 60 Minuten aufwenden möchte, um eine ganze Platte durchlaufen zu lassen. Singles sind meiner Meinung nach der beste Weg, um kontinuierlich im Feed der Hörer aufzutauchen und möglichst viele Menschen einzufangen. Dadurch sind sie am Ende hoffentlich vertraut genug mit deiner Band, um auch einem Album eine Chance zu geben.“ Die Veröffentlichung von „Digital Dreams“ ist demnach von langer Hand vorbereitet. Chris Danner und Co. hoffen darauf, dass die Hörer nun Konzentration und Zeit investieren: „Es ist ein Risiko, vollkommen richtig“, bestätigt der Gitarrist und Sänger. „Indem wir bereits drei komplett unterschiedliche Songs des Albums releaset haben, wollten wir die Leute bewusst heiß machen. Da ist für jeden etwas dabei und wir hoffen, dass wir damit ein breitgefächertes Bild von uns präsentieren konnten, das Lust auf mehr macht. Das Album ist uns ein Herzensprojekt, da wir zwischen 2020 und 2022 allein Singles veröffentlicht haben. Wir glauben, dass wir mittlerweile einen Stand in der deutschen Metal-Szene haben, der es ermöglicht, ein Album zu veröffentlichen, das nicht direkt verpufft. Die Qualität und Leidenschaft der Songs sprechen für sich. Wir hoffen, dass unsere treuen und unsere neuen Fans dieses Album in die Welt hinaustragen werden.“
Die Hörer entscheiden dabei selbst, wie tief sie in die Musikalität von TORRENTIAL RAIN eintauchen: „Obwohl wir bei allem Musikalischen extremen Aufwand treiben, möchten wir keine Musik machen, die nur von Musikern oder sehr Musik-affinen Leuten geschätzt wird“, erklärt der Frontmann. „Es gehört zu unserem Anspruch, Songs zu schreiben, die von ‚normalen Hörern‘ genauso gern gehört werden können wie von Musikenthusiasten. Das ist nicht leicht, aber wenn es funktioniert, ist es unglaublich erfüllend.“ Die Aus­einandersetzung mit der inhaltlichen Thematik ist ebenfalls kein Muss: „Zuerst muss man wissen, dass ‚Digital Dreams‘ kein Konzeptalbum ist, wie man es normalerweise definiert“, ordnet Chris Danner ein. „Das Konzept ist eher auf der Metaebene zu verstehen, als in jedem Song behandelt. Im Schaffensprozess war ich sehr von Künstlicher Intelligenz und deren Möglichkeiten, Gefahren und Grenzen inspiriert. Dadurch kam mir die Idee, jeden Song auf dem Album als Interpretation eines Traumes eben jener KI anzugehen. Das Thema ist auch visuell vorhanden, da jeder Song ein Cover spendiert bekommen hat, das auf den verworrenen und surrealen Art-Style aufgebaut ist, den man von der Illustration eines KI-Traums erwartet. Somit war ich bei den einzelnen Songs trotzdem frei, auch Themen zu behandeln, die nichts damit zu tun haben – wie Zwischenmenschliches, Ängste, Hoffnungen, Selbstkritisches oder Gesellschaftskritisches.“ Für den Moment werden gleichwohl alle möglichen Kontaktpunkte auf das zentrale Thema des neuen Albums abgestimmt, wie der Frontmann zum Schluss bestätigt: „TORRENTIAL RAIN sollen einen Wiedererkennungswert besitzen, dabei aber nicht berechenbar sein. Musikalisch wie visuell arbeiten wir fortlaufend daran, dass das auch so bleibt. Aktuell gehen wir voll und ganz darin auf, unser gesamtes Konzept auf ‚Digital Dreams‘ abzustimmen und dadurch ein Gesamtgefüge entstehen zu lassen, das dem Hörer oder Fan mehr gibt als allein die Musik.“