TOE TO TOE

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Aussie-Malochertypen

Seit 1992 sind TOE TO TOE aus Sydney bereits aktiv, und nachdem sie in den Neunzigern durch Releases auf europäischen Labels auch am (von ihnen aus gesehen) anderen Ende der Welt recht bekannt waren, fielen sie dann irgendwann aufmerksamkeitsmäßig über den Rand der Erdscheibe. Um so überraschter war ich nun, mit „Rise Up“ ein neues Album in der Hand zu haben und feststellen zu dürfen, dass Scott und Band immer noch aktiv sind.

Scott, ich habe gerade nachgeschaut, das erste Mal, dass wir deine Band im Ox besprochen haben, war 1995 in Ausgabe Nr. 21. Ich habe euch damals mit Klassikern wie MDC und D.O.A. verglichen. Was waren rückblickend einige der Bands, die dich als Hardcore-Kid inspiriert haben?


Nun, das erste MDC Album ist definitiv ein riesiger Einfluss auf mich, eine großartige Platte! Seitdem habe ich so viel gute Musik in mich aufgenommen, Sachen wie POISON IDEA, DISCHARGE ... Wirklich alles, was ich bekommen konnte, war schnell, aggressiv und negativ. So hat es mir gefallen! Der ganz frühe NYHC-Stuff aus Japan, RAW POWER aus Italien, die Liste ist endlos. Eine goldene Ära.

Früher hattet ihr in Europa gute Kontakte, ihr wart auf Kangaroo Records aus Amsterdam und später bei True Rebel aus Deutschland. Dann gab es lange Zeit keine Veröffentlichungen mehr und euer Album „Arturo Gatti“ von 2010 ist nie in Europa erschienen, so dass die Leute bedauerlicherweise anfingen, TOE TO TOE zu vergessen. Könntest du uns bitte einen Überblick über die Ereignisse der vergangenen, na ja, zwanzig Jahre geben?

Nachdem wir das erste und einzige Mal aus Europa zurückgekehrt waren, haben wir bei Shock Records in Australien unterschrieben; sie waren damals ziemlich groß hier, aber sie haben nie wirklich Wert darauf gelegt, unser Zeug außerhalb Australiens zu veröffentlichen. Am Ende haben wir zwei Alben und eine EP bei ihnen aufgenommen. „Old Scores, New Glories“, die Veröffentlichung auf True Rebel 2003, war eine, die wir selbst gemacht haben, und die wollten sie rausbringen, also das war cool. „Arturo Gatti“ erschien und kam nur in Australien raus. Wir wollten die Platte jedoch definitiv auch in Europa veröffentlichen. Wir haben die ganze Zeit über immer in Australien gespielt, aber wir haben einige Pausen eingelegt, um Kinder zu bekommen, und für einige kurze Haftstrafen und das Leben im Allgemeinen ...

„Rise Up“ ist nun euer erstes neues Album seit sieben Jahren und ihr feiert das 25-jährige Bestehen der Band. Bitte stell uns TOE TO TOE 2017 vor.

Bei TOE TO TOE sind wir 2017 die gleichen Malochertypen, die wir immer waren! Wir haben sehr viel Mühe in das neue Album gesteckt und wollten unser stilistisches Repertoire noch weiter ausbauen. Da ist immer noch das schnelle, straighte Zeug, aber mittlerweile haben wir auch einige Streetpunk-Einflüsse.

„Rise Up“ ist ein ziemlich direkter Albumtitel, und es gibt auch ausgesprochen politische Songtexte. Wie sieht die soziale und politische Realität Australiens 2017 aus? Die meisten Deutschen nehmen Australien nur als Traumreiseziel wahr, haben aber keine Ahnung, was für eine konservative Regierung es hat.

Nun, da alles so zusammenkommt, wirkt es viel politischer, als eigentlich beabsichtigt war. Als Band sympathisieren wir mit keiner Seite. Wir sind diejenigen, die jeden Morgen aufstehen und dann unsere Arbeitsstunden abreißen ... Wir haben natürlich unsere Meinung zu vielen Dingen. Doch hier heißt das Motto: „Sing loud, sing proud“, wir sind eine ehrliche Working-Class-Band.

Es scheint, als ob heutzutage jede australische Band aus Melbourne kommt. Also was ist mit Sydney, gibt es dort überhaupt eine Szene?

Es passiert schon was in Sydney. Die Mentalität ist einfach eine grundsätzlich andere als in Melbourne. Sydney war schon immer die härtere Stadt, was Einstellung und Lebensstil betrifft. Vieles, das aus Melbourne kommt, überzeugt einfach nicht! Bands aus Sydney haben dagegen immer diesen speziellen abgefuckten Stil. Also ich weiß, welche Art Bands ich bevorzuge ...

Wer steckt hinter Golden Robot Records, eurem neuen australischen Label? Das hat im Gegensatz zu vielen anderen tatsächlich einen Vertriebsdeal hier in Europa an Land gezogen, was einer Band wie euch hier neue Aufmerksamkeit beschert.

Ich kenne den Betreiber seit vielen Jahren. In den Neunzigern besaß er eigene Läden, wo wir viele Konzerte spielten, und jetzt hat er mehrere Labels, unter anderem eben Golden Robot. Sie sind sehr aktiv und haben bis heute großartige Arbeit geleistet. Sie haben über hundert australische und internationale Bands im Programm, darunter ROSE TATTOO, und werden bald auch in Europa groß rauskommen. Wir sind sehr glücklich, dass sie hinter uns stehen und uns diese Möglichkeiten geben, von denen viele andere Labels nicht mal eine Ahnung haben. Das Schönste daran ist, dass nun ganz viele Menschen weltweit unsere Musik hören können.

Australien hat heute eine neue und junge Hardcore/Metal-Szene, mit PARKWAY DRIVE als international erfolgreichstem Act. Gibt es etwas, das diese Bands und ihre Fans mit euch verbindet?

PARKWAY DRIVE sind richtig groß, aber ich habe noch kein Lied von ihnen bis zum Ende durchgehalten. Und ich bezweifle, dass ihre Fans je von uns gehört haben! Wir sind eine Crew aus lauter verrückten alten Säcken. Ich schätze, ihre Fans stehen mehr auf Skifahren und Bungee-Jumping.

Wann kommt ihr mal für ein paar Konzerte nach Europa?

Wir würden gerne wiederkommen. Also, alle Veranstalter da draußen, meldet euch! Besorgt euch Raubkopien unserer Platten und stellt schon mal das Bier kalt. Ich denke, wir werden abwarten müssen, wie Europa auf „Rise Up“ reagiert, aber wir sind schon ganz heiß drauf!