TIME HAS COME

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Alles hat ein Ende ...

Nach einer Split-CD mit DEAD FOR SEVEN WEEKS und einer EP auf Yehonala Records haben die Hamburger TIME HAS COME mit "White Fuzz" gerade ihr Debütalbum herausgebracht - ihr Label Regain Records meint dazu "call it Hardcore, Grind, Techmetal, Noise, Mathcore, call it whatever you want" -, wo der Sound der Band auf jeden Fall wesentlich reifer, eigenständiger und versierter klingt. TIME HAS COME verpacken dort eine Menge Technik, viel Gekeife, erstaunlich viel Melodie und eben auch den einen oder anderen Schnörkel, geben von der ersten Spielsekunde an Vollgas und bewegen sich dabei im Focus von Death und Thrash Metal. Thematisch dreht sich alles hauptsächlich um die Vergänglichkeit von allen guten Dingen, was lag also näher, als mit ihrem Sänger Marcel Detels über das voraussichtliche Ende der Band zu sprechen. Endzeitstimmung lag trotzdem nicht in der Luft.


Vergänglichkeit ist ein gutes Thema, denn Bands kommen und gehen. Wie würdet ihr am liebsten von der Bildfläche verschwinden?

Ich bin der festen Überzeugung, dass unser Lorenz den Rest der Band einfach irgendwann killen wird - einen nach dem anderen, alles nach einem ganz perfiden Plan. Der Typ ist so irre, kriegt von uns dauernd auf den Kopf. Shranz wird sich rächen und irgendwann explodieren, davon gehe ich aus. Na ja, die einen tot, der andere in der Klapse oder im Knast. Für unseren Status und die Plattenverkäufe wäre das immerhin super Promo. Nach 35 Jahren hinter schwedischen Gardinen kehrt Lorenz Shranz wieder, bringt seinen teuflischen Auftrag zu Ende und legt auch noch unsere Brüder von WAR FROM A HARLOTS MOUTH um. Wollen wir mal nicht hoffen, dass andere schneller sind als er. Shit!

Klingt glaubwürdig. Wie erkennt man da nun den Punkt, an dem man aufhören sollte?

Keine Ahnung! Wir sind ja noch relativ jung und haben definitiv nicht den Plan aufzuhören. Ich finde es immer schwierig, wenn man sagt: "Die haben ihren Zenit überschritten." Soll doch jede Band so lange wie nur möglich ihrer Leidenschaft nachgehen und einfach weitermachen. Den Leuten fehlt es ohnehin an Leidenschaft. Wen zur Hölle hat es also zu interessieren, ob ich 10 oder 15 Platten rausbringe?

Wieso befasst man sich eigentlich schon am auf dem ersten Album mit diesem Thema? Aus Angst im Haifischbecken Musikbiz könnte dennoch morgen alles schon wieder vorbei sein?

"White Fuzz" ist weniger eine Reflektion der Musikszene, sondern vielmehr geht es um individuelle Schicksale, die jedem von uns widerfahren, sicher auch dir. Wir haben wichtige Menschen verloren, Unfälle überlebt und hatten Trennungen zu überstehen. Von dem Gefühl, welches dich nach diesen Ereignissen einschließt und auffrisst, davon handelt das Album. Was in der Musikbranche um uns herum passiert, interessiert mich so stark wie Shranz' Hämorriden. Wer soll außerdem dafür sorgen, dass morgen alles vorbei ist? Platten kann ich immer aufnehmen. Mehr als den wilden Haufen hier brauche ich dafür nicht.

"Der Gedanke an die Vergänglichkeit aller irdischen Dinge ist ein Quell unendlichen Leids - und ein Quell unendlichen Trostes", sagte Marie von Ebner-Eschenbach.

Wenn Frau von Ebner-Eschenbach das sagt ... Aber ja, ich denke, das kann man so stehen lassen. Aus der Physik wissen wir: Auf eine Aktion folgt eine Reaktion. Es scheint also so: Die Dinge nehmen einfach ihren Lauf. Nach einem Niederschlag folgt der Wiederaufbau, nach einer Trennung eine neue Beziehung, nach dem Leben der Tod. Was bleibt uns also übrig, als einfach mitzuschwimmen und weiterzumachen?

Und in der Musik? Da gibt es doch auch Tonnen von Bands. Wird Musik auch vergänglicher?

Ja, leider! Wenn ich überlege, auf wie vielen MySpace-Profilen man am Tag vorbeisurft und jedes Mal nach zehn Sekunden von der Musik zugeblasen wird, die dann auch noch genauso klingt wie auf jedem Profil, welche ich schon gestern besucht habe. Das ist doch ernüchternd. Besonders schade ist das, weil zwischen dem ganzen Einheitsbrei ja auch wahre Perlen nur darauf warten, entdeckt zu werden. Der Markt ist komplett übersättigt. Aber: Den Letzen fressen die Fliegen! Qualität wird sich durchsetzen.

Wieso vergehen dann aber immer nur gute Sachen, schlechte scheinbar nie?

Gute Frage! Die Menschen suchen in ihrem Leben nach dem Schlechten. Jeder braucht Gründe, um unzufrieden zu sein. Ich mag es nicht, wenn sich meine Mitmenschen über alles und jeden beklagen. Gerade in Deutschland ist das schlimm. Aber führt das zu etwas? Bestimmt nicht. Ich möchte mich hingegen, so gut es geht, davon freimachen, was natürlich nicht immer möglich ist. Das Schlechte holt einen immer wieder ein, denn wo das Gute ist, ist auch das Böse - sagte schon He-Man. Und der ist mindestens genauso wichtig wie von Ebner-Eschenbach.

Bei welchen Sachen sollte man allerdings froh sein, dass sie endlich vorbei sind?

Regenwetter. CDU-Regentschaft. Hunger.

Und was sollte nie zu Ende sein?

Respekt - vor seinen Mitmenschen. Liebe - für die, die es verdienen.

Christoph Schwarze