Es gibt in Deutschland momentan kaum eine Band, die dermaßen wild und direkt alten Beatsound spielt wie TEENAGE MUSIC INTERNATIONAL aus Bremen. Die drei Herren und eine Dame rocken auf der Bühne so hemmungslos, dass das Publikum schier durchdreht. Wer einmal bei einem Konzert der Kombo um Chef Michael Gerdes war, der wird wissen, dass Gerdes schon nach wenigen Minuten „Schau“ seine Anzüge komplett durchgeschwitzt hat. Nachdem unlängst das Debütalbum der Band erschien, ist es an der Zeit, sich mal ein paar Fragen beantworten zu lassen.
Man darf euch als alte Hasen im Beat-Zirkus bezeichnen. Eure Musik ist voller augenzwinkernder Zitate, aber wirkt nie karnevalslustig.
„Danke! Jemand hat mal zu mir gesagt, dass der Song ‚I need love‘ auch eine frühe, verschollene Nummer von John Lennon sein könnte. Mich hat das sehr gefreut, es klingt halt danach, ist aber doch etwas ganz Eigenes. Ich sehe das mit dem Komponieren wie Lennon und McCartney, die haben sich auch von ihren Vorbildern inspirieren lassen. Man kann das Rad eben nicht noch mal erfinden. Es macht Spaß, sich mit der Musik zu beschäftigen, von den alten Meistern zu lernen und sie gelegentlich hier und da in den eigenen Songs zu zitieren. Man tritt so in eine Art Dialog, und zeigt, wo die eigenen Wurzeln liegen. In der modernen Popmusik läuft das nicht anders.“
Wenn man sich das letzte Jahr anschaut, hat man den Eindruck, dass außer dir und Bassist Jo, der ja auch bei den BALLROOM STOMPERS schon dabei war, ständig die Besetzung wechselt. Wieso?
„Schlagzeuger Jens und Gitarrist Jason aus der ersten Besetzung hatten noch weitere Projekte am Start. Es gab dann immer mal wieder Probleme mit Terminen, wir konnten ein paar Shows nicht spielen, und das war halt nicht im Sinne des Erfinders. Joachim und ich wollten da einfach mehr aufs Gaspedal treten. Die Karten wurden neu gemischt, Tim Schierenbeck, Trommel und Backing Vocals, wurde ins Boot geholt und statt einer zweiten Gitarre haben wir uns dann nach einem Organisten umgesehen. Und so kam Soern Tesch zu TEENAGE MUSIC INTERNATIONAL. Die Besetzung hat viel Spaß gemacht, wir haben einige Konzerte zusammen gespielt, waren im Studio und haben neue Nummern aufgenommen. Aber Tim hatte für sich eine andere Vision entschieden und verließ die Band im Mai 2004, um bei den SPLASHDOWNS aus Hamburg einzusteigen. Für eine Reihe von Konzerten haben uns dann Jens, unser erster Trommler, und Guido Bolero von den COOL JERKS ausgeholfen. Seit Juni 2004 ist nun das ex-MANDRA GORA LIGHTSHOW SOCIETY-Beatbeast Gitte Reents bei uns an den Trommeln und das ist super. Gitte ist wirklich cool! Wir haben gleich angefangen, neue Songs zu schreiben und sind dann ab ins Hörwerk Analogtonstudio von Dennis Rux, um diese dort aufzunehmen.“
Hat man denn live viel zu tun als doch sehr puristische Beatband?
„Zwei bis drei Konzerte im Monat gehen eigentlich immer. Dafür, dass es uns ja noch nicht so lange gibt, und unsere Platte ‚Get It Now!‘ – erschienen auf String Records und Kamikaze Records – gerade ein paar Monate alt ist, bin ich da sehr zufrieden.“
Sagen dir die KAISERS aus Schottland was? Die sind ja an Purismus nicht zu übertreffen, sie klingen nicht nur nach einer Cavern-Band von 1962, sie sehen auch so aus. Und ihre Platten auch. Bewegt sich TMI auch so stark im Gestern?
„Lustige Frage: Ich habe gerade gestern zu den KAISERS in der Towerbar gerockt. Die haben eine tolle Version von dem Betty Everett-Klassiker ‚You’re no good‘ gemacht. Natürlich lassen auch wir uns vom ‚Gestern‘ inspirieren. Wir spielen die alten Instrumente, Verstärker und Mikrofone von Hofner, Hopf, Framus, Fender, Vox, Dynacord, Farfisa, Hohner Orgaphon, Sennheiser, Beyer oder Telefunken, weil du mit diesen Sachen einen tollen Sound produzieren kannst. Hinzu kommt natürlich, dass diese Dinge auch noch phantastisch aussehen. Sie haben eine Seele, haben eine Geschichte und Charakter, und es macht sehr viel Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Soweit zum ‚Gestern‘ ... Hinzu kommt dann aber auch, was du als Band mit diesen Dingen anfängst. Du kannst mit diesem Equipment ‚alt‘ und/oder ‚neu‘ klingen, ganz wie du willst. Das stimmt zwar nicht ganz, aber doch teilweise. Nehmen wir zum Beispiel unsere letzte Platte ‚Get It Now!‘. Wir haben die Platte bis auf den Gesang komplett live eingespielt. Um diesen Live-Charakter zu verstärken, wollte ich mit so wenig Mikros wie möglich arbeiten. Insgesamt kamen ein Stereo-Mikrophon – damit wurden das komplette Schlagzeug und der Bass aufgenommen – und zwei Sennheiser MD 421 – für die Gitarrenverstärker – zum Einsatz. Wenn du so arbeitest, hast du keine Möglichkeit mehr, einen Fehler mit einem Overdub zu beheben. Da muss dann die ganze Band den Song noch mal spielen. Wenn du bei dem Song ‚Leaving here‘ genau hinhörst, hörst du, wie mir bei dem wilden Gitarrensolo von Jason eine Saite reißt. Meine Höfner hatte sich daraufhin total verstimmt, aber wir fanden den Take trotzdem oder gerade deswegen klasse. Es klingt halt wild. Diese Art Songs aufzunehmen ist auch von ‚Gestern‘. Aber ich finde trotzdem nicht, dass unsere Platte klingt, wie es die Platten von den YARDBIRDS, KINKS etc. tun. Wir sind halt eine Band von heute, die riesigen Spaß an den ‚alten‘ Sachen hat und dabei versucht, in der heutigen Zeit ihren Platz zu finden und zu füllen. Ähnlich sieht das bei uns mit den Klamotten aus. Angelehnt an die gute alte Zeit, aber immer mit der eigenen Note versehen.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Ox
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Chris Virgo
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #80 Oktober/November 2008 und Gereon Helmer