Liebe Freunde, TAXI bedürfen von nun an keiner Vorstellung mehr. Nach Jahren des Tourens und großartigen Alben wurden die Italiener eine der authentischsten und wildesten Punkbands dieses Planeten! Bezogen auf ihr Live-Set sind TAXI eines dieser Phänomene, das selbst die Toten wieder zum Leben erwecken könnte. Stellt euch einen Mix aus jugendlicher Wut, Sensibilität und außergewöhnlicher Kreativität vor, alles zusammen vereint in einer explosiven Show, welche nur wenige Bands heutzutage zu leisten im Stande sind. Ich bin stolz, sie über all die Jahre unterstützt zu haben und ihr aufrichtiger Freund zu sein. Glaubt mir, TAXI ist keine gewöhnliche Band, sie sind einfach die Besten! Los geht’s!
Lass uns mit einer klassischen Frage beginnen, Lorenzo. Wann habt ihr angefangen mit der Band?
„Wir haben vor ca. 12 Jahren angefangen. Wir übten immer nach der Schule. Mit meinen 13 Jahren war ich der Jüngste. Nach ein paar Monaten kam dann noch Tenda, unser Sänger dazu. Mit 15 Jahren war er der Älteste. Wir wuchsen in den Randbezirken von Rom auf und somit war die Band für uns eine Möglichkeit, aus dem öden Alltagstrott auszubrechen, der darin bestand, Poolbillard zu spielen, zu rauchen und zu trinken. Wie auch immer, mit unserer Musik waren wir zur damaligen Zeit ziemlich alleine in Rom und hatten zudem auch kein Geld, um im Studio etwas aufzunehmen. Es ist schon seltsam, dass die einzige Person, die Interesse an unserer Musik zeigte, der Drogendealer aus der Nachbarschaft war. Ein absoluter Freak, der gar nichts von Musik verstand. Und ich habe auch ehrlich gesagt bis heute nicht verstanden, warum er so an uns und unserer Sache interessiert war. Vielleicht war es sein angeborener Instinkt für schlechte Geschäfte, der ihn glauben ließ, wir können mal groß rauskommen. Ich erinnere mich noch, wie er uns eines Tages etwas Hasch gab und sagte: ‚Geht mit dem Geld, das ihr dafür bekommt, in ein Studio und nehmt eine Platte auf. Das Geld könnt ihr mir eines Tages zurück bezahlen.‘ Nun, er hat das Geld nie wieder gesehen, erscheint aber in der Dankesliste unserer ersten 7“.“
Erzähl mal von den ersten Auftritten ...
„Tatsächlich warst du, Pier, der Grund für unsere erste Show. Wir trafen uns 1998. Eines Tages nahm ich einen Anruf von dir entgegen und du sagtest, dass du unser Demotape gehört hättest. Du klangst so aufgeregt, hast unsere Songs durch den Hörer gesungen ... Kurz darauf, im Dezember 1999 erschien unsere Debüt-7“ ‚Eat Me/My Finger‘. Es war eine Co-Produktion von Rave Up Records und Hate Records. Das war auf jeden Fall eines der schönsten Weihnachtsgeschenke, das ich jemals bekommen habe.“
Welche Bands haben euch am meisten beeinflusst?
„Ich kann gar nicht sagen, wer auf uns den größten Einfluss ausgeübt hat. Wir sind mit Klassikern, wie z. B. DEAD BOYS, DAMNED und RAMONES aufgewachsen. Später interessierten uns unbekanntere europäische Bands aus England, Frankreich, aber auch Jugoslawien. Ich denke, die Band, mit der wir uns auf der musikalischen Ebene am ehesten verbunden fühlen, sind SLAUGHTER AND THE DOGS. Unser Sound ist wirklich ‚europäisch‘, wir sind anders als die amerikanischen Bands. Heutzutage wollen alle amerikanisch klingen, speziell italienische Bands. Wir sind da anders, wir haben unserem eigenen Stil, unseren eigenen Sound.“
Was meinst du mit „europäischem Sound“?
„Ich meine damit, dass viele klingen wollen wie die alten ‚Killed By Death‘-Bands. Wir sind anders, auch auf der Bühne. Wir sind technisch nicht besonders versiert, aber voller Energie. Ich erinnere mich an unsere letzte US-Tour, als mich jemand ansprach und sagte: ‚Cool, ihr spielt ja eine Art italienischen Oi!‘ Ich habe mich dem nie zugehörig gefühlt, ich mag das nicht! Wahrscheinlich vergessen die Leute Bands wie die DRONES, JOHNNY MOPED, ART ATTACKS oder IVY GREEN. Ich denke, diese Bands kann man auch nicht als Hardcore oder Oi! definieren.“
Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade Konzerte gebt oder sonst mit der Band spielt?
„Wir sind hart arbeitende Menschen. Tenda, unser Sänger, ist Sporttrainer, er trainiert ein Basketballteam. Antonio, unser Bassist, ist normaler Arbeiter und Schlagzeuger Franco ist Lkw-Fahrer und ein ziemlich guter Boxer. Ich selbst arbeite mit meinem Vater zusammen als Mechaniker und habe vor kurzem eine Chefstelle angeboten bekommen. Wer weiß? Vielleicht ist das mein Zukunftsjob ...“
Spielt Musik eine essentielle Rolle in eurem Leben?
„Überhaupt nicht. Musik ist zwar ein Teil unseres Lebens, aber ich denke, ich kann da für jeden in der Band sprechen, dass wir nicht bei einem Glas Wein zusammen sitzen wollen und über rare 7“ diskutieren. Wenn ich in einen Club gehe, ist es eben nicht ausschlaggebend, ob ich die Musik mag.“
Wie kam es, dass ihr letztlich auf Dead Beat Records gelandet seid?
„Der Kontakt entstand über dich. Ich erinnere mich, als ich Tom anschrieb, dass er unsere 7“ schon kannte und gerne unsere LP produzieren wollte. Das war alles. ‚Like A Dog‘ erschien im Januar 2003 auf Dead Beat, unsere letzte Single ‚Who’s To Blame‘ dann im Juli 2004.“
Wie war eure zweite und letzte Tour durch die USA letzten Sommer?
„Es war eine fantastische Erfahrung. 15 Shows in 13 Tagen. Für so faule Kerle wie uns klang das echt nach einer Tortur, aber im Endeffekt lief alles bestens. Natürlich lag das auch an den Leuten, die wir unterwegs getroffen haben. Wirklich jeder war sehr nett und zuvorkommend. Wir waren sehr überrascht, dass es immer Leute auf den Shows gab, die unsere Texte mitsingen konnten. New York war fantastisch, wir spielten dort auf dem Dot Dash-Festival mit legendären Bands und vielen Verrückten. Ebenso gute Erinnerungen habe ich an die Shows in Memphis, St. Louis, Chicago, Boston und all die verrückten Aftershowpartys.“
Was hältst du vom italienischen Punk der späten 70er Jahre? Was sind deine Lieblingsbands?
„Lass mich nachdenken ... Neben den zweihundert Prozent Perlen der ‚Killed By Death‘-Serie wären da noch TAMPAX, HITLER SS, DECIBLES und RANCID X, welche mit ‚Intoxication‘ in meinen Augen den besten italienischen Punksong geschrieben haben. Obwohl, die allerbesten Bands waren die GAGS und SORELLA MALDESTRA.“
Erzähl mir von den Shows in Rom. Was denkst du über die Szene?
„Sie ist großartig. Einige Bars buchen sehr gute Shows. Viele unserer Freunde sind Veranstalter, so dass wir ständig zu guten Livegigs und Partys gehen können. Wir selbst haben auch schon arschtretende Shows gebucht, mit Größen wie DICTATORS, BUZZCOCKS, VIBRATORS und den TESTORS. Wir waren auch die ersten, die die KIDS nach Südeuropa geholt haben. Es gibt einen Haufen guter Bands in Rom, solche wie TRANSEX und ebenso einige wichtige Independent-Labels.“
Was war die beste und die enttäuschendste Show, die du in letzter Zeit gesehen hast?
„Die schlechteste Show? Das waren die MISFITS mit Marky Ramone an den Drums. Es war der totale Beschiss für die armen Schweine, die für ihr Konzertticket bezahlen mussten. Ein Glück, dass wir nicht mit denen zusammen gespielt haben, wir haben den Abend für sie eröffnet. Die beste Show habe ich in Belgrad in Serbien gesehen. Das Ganze fand in einem kleinen Warenhaus an der Donau statt. Der Club hieß ‚Crni Panteri‘, was so viel heißt wie ‚schwarzer Panther‘. Dort spielte ein fantastisches kleines Zigeunerorchester. Ja, das war wohl die beste Show in der letzten Zeit, die ich gesehen habe.“
Es scheint so, als seiest du ein großer Fan osteuropäischer Länder.
„Die Atmosphäre ist einfach so familiär, die Leute, die Kochkunst, die Frauen ... Alles passt zusammen. Am Silvester-Vorabend zum neuen Jahr 2003 spielten wir einen Gig in Belgrad. Es war total heiß, es waren so um die 700 Leute gekommen, nur um die Wiedereröffnung eines legendären Underground-Clubs zu feiern. Das war absolut cool!“
Irgendwelche Pläne für die Zukunft?
„Wir arbeiten derzeit an unserer neuen LP.“
Was dreht sich zur Zeit auf euren Plattenspielern?
„Ein Klassiker, der größte aller Klassiker: ‚Who’s Next‘ von THE WHO.“
Lass uns mal die anderen fragen ...
Antonio: „‚Sirio 2222‘ von BALLETTO DI BONZO.“
Franco: „Ich habe keinen Plattenspieler.“
Tenda: „‚Black Vinyl Shoes‘ von den SHOES.“
Danke für das Gespräch.
Pier, Rave Up Records
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #62 Oktober/November 2005 und
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #52 September/Oktober/November 2003 und Carsten Hanke