SUN DIAL wurden 1990 von Gary Ramon gegründet – Sänger, Gitarrist und Motor der Band –, der außerdem das Label Acme Records betreibt. In den Neunziger Jahren waren die Neo-Psych-Veteranen SUN DIAL für viele die Pforte zur psychedelischen Musik der Neuzeit – sie eroberten mit ihrem Album „Reflecter“ von 1992 sogar die britischen Indie-Charts. Die Platten ihrer umfangreichen Diskografie klingen dabei sehr unterschiedlich, bieten aber grundsätzlich immer den typische SUN DIAL-Sound. Ihr Debütalbum „Other Way Out“ war 1990 eine Offenbarung für die psychedelische Musikszene und ist ein noch immer sehr geschätztes Werk. Aktuell erschien ihr Studioalbum „Made In The Machine“ auf Sulatron Records. John Sinclair, der legendäre Aktivist und Manager von MC5, bezeichnete SUN DIAL als eine Ausnahmeerscheinung, da sie niemals bereit waren, Kompromisse einzugehen oder sich anzupassen, sondern immer ihr eigenes Ding gemacht haben.
Gary, mal ganz allgemein gefragt, was inspiriert dich?
Inspirationen ändern sich natürlich immer wieder. Manchmal sind es auch nicht nur musikalische Inspirationen, sondern auch das Leben selbst, Filme, Bücher ... All das kann für etwas anderes wiederum eine Rolle spielen. Ich denke, ich bin vor allem von Menschen oder auch Bands inspiriert, die gegen den Strom schwimmen, und das in allen Bereichen. Menschen, die nicht dem neuesten Trend folgen, die ihr eigenes Universum kreieren. Die Band und ich, wir versuchen, mit der Musik unser eigenes Ding zu machen. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht, aber ich betrachte jedes Stückchen unserer Arbeit als Experiment. Ich denke, auf dieselbe Art haben Jimi Hendrix, Syd Barrett oder sogar Dalí experimentiert. Wir hoffen, die Fans von SUN DIAL wissen diese Offenheit zu schätzen. Wir versuchen, uns nicht selbst zu wiederholen und wollen keine psychedelischen Trittbrettfahrer sein. Witzig ist auch, dass ich heutzutage eher weniger Musik höre. Ich komme kaum noch mit bei dem, was in der Szene passiert. Aber ich finde es toll, was zum Beispiel beim Label Sulatron und dessen Bands passiert – denn auch hier folgt man nicht den Trends, sondern macht sein eigenes Ding. Es ist viel besser für die eigene Musik, so zu arbeiten.
Welche Musik hat dich seit der Gründung von SUN DIAL bis heute vor allem beeinflusst?
Glücklicherweise hatte ich einen älteren Kumpel, der hier mein Lehrer war. Der lieh mir immer wieder erstaunliche Alben, etwa von ASH RA TEMPEL, Moondog, Stockhausen, Pierre Henry, sogar „Nuggets“-Sampler mit all diesen Acts wie CHOCOLATE WATCHBAND, BLUES MAGOOS, LOVE ... Das war damals sehr aufregend für jemanden in meinem Alter. Das ja noch vor dem Internet-Zeitalter, und die einzige Möglichkeit, neue Musik zu finden, war für mich der kleine lokale Plattenladen Small Wonder Records in Walthamstow im Norden Londons, welcher in den Siebzigern eine große Auswahl an Secondhand-Vinyl hatte. Die haben zwar hauptsächlich Punk verkauft und New Wave, aber ich mochte auch viele der Bands aus diesen Genres. Jedoch war ich noch zu jung, um ein „richtiger“ Punk zu werden. Also ging diese Mode letztlich völlig an mir vorüber. Ich war zum Beispiel glücklich, den Laden mit einer SEX PISTOLS-Platte unter dem einen Arm und einer GENESIS-Scheibe unter dem anderen zu verlassen. Mir war das egal, ob diese Bands zusammen in eine Szene passten. Ich suchte mir auch gleichzeitig Platten von Bands wie zum Beispiel THIRD EAR BAND und TANGERINE DREAM heraus.
Ein spezieller Sound zieht sich wie ein roter Faden durch eure Diskografie. Welches Album würdest du einem neuen Fan empfehlen, um einen Eindruck vom typischen SUN DIAL-Stil zu bekommen?
Also, um eine allgemeine Vorstellung zu bekommen, würde ich vielleicht „Shards Of God“ oder „Processed For DNA“ empfehlen, da sie eine gute Momentaufnahme unseres früheren Sounds bieten.
Gibt es bestimmte Bands oder Musiker, die für dich aus der Flut an neuer Musik herausstechen?
Ich muss zugeben, dass ich nicht genug Zeit habe, um so viel Musik wie früher zu hören, da ich an vielen Rereleases auf meinem Acme-Label arbeite, sowie an Wiederveröffentlichungen meines alten Kassettenlabels Color Tapes aus den Achtziger Jahren. Außerdem arbeite ich natürlich immer an SUN DIAL-Material. Aber ich kann sagen, dass zum Beispiel Sulatron Records toll sind, und diese kreative Energie kann generell nur gute Musik hervorbringen.
Euer Album „Reflecter“ kam 1992 sogar bis in die britischen Indie-Charts. Wie hat sich das damals für dich, für euch angefühlt?
Darüber war ich damals ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Wir hatten eigentlich nicht wirklich erwartet, derart schnell so weit zu kommen – aber es passierte dennoch. Als man uns sagte, wir wären Nummer eins in den kalifornischen Charts, gab es mir das Gefühl, dass wir wohl etwas richtig machen mussten. Aber wir blieben immer noch SUN DIAL, wir versuchten einfach, Alben zu produzieren, die nicht bloß einem Trend folgten.
Trotz Veröffentlichungen auf größeren Labels seid ihr mit Sulatron Records zum Underground zurückgekehrt. Gibt es für diese Entscheidung einen bestimmten Grund?
In Großbritannien und vielleicht auch überall sonst beschränkt sich die Musikindustrie meist auf ein paar gesichtslose Majorlabels, die kaum oder gar kein Interesse daran zu haben scheinen, interessante neue Musik herauszubringen. Stattdessen dreht sich alles um One-Hit-Wonder, um Kurzlebiges, um Gepushtes. Große Labels wollen nicht ihr Geld in Künstler stecken, die sich mit der Zeit weiterentwickeln. Darum geht es hier nicht, sondern um das schnelle Geld. Also war es ein logischer Schritt für uns, wieder zum Underground zurückzukehren, wo wir mit gleichgesinnten Leuten zusammenarbeiten können, welche auch auf die Musik abfahren. So können wir die Alben zu unseren Bedingungen veröffentlichen.
Du hast in zahlreichen Projekten mitgewirkt. Kannst du uns die für dich relevantesten Bands aufzählen, in welchen du bisher neben SUN DIAL musiziert hast?
Da gibt es zum einen QUAD, die gibt es seit 1993, eine Art Alternative zu SUN DIAL. Hier kann ich sogar noch mehr herumexperimentieren. Bisher gab es mit QUAD drei Alben. Und wer weiß, vielleicht kommt noch mehr, es gibt da noch einiges an unveröffentlichtem Material. Zum anderen spielte ich 1998 Gitarre und Sitar auf dem „Astral Disaster“-Album von COIL. Ich lud sie ins SUN DIAL-Studio ein, welches sich zu diesem Zeitpunkt in London befand. Das Studio war damals in den Achtzigern von IRON MAIDEN eingerichtet worden! Die waren jedoch schon lange ausgezogen, bevor wir es übernommen hatten. Dann spielte ich auch bei einigen CURRENT 93-Konzerten Gitarre, da ich mit David Tibet befreundet bin.
Wie würdest du euer aktuelles Album „Made In The Machine“ beschreiben?
Es ist der musikalische Nachfolger unseres vorigen Albums „Mind Control“. Es behandelt dieselben Themen, taucht aber noch weiter ein in die surrealen Welten des Sci-Fi und Spacerock, inspiriert von frühem Krautrock und Dark Psych. Dabei stützt sich „Made In The Machine“ dennoch auf unseren altbekannten Sound, der vor allem durch die Gitarre und die spezielle psychedelische Ausrichtung der Band geprägt ist. Wir haben viel Liebe in dieses Album gesteckt. „Made In The Machine“ ist vielleicht unser bisher fokussiertestes und abwechslungsreichstes Album.
Gibt es bereits Pläne für ein neues Album?
Ja! Wir haben tatsächlich schon ein neues Album in Planung und ich hoffe, dass wir es bereits im Laufe dieses Jahres veröffentlichen können. Ich denke, Albumtitel und Cover stehen bereits fest, und ich bin schon jetzt sehr gespannt darauf, was wohl ein gutes Zeichen ist. Manchmal klafft ja eine jahrelange Lücke zwischen Veröffentlichungen, aber ich hoffe, diesmal wird das nicht so sein. Ich habe so viele Ideen in meinem Kopf, die ich unbedingt umsetzen möchte und die nicht so lange rumliegen sollen, damit dabei nicht die momentane musikalische Magie Schaden erleidet.
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