SPOT MCRACKIN

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Auf den Hund gekommen

Der musikalischste Vierbeiner dieses Planeten stammt aus Vancouver, Kanada und hört auf den simplen Namen Spot. Als Schlagzeuger der Pop-Punk-Koryphäen McRACKINS bearbeitet er Stöckchen und Felle bereits seit fast 28 Jahren, doch ist Sandy Hyde, so sein bürgerlicher Name, beileibe kein reinrassiger Kläffer! Obendrein singt er hauptamtlich bei den Glamrockern DIRTBAG REPUBLIC und veröffentlicht mit „New Tricks“ nun sogar sein erstes Soloalbum. Das ruft ja förmlich nach einem gemeinsamen Spaziergang ohne Leine im Park, um endlich einmal Einblicke in das wahre Hundeleben eines Musikers zu bekommen.

Sandy, bitte verrate uns doch zuallererst einmal, wie man zum erfolgreichsten Schlagzeug-Hund der Welt wird?

Das ist eine lustige Geschichte, denn als ich Anfang 1995 zu den McRACKINS kam, spielte ich die ersten paar Shows mit einem Damenstrumpf über dem Kopf. Dann sagte Bil, unser Gitarrist, dass ich mit meiner Maskerade auf jeden Fall zu einer fiktiven Figur verschmelzen müsste. Also habe nicht lange gefackelt und dachte: Peter Criss war bei KISS eine Katze, ich werde ab jetzt ein Hund sein! Und so war Spot McRackin geboren.

Du hast gerade dein Soloalbum „New Tricks“ bei Last Exit Music veröffentlicht. Was hat dich motiviert, ein Soloprojekt ins Leben zu rufen?
Während der Pandemie hatte ich viele neue Songs für meine andere Band DIRTBAG REPUBLIC geschrieben. Dabei kam mir der Gedanke, vielleicht auch ein oder zwei Lieder als Spot zu veröffentlichen, denn sowohl Bil als auch Fil von den McRACKINS hatten bereits ihre eigenen Soloplatten herausgebracht. Doch dann hatte ich plötzlich schon vier Songs für Spot fertig, also dachte ich, ich mache daraus eine EP. Chris Damien Doll von SUICIDE BOMBERS und TRASHCAN DARLINGS, ein sehr guter Freund aus Norwegen, überzeugte mich dann endgültig, ein komplettes Album zu schreiben. Zuerst wollte ich das ja eigentlich überhaupt nicht, da es eine Menge Arbeit ist. Doch Chris ließ mir einfach keine Ruhe und bot mir sogar an, ein paar Stücke gemeinsam mit mir zu schreiben. So kam dann irgendwann der Stein ins Rollen und ich hörte nicht auf, bis ich die zehn Songs im Kasten hatte.

Auf deinem Album sind auch einige bekannte Mitmusiker vertreten, wer ist denn so dabei?
Ich habe wirklich großartige Musikerfreunde, die sofort bereit waren, mich bei meinem Vorhaben zu unterstützen. Ich wollte mindestens ein oder zwei Songs auf dem Album haben, bei denen auch die Jungs von McRACKINS dabei sind. Dann habe ich unsere Gitarristen von DIRTBAG REPUBLIC gefragt und sie spielten insgesamt vier Songs ein. Zudem spielte Chris von SUICIDE BOMBERS bei den beiden Songs mit, die wir zuvor gemeinsam geschrieben hatten. Meinen alten Kumpel Jay Prozac konnte ich für eines der schnellen Stücke gewinnen und Bil sprang dann zusätzlich noch bei einem Großteil der Lieder ein, als einige weitere Freunde, die ich ursprünglich angefragt hatte, es zeitlich leider nicht schafften.

Bei so vielen Beteiligten war der Aufnahmeprozess doch bestimmt sehr herausfordernd und deutlich komplizierter, oder?
Ja, absolut. Aufgrund der Pandemie und der räumlichen Distanz einiger Gastmusiker war die Koordination ziemlich kompliziert. Zum Glück hatte ich zuvor bereits Erfahrungen mit Home-Recording gemacht, als ich mit Chris aus Norwegen das DOLL HAZARD-Album produzierte. Auf „New Tricks“ gibt es jedoch besonders viele Mitstreiter, daher dauerte der Abstimmungsprozess umso länger. Bereits im Vorfeld war mir allerdings klar, wen ich gerne als Gäste auf dem Album dabeihaben würde. Also nahm ich meine Parts der Songs auf, schickte meinen Mitmusikern die Tracks, sie nahmen wiederum ihre Beiträge auf und schickten sie mir wieder zurück. Maria Maxwell aus Norwegen mischte und koproduzierte das Ganze dann, was insgesamt ungefähr sechs Monate dauerte. Zum Schluss meinte sie, es wäre eines der schwierigsten Projekte gewesen, da sie die Songs aus all den unterschiedlichen Gitarren- und Basssignalen zusammenfügen und dann auch noch einheitlich klingen lassen musste. Aber sie hat wirklich einen fantastischen Job gemacht. Genau wie Justin Perkins, der zuvor bereits für SCREECHING WEASEL oder THE MANGES arbeitete, und „New Tricks“ anschließend gemastert hat.

Gib uns doch bitte mal einen Einblick in die Umstände, unter denen die Songs entstanden sind und was genau dich beim Schreiben des Albums inspirierte.
Es ist irgendwie seltsam, aber die meisten Songs sprudelten einfach so aus mir heraus. Bei „YOYVR“ dreht sich zum Beispiel alles um unseren verrückten Trip zum Punk Rock Raduno in Italien, wo wir zuerst unfassbare Flugverspätungen hatten und es fast nicht mehr rechtzeitig zum Festival geschafft hätten. Am Ende hat es gerade noch so geklappt und wir konnten die dortigen Aufnahmen sogar als Live-Album veröffentlichen. Das war schon echt verrückt. Einige Songs handeln also von ganz persönlichen Lebenserfahrungen, andere wiederum sind rein fiktiver Natur. Ich bin glücklich verheiratet, also habe ich meiner Frau gesagt, dass die Songs „Realize“ und „Never said I loved you“ nicht von ihr handeln, haha! Aber ganz grundsätzlich hat die Pandemie natürlich viele Ausfallzeiten für Musiker wie mich verursacht, also habe ich die freie Zeit für mein Soloalbum genutzt und auch mit Mick gleich das nächste DIRTBAG REPUBLIC-Album fertig geschrieben.

Dem geneigten Hörer fallen auf „New Tricks“ sofort die vielfältigen musikalischen Einflüsse auf – von klassischem Pop-Punk über eine ordentliche Portion Glamrock bis zu Rock’n’Roll ist hier wirklich alles vertreten. Es klingt also nach einer perfekten Mischung aus deinem bisherigen musikalischen Schaffen. War es genau das, was du abgesehen von deinen anderen Bands schon immer einmal machen wolltest?
Das ist wirklich eine perfekte Beschreibung! Denn bereits seit meinem 15. Lebensjahr spiele ich in Bands. In der Highschool begann ich zuerst in einer Euro-Metal-Band zu trommeln, mit 19 dann bei den Glamrockern PRETTY BOY FLOYD, anschließend spielte ich Punk’n’Roll bei GRANDMA MOSES, Pop-Punk bei McRACKINS sowie THE RETREADS und nun singe ich bei DIRTBAG REPUBLIC. In der ganzen Zeit hatte ich also sehr viele stilistische Einflüsse. Im Hinblick auf mein Soloalbum aber dachte ich: Wenn schon als Spot McRackin, dann sollte es auch ein paar Pop-Punk-Vibes geben, die mit ordentlich Rock’n’Roll angereichert sind. Für mich klingt „New Tricks“ also insgesamt nach einem Mix aus CHEAP TRICK und McRACKINS.

Neben der stilistischen Vielfalt finde ich gerade deinen Gesang besonders auffällig, denn die melodischen Gesangsharmonien ergänzen sich wunderbar mit deiner leicht rauhen Hauptstimme, deren Inbrunst mich manchmal gar an Laura Jane Grace denken lässt. Nimmst du auch Unterricht oder bist du Autodidakt?
Echt witzig, dass du das fragst! Tatsächlich habe ich mir erst letztens eine Audioserie für Gesangsunterricht gekauft, weil ich unbedingt lernen wollte, meine Stimme besser einzusetzen. Ich mache das erst seit ungefähr drei Monaten, möchte nun aber auch noch professionellen Unterricht nehmen, da ich ja auch bei den McRACKINS schon immer Hintergrundgesang beigesteuert habe. Ich liebe es einfach, mehrere Stimmen zu überlagern, da dies dem Song eine vollere Wirkung verleiht. Ich glaube, in einigen Stücken auf „New Tricks“ gibt es sogar 15 verschiedene Gesangsspuren! Weißt du, ich spiele nun seit über dreißig Jahren Schlagzeug, daher ist es nun eine völlig neue Erfahrung, in einer Band in Vollzeit zu singen. Das muss man wirklich ganz anders angehen als das Trommeln. Du musst wissen, von welchen Lebensmitteln du dich besser fernhältst, täglich deine Tonleiterübungen machen und auch körperlich fit bleiben. Es ist also eine echte Herausforderung. Schlagzeugspielen liegt mir zwar definitiv im Blut, aber im Moment genieße ich einfach das Singen.

Wie sieht es mit deinen Zukunftsplänen aus, wirst du auch auf Tour gehen?
Na ja, da das Album ja in erster Linie nur ein Aufnahmeprojekt ist, gibt es dementsprechend auch keine feste Bandbesetzung. Aber wenn ihr mich gerne sehen wollt, dann habe ich in kürzester Zeit eine Tourband beisammen und komme zu euch rüber. Und als besonderes Leckerli würde ich dann natürlich auch noch ein paar fetzige McRACKINS-Songs einstreuen, die ich geschrieben habe!

Apropos: Euer letztes Studioalbum „It Ain’t Over Easy“ stammt bereits aus dem Jahr 2010. Wird Spot also bald auch wieder die Schlappohren und Drumsticks für McRACKINS schwingen?
Oh ja, und ich kann hier schon einmal die Katze aus dem Sack lassen: Macht euch bereit für ein neues McRACKINS-Album! Es ist bereits komplett aufgenommen sowie fertig gemischt und gemastert.