Vom Ritchie ist wohl das, was man einen Tausendsassa nennt: Nicht nur, dass er für DIE TOTEN HOSEN am Schlagzeug sitzt und seit einiger Zeit ständig bei MTV durchs Bild hüpft, nein, er ist auch noch Drummer bei den legendären THE BOYS und hilft regelmäßig bei seinem Freund TV Smith aus. Jetzt hat er mit den SPITTIN‘ VICARS eine weitere Band am Start, die mit flottem 77er Punkrock seine Kollegen ganz schön alt aussehen lässt – zumindest einen Teil von ihnen.
Vom, wer sind die SPITTIN‘ VICARS?
„Das bin ich am Schlagzeug, John Codger spielt Bass und singt, und Vince Incredible ist unser Gitarrist. John und ich sind alte Kumpel aus London, während ich Vince erst seit zwei, drei Jahren kenne. Er lebt in Holland. Live kommen dann noch mit Andi und Thomas zwei Freunde von mir aus Düsseldorf dazu, die den Bass bzw. die zweite Gitarre übernehmen.“
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, die SPITTIN‘ VICARS zu gründen?
„John rief mich an und fragte, ob ich für ein Projekt in Holland am Schlagzeug aushelfen könne. Eigentlich sollten wir zu fünft sein. Zwei sagten aber ab, so dass am Ende John, Vince und ich übrigblieben. Wir probten zwei Stunden, tranken ein paar Bier und gingen am nächsten Tag ins Studio und nahmen die Single ‚Oddball‘ auf. Die Lyrics hatte John auf dem Weg ins Studio geschrieben. Das macht er immer so, was bei mir in der Regel eine ziemliche Nervosität auslöst. Als ich dann wenig später die Aufnahmen erhielt, war ich doch sehr angetan.“
Sind die SPITTIN‘ VICARS eine Spaßsache oder doch etwas Längerfristiges?
„Wenn es nach mir geht, durchaus etwas mit Perspektive. Wenn ich das zeitlich mit den HOSEN vereinbaren kann, werden wir am Ball bleiben, zumal es uns viel Spaß macht.“
Wie war denn die Reaktion auf eure erste Single?
„Sehr gut. Wir haben natürlich keine Unmengen verkauft, ich glaube etwa 750 Exemplare, aber für eine 7“ ist das gar nicht schlecht. Wer kauft denn heute noch Singles? Sammler vielleicht. Es gab HOSEN-Fans, die sich das Teil zugelegt haben, ohne über einen Plattenspieler zu verfügen. Die freuen sich jetzt schon auf das Album, das es natürlich auch auf CD geben wird. Außerdem haben wir ein Video gemacht, welches hoffentlich auch mal bei MTV und Viva zu sehen sein wird. Dann geht bestimmt noch die eine oder andere Single mehr über den Ladentisch. Mit beiden Sendern habe ich gerade Kontakt aufgenommen.“
Auf dem Album benutzt du unter anderem das Kinder-Schlagzeug deines fünfjährigen Sohnes. Wie kam es dazu?
„Es passte halt perfekt in meinen kleinen Polo, haha. Übrigens habe ich damit auch TV Smiths kommende Single ‚Xmas Bloody Xmas‘ eingespielt, ohne dass Tim davon wusste. Now you know, Tim! Die 50 Euro für das Drum Kit sind offensichtlich gut angelegt, haha.“
Tim, also TV Smith, singt ja auch auf einem eurer Lieder.
„Ja, das stimmt. Als wir seine Weihnachtssingle aufnahmen, produzierte ich bei der Gelegenheit ein paar Drum-Parts für die SPITTIN‘ VICARS. Bei einem der VICARS-Songs passte der Gesang nicht so recht. Tim meinte daraufhin, er könne doch ein paar Backing Vocals dazu einsingen. Genau das machten wir und das Ergebnis war perfekt.“
Die Produktion eines HOSEN-Albums ist eine ziemlich aufwendige Sache. Wie hast du es geschafft, da noch die SPITTIN‘ VICARS unterzubringen?
„Gute Frage. Bei vielen der Mixe für die HOSEN war ich gar nicht dabei, da die Jungs genau wissen, was sie wollen. In dieser Zeit konnte ich mir meine beiden Kollegen schnappen und mit ihnen in sechs Tagen unser Album aufnehmen, was gar nicht so einfach war, da wir in drei verschiedenen Ländern leben und zwischendurch auch noch das Video zu ‚Oddball‘ gedreht haben. Aber am Ende hat alles gut geklappt.“
Die SPITTIN‘ VICARS sind quasi deine vierte Band. Bist du eigentlich ein Workaholic?
„Ich hab halt gern was zu tun. Manchmal denke ich, dass es mir zuviel wird. Wenn aber mal nichts anliegt, werde ich ganz frickelig. Das nächste Konzert von THE BOYS steht auch schon wieder vor der Tür, am 23. Januar in Berlin.“
Was halten Campino & Co von den SPITTIN‘ VICARS?
„Das Album kennen sie noch gar nicht. Ich weiß gar nicht, ob alle von ihnen die Single gehört haben. Sie lassen mich halt mein Ding machen. Das Album wird ihnen bestimmt gefallen.“
Obwohl du jetzt schon eine ganze Weile für die HOSEN aktiv bist, hast aber auf dem neuen DTH-Werk „Zurück zum Glück“ wieder keinen Song beigesteuert. Sind da die SPITTIN‘ VICARS eine Art kreatives Ventil für dich?
„Ja, kann man sagen. Kuddel und Campino und auch Breiti prägen halt den typischen HOSEN-Sound, und das seit 20 Jahren. Meine Sachen passen da nicht so rein. Wenn ich mit meinen zweieinhalbminütigen Punksongs ankomme, sagen die Jungs ‚Hey Vom, diese Phase liegt schon lange hinter uns. Mach mal was anderes.‘ Haha!“
Wird es eine SPITTIN‘ VICARS-Tour geben?
„Das hoffe ich. Die Termine für die HOSEN kommen häufig kurzfristig rein, weil sie sehr spontan sind. Deshalb kann ich nie lange im Voraus planen. Aber sobald ich sicher von ein paar freien Wochen weiß, wird eine Tour gebucht.“
Warum spielt ihr nicht ein paar Konzerte im Vorprogramm der kommenden HOSEN-Tour?
„Das habe ich einmal mit den BOYS auf der Lorelei gemacht. Auf die Dauer geht das nicht, weil ich für die HOSEN-Show fit sein muss, die immer zwei bis zweieinhalb Stunden dauert, von der Party danach ganz zu schweigen.“
Wie gefällt dir eigentlich eure MTV-Show?
„Meistens ist es ganz locker. An manchen Tagen können die Kameras aber auch ganz schön nerven. Allerdings: Ohne diese Serie hätte ich nie Golf gespielt, wäre nie aus einem Flugzeug gesprungen und hätte nie auf einem Pferd gesessen. Und das ist nur ein Teil der Sachen, die wir gedreht haben. Das Camping hat am meisten Spaß gemacht. Es hängt auch von der Stimmung ab, in der man ist. Da kann es manchmal schon schwer sein, sich entsprechend zu motivieren.“
Wenn man dich im Fernsehen sieht und dich bei Konzerten erlebt, bist du immer eine Art „Everybody‘s darling“. Ist es schwierig, diesem Image ständig zu entsprechend?
„Manchmal. Ich bin eigentlich nie schlechter Stimmung. Ich kann aber auch nicht immer lustig sein. Als wir die Episode mit dem Fallschirmspringen gedreht haben, war ich nicht gut drauf. Gar nicht mal so sehr wegen des Sprungs. Man hat halt hin und wieder solche Tage. Wahrscheinlich war mir im Unterbewusstsein doch wegen des Sprungs mulmig zumute. Nachher war ich froh, dass ich es gemacht habe. Wiederholen möchte ich es aber nicht, haha.“
Heute sitzen wir brav in deiner Küche und trinken englischen Tee. Die bisherigen Ox-Interviews mit dir fanden immer in deiner fast schon legendären „Drumming Monkey Bar“ hier im Keller statt. Gab es da in letzter Zeit besondere Gäste?
„Lass mich mal überlegen ... TV Smith ist eigentlich fast immer da. Heute Abend kommt wahrscheinlich Arturo von den LURKERS vorbei, aber das war es eigentlich auch schon. Im Dezember spielen MOTÖRHEAD in Düsseldorf. Lemmy ist ein alter Kumpel von mir aus meinen Londoner Tagen. Lemmy bei mir in der Bar, das wär was! Leider bin ich zu der Zeit mit den HOSEN unterwegs.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #57 November 2004/Januar/Februar 2005 und Achim Lüken