„1-2-3-4, wie der Hase auf der Flucht ...“, so beginnt das Bandinfo der unglaublich sacktretenden SMART ASS DYNAMITE (& THE NEW GENERATION OF DESTRUCTIVE ENTERTAINMENT) aus der Gegend von Nürnberg. Von Flucht kann hierbei allerdings nicht im Geringsten die Rede sein, eher ist Blitzkriegflinker-Offensiv-Punk bei den fünf Zuck-und-Tanz-Punkern aus dem Frankenland angesagt. Die Verweise auf eine gewisse stimmliche Nähe zu Lee Hollis und Jello Biafra ertragen die gerne als NOMEANSNOesk titulierten Männer müde lächelnd, und zwar mit einer Hand an der Waffe und der anderen in der Hosentasche. Denn so sind sie: lässig und doch allzeit bereit. Allzeit bereit, jeden Saal zu einem Gliedmassenschleuderfestival mutieren zu lassen, allzeit bereit, den Kids zu zeigen, dass es nicht belanglos, kraftlos oder gar ideenlos zugehen muss auf der Bühne. Als Galleonsfigur dieses Flagschiffs deutschen Zappel-Punkrocks versprüht diesen Geist vor allem der gute Dr. Eibrodt, Percussionist und Wände-rissig-werden-lassender Posaunenberserker der Combo, der die gesamte Bühne in ein organisch scheinendes Klang- und Move-Monstrum bzw. Kunstwerk zu verwandeln weiß. Aber was rede ich? Ihr kennt das Spiel: Wir haben geplaudert, quasi, und zwar emailisch. Das müsst ihr jetzt ausbaden! Für mehr Infos und Backgroundwissen schmeißt ihr bitte euren Browser an. Doing! Los geht’s ...
Wie lange gibt es euch schon und warum/wie/wo habt ihr angefangen, Musik zu machen?
„Na ja, kennen tut man sich quasi von Geburt an, aber mit der Mucke hat es erst angefangen, nachdem man reden und über die Snare-Drum gucken konnte. Als SMART ASS DYNAMITE spielen wir – Timo, Daniel und Carsten – jetzt seit über acht Jahren zusammen. Schlagzeug, Bass und Gitarre, so haben wir auch die erste Platte eingespielt. 2001 kam dann Dr. Eibrodt mit seiner Posaune und dem ganzen Percussionkram dazu. Er hat dann gleich auf unserer ersten Tour mitgespielt. Bei der aktuellen Scheibe ist er ja auch nicht zu überhören. Nils, der zweite Gitarrist, ist leider erst danach dazu gekommen und jetzt ist live richtig Lärm angesagt.“
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, einen Percussionisten, der ab und an auch ins Horn zu stoßen vermag, in einer – der Vergleich is’ ja allgegenwärtig – frickel-jazzigen Tanzpunkband à la NOMEANSNO einzubauen? Oder gab’s bloß sonst keinen Job im SMARTASS-Universum für den armen Gilbert?
„Ja genau, hehe, der Kaffeeholer-Job war schon weg und auch für den Nils gab’s keinen Job außer Nasebohren. Hat trotzdem immer bei uns im Bandbus gesessen und das Bier weggetrunken. Dann hat er eine Gitarre in die Hand bekommen und AC/DC gecovert. Klingt auch genau so, nämlich scheiße!“
Kommen die NOMEANSNO/Jello Biafra/Lee Hollis-Vergleiche von euch? Stören sie? Schmeichelt das?
„Na, die kommen von denen selbst. Die wollen damit ihre abgehalfterten Karrieren wieder aufbuttern. Nee, ohne Scheiß – nervt wie Sau. All die Fanzine-Fuzzis, die voneinander abschreiben, anstatt sich selbst ’nen Kopf zu machen ... All die Leute, die nach einem Konzert zu einem kommen, als ob es Kekse umsonst gibt und einen fragen: ‚Sag mal, kennst du die DEAD KENNEDYS?‘ Klar, und Lee Hollis kennt die sicher auch ... Ganz ehrlich, ich hab nicht mal eine einzige Platte von NOMEANSNO im Schrank.“
Wie kommt die große Liebe zum Detail, zum Vinyl im speziellen und zu D.I.Y. im allgemeinen zustande? Wann und wie wurden hierfür die Weichen gestellt?
„Es gab mal eine Zeit, in unserer frühen Jugend, in der es normal war, dass in einer Platte mehr drin war als nur ein Stück Vinyl. Irgendwie hat uns das geprägt. Mal ehrlich: wer hat schon Bock, ein CD-Booklet mit der Lupe danach zu durchforsten, ob sich die Typen auch Gedanken gemacht haben? Kennst du ‚Rock and Roll Nightmare‘ von RKL, oder von CRUCIAL YOUTH ‚The Posi-Machine‘? Das waren nicht nur sehr geile und witzige Scheiben, sondern da waren auch geniale, fette Booklets in den Platten mit dabei. Na ja, also kaum waren die Weichen somit gestellt, kam schon unser alter Kumpel Martin mit seinem Artwork-ICE angerauscht. Ein absolut genialer Vogel, leider nur furchtbar unmusikalisch. Und da wir höchstens lustige Strichmännchen malen können, haben wir beschlossen, eben gemeinsam auf große Fahrt zu gehen. In der Biologie nennt man so was wohl Symbiose – oder war es Synergie? Oder beides. Egal, es gibt jedenfalls kaum erfolgreichere Wege, sein hart verdientes Geld in den Gully zu kippen, als schicke Platten im D.I.Y.-Verfahren zu machen ... Bye the way: Was zur Hölle ist D.I.Y.? Heißt das nicht D.R.I. oder D.O.A.?!“
Stichwort Martin und Layout/Artwork ... Ich bin oft auf ilikeyourbadbreathdaddy.de und klaue Gedanken und Ideen, lade Bilder runter, mit denen ich meinen Schreibtisch beklebe oder bewundere einfach nur den Stil, der geboten wird. Wie kommt er dazu und wie seid ihr an ihn gekommen?
„Keine Ahnung. Wir schätzen mal, er hätte sich sonst tierisch gelangweilt. Schließlich ist er in einem totalen Kaff aufgewachsen. Da gibt es zwar viele Schuppen, aber nur wenige, die was mit Punk zu tun haben, hehehe. Außerdem hat er schon frühzeitig Stubenhocken als Extremsportart für sich entdeckt. Nun, wie wir zu ihm gekommen sind ... Das ist vielleicht der Vorteil von Nürnberg, da kennt man sich einfach oder man lernt sich relativ schnell kennen. Da es nur wenige coole Läden gibt, kommen die verschiedensten Fraktionen schnell zusammen. Diese Schubladenmentalität, wie wir sie beispielsweise aus Berlin kennen, hat hier zum Glück kaum Chancen. Das ist auch ganz gut so, hält den Kopf offen für neue Ideen!“
Warum spielt ihr so relativ selten live?
„Weil wir so hässlich sind und uns niemand bucht. Außerdem wohnt Gilbert nun in Konstanz und wir wollen nicht ohne ihn spielen, weil dann einfach 80% Grimasse und Bühnenaction wegfällt ... Machen wir eh alles aus Spaß, bei uns hat auch niemand vor, ‚kommerziell‘ erfolgreich zu werden. Wir haben lieber einen geilen Abend in einem sympathischen, kleinen Laden, bevor wir auf einer großen Bühne blöd vor irgendwelchen Eiern rumzappeln.“
Wie werden eure Platten unter das geneigte Volk gebracht? Wer vertreibt euren Kram außer Armin X-Mist und wie kam der Kontakt zu ihm zustande?
„Geneigtes Volk?! Abwurf aus dem Flugzeug ... Nun eigentlich ist ja Ingo – ‚The Company With The Golden Arm‘ – unsere Mama. Er hat unsere erste Tour organisiert und uns unter seine Fittiche genommen. Armin von X-Mist kennen wir aber mindestens genauso lange. Bei ihm hab ich schon als 17-jähriger meine Platten bestellt – jetzt mit 35 mach ich das auch noch. Auch er hat uns immer kräftig unterstützt. Das sind Menschen, wie es sie heutzutage leider viel zu wenig gibt. Menschen mit Idealen. Und nicht nur die Augen im Geldbeutel.“
Warum mag niemand Britney Spears? Die ist doch so schön blond und alles!
„Das sind Edmund Stoibers Frau und Sabine Christiansen auch! Keine Ahnung, warum die niemand mag. Ach, vielleicht doch: Habe letztens mal gehört, dass sie von einer Stewardess dazu aufgefordert wurde, ihre Schuhe wieder anzuziehen. Andere Passagiere hatten sich durch den Geruch ihrer Füße zu sehr belästigt gefühlt. Zum Glück sitzen wir immer nur allein im Bus.“
Was haltet ihr vom Stalker-Phänomen? Das gab es ja schon immer, aber es kommt jetzt scheinbar öfter vor bzw. wird von den Medien mehr breit getreten ... Schon mal damit konfrontiert worden?
„Sicher nicht. Wie gesagt, wir sind weder eine Augenweide, noch medienpräsent. Aber frag mal TURBOSTAAT, denen passiert das ständig. Denen tragen sogar die 18-jährigen Mädels das Equipment zum Bus. In dieser Hinsicht fänden wir das Stalker-Phänomen durchaus erfreulich und hilfreich. Mann, wir haben echt verdammt schwere Boxen ...“
Habt ihr irgendwelche Macken/Krankheiten, die erwähnenswert wären, wie z. B. Kleptomanie, Sexsucht, Heroinabhängigkeit, Dauerständer, Latexallergie, Kiwi-Aversion, Schreikrämpfe oder so was?
„Zählt dummes Gelaber und Limbotanzen auf Barhockern auch dazu?“
Warum ist Rock rau, Punk dreckig und die Indierock-Ecke so furchtbar verspielt bis depressiv?
„Nun, diese Frage kann dir nur der liebe Gott oder das weltweite Netz beantworten. Schau doch einfach selbst mal nach: dobi.nu/emo/ bzw. fourfa.com bzw. thisisnotemo.com. Noch spannender wäre allerdings die Frage: Wie kann man depressiv sein, wenn vor der Bühne lauter 16-Jährige Mädchen in Ohnmacht fallen?“
Wenn ihr eine Hinrichtung frei hättet, wen würdet ihr dann ...?
„Verdammt Jörkk, wir sind friedliebende Menschen. Wir töten nur durch Sarkasmus.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Jörkk Mechenbier