SHRINEBUILDER

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Scott Kelly jenseits von NEUROSIS

„Supergroup“, so was klingt immer nach Rock-Dinosauriern auf Stadionbühnen, doch falscher könnte man mit so einer Beschreibung bei SHRINEBUILDER nicht liegen. Doch wenn Scott Kelly (NEUROSIS), Al Cisneros (SLEEP, OM), Scott Weinrich (SAINT VITUS) und Dale Crover (MELVINS) zusammenarbeiten, um ein Album aufzunehmen, horcht man als Liebhaber der Bands der Beteiligten doch interessiert auf. Nun ist Namedropping das eine, das Einlösen eines Versprechens aber etwas anderes, doch auch hier kam keine Enttäuschung auf, als man sich schon im April 2009 während des Roadburn-Festivals einer Listening-Session zum zu diesem Zeitpunkt bereits fertigen SHRINEBUILDER-Album einfand. Im Anschluss stellten wir Scott Kelly ein paar Fragen.

Scott, vier Menschen mit starker Persönlichkeit und eigenen Vorstellungen – wie beeinflusst so was die Arbeit an einem Album?

Das wussten wir auch nicht, als wir uns auf dieses Projekt einließen, aber es stellte sich heraus, dass das überhaupt kein Problem war. Wir haben einfach gut zusammengearbeitet, hatten die gleichen Vorstellungen und waren auch bei Änderungen einer Meinung, und jeder hatte genug Raum, sich einzubringen.

Inwiefern unterschied sich die Arbeit von der mit NEUROSIS?

Der Arbeitsprozess von NEUROSIS ist ein völlig anderer. Bei SHRINEBUILDER haben wir einfach die Gitarrenriffs fließen lassen, während bei NEUROSIS das Ganze ein langwieriger Destillationsprozess ist.

NEUROSIS machen immer den Eindruck einer Band, bei der alles bis ins Detail ausgearbeitet ist.

Auf jeden Fall! Bei SHRINEBUILDER hingegen war die Maxime von Anfang an, einfach ein paar Songs zu machen und sie zu spielen. Wir hatten im Vorfeld über ein Jahr an den Songs gearbeitet, und dann trafen wir uns einen Abend vor den Aufnahmen, nahmen noch ein paar Anpassungen vor und legten los.

Wie muss man sich die Vorarbeit vorstellen? Hin und her gemailte mp3-Dateien?

Das auch, aber Al, Wino und ich hatten uns auch mal bei mir zu Hause ein Wochenende lang getroffen. Al und Wino haben zusammen in Maryland daran gearbeitet und Dale, Wino und Al in L.A., und schließlich trafen wir uns in L.A. für die Aufnahmen.

Macht das mehr Spaß als mit NEUROSIS? Deren Aufnahmen scheinen ja eher harte Arbeit zu sein.

In gewisser Weise ja, denn es war einfach neu, frisch und aufregend für uns alle, eine echte Abwechslung. Allein mit diesen Leuten spielen zu können war großartig, ich besitze wirklich jede Platte von allen dreien und höre mir die regelmäßig an. Und als wir dann fertig waren, war dieses gute Gefühl immer noch da, denn wir hatten ja etwas ausprobiert, und es hatte funktioniert. Das ist sehr befriedigend.

Du warst eben bei der Listening-Session mit dabei. Wie war das?

Ich höre mir meine Aufnahmen gerne noch mal an, und mir fiel auf, wie frisch und neu die Songs klingen. Vor allem ging das im Studio so schnell, dass auch nicht die Gefahr bestand, mich schnell daran satt zu hören. Mittlerweile habe ich diesen Punkt erreicht, aber es hat lange gedauert.

Ich behaupte mal, dass viele Rezensionen des Albums die Worte „Allstar Supergroup“ enthalten werden ... Nervt dich das jetzt schon?

Ach, ich mache mir da nicht zu viele Gedanken darüber. Klar, darauf wird es hinauslaufen, aber so ist es doch immer, wenn Musik in bestimmte Kategorien gezwängt wird. Die Leute schreiben ja sowieso, was sie wollen, das ist mir egal. Mir geht es um die Musik, die spricht für sich selbst und mit der bin ich glücklich. Andererseits kann man aber ja auch nicht verleugnen, wer die Leute in der Band sind. Und es ist ja auch interessant herauszufinden, wie die Summe dieser Teile klingt.

Nun muss ich aber sagen, dass ich das Album beim ersten Hören nicht wirklich überraschend fand: Da war nichts, was ich angesichts der Beteiligten nicht erwartet hätte.

So ganz stimme ich dir nicht zu, denn es gibt da Elemente, die ich bei dieser Zusammenarbeit nicht vorhergesehen hatte. Gerade beim Gesang gibt es eine gewisse psychedelische Komponente, die nichts mit NEUROSIS gemein hat. Und Wino ist so ein virtuoser Gitarrist, der kann wirklich alles spielen – und hat das auch getan. Ich bin da viel einfacher gestrickt. Das Unerwartete an den Aufnahmen ist für mich das „Unausgesprochene“, der Gesamteindruck des Albums. Wir hatten sehr hohe Erwartungen, und ich bin sicher, dass das Album auch den Erwartungen anderer gerecht wird. Wir sehen SHRINEBUILDER auch nicht als einmaliges Projekt an, sondern als Ausgangspunkt für eine langfristige Zusammenarbeit.

Gab es für dich bei dieser Zusammenarbeit noch weitere Überraschungen?

Ja, als Wino mir erzählte, dass er noch nie mit einem anderen Gitarristen in einer Band gespielt hat. Das hat mich total geschockt! Und mir war klar, dass das für mich eine einzigartige Gelegenheit ist, und zeigte mir seine Wertschätzung für das ganze Projekt. Seine Art des Gitarrenspiels ist auch perfekt für diese Art der Zusammenarbeit geeignet, denn ich spiele sehr minimalistisch, eher wie ein Bassist. Al und Dale passten auch perfekt zueinander, und da hatte ich mir im Vorfeld ein bisschen Sorgen gemacht, denn bei der Rhythmussektion weiß man nie, wie das funktioniert. Hinzu kommen Dales Fähigkeiten als Tontechniker, von denen ich auch nichts wusste, und so war er eigentlich der zweite Tontechniker im Studio. Er ging wirklich jedes Detail durch, zeigte Stellen auf, an denen wir noch arbeiten mussten. Und das verbesserte das Ergebnis deutlich. Essentiell war aber, dass die Chemie zwischen uns stimmte, das war wirklich schön. Und so denke ich, dass das auch unseren Live-Auftritten gut tun wird, denn wir werden da als echte Band auf der Bühne stehen. Und wir schreiben schon neue Songs, damit die Konzerte nicht nur aus den fünf Songs der Platte bestehen.

Handelt es sich denn wirklich um ein vollwertiges Album oder nur eine EP?

Ob Album oder nicht, das hängt nicht von der Zahl der Songs ab. Es soll ja Alben mit nur einem Song geben, da kannst du dich ja mal mit Al drüber unterhalten, hahaha. Deshalb: Die Platte läuft 40 Minuten, das ist ein Album. Und natürlich machen wir auch Vinyl, und es wird wohl auch eine einseitig bespielte 12“ mit einem Remix geben. Mit einer 7“ dürfte es angesichts der Spielzeit der Songs aber wohl nichts werden, haha.

Ihr als NEUROSIS, und auch du persönlich, seid Anhänger einer D.I.Y.-Einstellung – verbindet euch diese Haltung auch innerhalb von SHRINEBUILDER?

Wir haben natürlich hier und da Helfer, man könnte auch sagen „Manager“, so was ist manchmal eine große Hilfe im geschäftlichen Alltag. Aber keiner bei SHRINEBUILDER ist es gewohnt, mit großen Budgets ins Studio zu gehen, die einzige Ausnahme war wohl seinerzeit das „Houdini“-Album der MELVINS. Wir haben alle einen ähnlichen Hintergrund, spielen alle schon ewig in Bands, die der Mainstream lange hasste, bis wir dann doch etwas Anerkennung bekamen. In dieser Hinsicht ähneln wir uns, und wegen unserer Erfahrung machen wir eben, was wir wollen und kümmern uns einen Scheiß darum, was andere denken.

Was für ein Leben führst du jenseits von NEUROSIS und SHRINEBUILDER?

Ein ganz normales Leben mit normalem Job und Familie. Bisher arbeitete ich auf dem Bau und als Schweißer. Dann war ich sehr krank, hatte auch Operationen, und jetzt arbeite ich in einem Shakespeare-Theater als Tontechniker. Und vier Kinder habe ich auch – mein Ältester ist jetzt mit auf Tour, er ist 21 und arbeitet als Roadie für NEUROSIS. Wenn die anderen Kinder älter sind, heuern wir die auch an und übergeben NEUROSIS in die Hände der jüngeren Generation, hahaha. In den letzten zwanzig Jahren kam ich jedenfalls nicht viel zum Schlafen, denn ist es ja immer irgendwas zu tun.