Kanada: Der europäische Durchschnittspunk denkt bei dem Wort wahrscheinlich eher an Holzfäller oder berittene Mounties, als an guten Punkrock. Was aber derzeit speziell in Ottawa und Umgebung vorgeht, könnte sich in den nächsten Jahren zu etwas richtig Großem entwickeln. Haufenweise tolle Bands, eine lebendige Szene und mittendrin die SEDATIVES, die mit Platten auf P.Trash und einer soeben absolvierten Europatour mit den IDLE HANDS hierzulande die erste Duftmarke gesetzt haben. Abgesehen davon ist es absolut unglaublich, wie viele Nebenprojekte Ian (Orgel), Dave (Drums), Emmanuel (Gitarre) und Steve (Bass) noch neben den SEDATIVES betreiben: WHITE WIRES, LAST COMMUNION, YEAR ZERO, FUCKING MACHINES, ADAMYK, URANIUM COMEBACK, PEACH KELLI POP und natürlich das großartige Label Going Gaga Records! Ian und Dave klärten kurz nach der abgeschlossenen Tour mit mir alles Relevante zu den SEDATIVES.
Die Europatour mit den IDLE HANDS ist zu Ende, wie war es für euch?
Ian: Der Satz „Trip of our lives“ beschreibt die Tour ganz gut: Es war absolut unglaublich, mir fehlen die Worte! Die IDLE HANDS haben mich total umgehauen, was für eine abgefahrene Band. Aufrechte Typen, wahre Intellektuelle, echte Genies, sie können Party machen wie Kanadier und sind aus dem richtigen Holz geschnitzt.
Passend zur Tour kam eure neue Platte raus, die ich echt großartig finde, wenn auch der Gesang ein bisschen besser rauskommen könnte. Wie nehmt ihr das Feedback zur Scheibe wahr?
Dave: Ich persönlich bin sehr zufrieden mit der Platte, aber wie bei allem, was die SEDATIVES machen, gab es auch hier eine Menge Stress und gegensätzliche Meinungen, haha. Jetzt, da ich die Platte oft gehört habe und auch die Songs seit Monaten live spiele, würde ich beim Mix auch ein paar Sachen anders machen, einige Arrangements verändern und so weiter. Aber ehrlich gesagt wäre das wohl bei jeder Platte so, an der ich beteiligt war. Als Band entwickeln wir uns ständig weiter und verbessern uns, da hält so eine Platte ja immer den Zustand fest, in dem man sich zur Zeit der Aufnahme gerade befand. Dementsprechend reite ich auf solchen Sachen nicht allzu sehr herum.
Ian: Ich weiß, dass einige Leute die erste Single besser finden als das Album. Umgekehrt haben wir aber auch jede Menge positiver Meinungen zur LP bekommen. Wir sind Amateure! Kids, die mehr Ideen als Erfahrung haben. Wir scheißen auf die Profis und machen’s einfach selbst. Wir haben keine Angst, einfach etwas auszuprobieren und nachher dafür eins auf den Deckel zu bekommen. Und wir haben schon massig Ideen fürs nächste Mal.
Habt ihr eure Seelen alle an Peter von P.Trash Records verkauft? Der bringt ja neben den SEDATIVES auch bald massenhaft Platten von euren zahlreichen Nebenprojekten raus ...
Dave: Es stimmt tatsächlich! Peter ist der Teufel in Menschengestalt und im Tausch für deine Seele presst er alles, was du aufnimmst, auf Vinyl. Nein, ganz im Ernst: Ich denke Peter hat bemerkt, dass in Ontario im Moment etwas ganz Besonderes passiert. Es gründen sich jede Menge Bands und alle arbeiten hart daran, Shows auf die Beine zu stellen und Platten rauszubringen. Wir sind sehr glücklich darüber, dass Peter die Musik, die wir machen, veröffentlichen möchte.
Was ist das Spezielle an eurer Region? Habt ihr eine richtig große Szene, oder geht das nur von einem kleinen Kreis aktiver Leute aus?
Dave: Was mal in Ottawa und den umliegenden Städten, wie Sudbury oder Montreal, als kleiner Kreis von Bands angefangen hat, hat sich mittlerweile zu einer großen, kreativen, eng verbundenen Gemeinde von Bands, Labels, Fanzines und Freunden entwickelt. Ich bin unglaublich glücklich darüber, dass die SEDATIVES da irgendwie mittendrin sind.
Ian: Es ist toll, in Ottawa auf eine Kellershow zu gehen, zur legendären Pizzaparty oder einer Clubshow. Seht euch mal die Bands an, die beim „Gaga Weekend“ gespielt haben. Das waren 30 Gruppen, fast alle aus Ottawa, und ich bin Fan von jeder einzelnen Combo!
Was steht als Nächstes bei den SEDATIVES oder bei euren Nebenprojekten an?
Dave: Die SEDATIVES setzen sich im Frühling wieder zusammen, um ein neues Album zu schreiben und noch mehr Shows zu spielen. Aber ich habe vor, schon im Spätherbst mit LAST COMMUNION nach Deutschland zu kommen, um unsere kommende 12“ auf P.Trash und eine weitere geplante Single zu promoten. YEAR ZERO bringen zum Jahresende ebenfalls eine LP raus und die FUCKING MACHINES werden versuchen, bei den Proben ausreichend nüchtern zu bleiben, um mal wieder eine neue Single auf die Reihe zu bekommen.
Ian: Ich betreibe neben meinen drei Bands ja noch das Going Gaga Label. Da kommen demnächst einige tolle Singles und LPs raus, alles in limitierten Auflagen und handgemachter Verpackung. Außerdem erscheinen von meiner Band WHITE WIRES noch zwei Singles und danach machen wir eine LP für Dirtnap.
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