SANFORD PARKER

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Essen, schlafen, Musik

Als Produzent und Musiker ist Sanford Parker seit Jahren ein Begriff: er war/ist mit Scott Kelly von NEUROSIS bei CORRECTIONS HOUSE, man kennt ihn von MINSK, von NACHTMYSTIUM, von BURIED AT SEA. Und er war an der Entstehung von Platten unter anderem von PELICAN, EYEHATEGOD, VOIVOD, YOB und BLOOD CEREMONY beteiligt, in diesem Fall (meist) hinter dem Mischpult. Mit „Lash Back“ veröffentlichte er kürzlich ein Album, das nicht auf Breitenwirkung zielt, sondern eines für jene, die mehr über diesen Kerl erfahren wollen – und vor allem mal hören wollen, wie Sanford pur klingt.

Sanford, ich hatte erwartet, einen solch erfolgreichen Produzenten und Musiker wie dich bei Wikipedia zu finden. Bist du nicht egomanisch genug, dich um einen Eintrag zu kümmern, oder glauben nur Leute wie ich, dieser Mann verdiene mehr Aufmerksamkeit ...?

Ich wüsste nicht wo ich bei einem Wikipedia-Artikel anfangen sollte. Wenn es nicht um Geräusche geht, ich bin ziemlich ignorant in Sachen Computer und Internet. Und sicher bin ich kein Egomane, ich halte mich für ziemlich geerdet und bescheiden.

Ich war überrascht, dass „Lash Back“ dein erstes Soloalbum ist, obwohl ich schon unzählige Male über deinen Namen gestolpert war.

Es war jetzt einfach der richtige Moment. Ich arbeite immer an Musik und manchmal habe ich am Ende mehr geschrieben, als ich für aktuelle Projekte brauchen kann, also habe ich beschlossen, die Sachen unter meinem Namen zu veröffentlichen. Dabei habe ich darauf geachtet, dass ich nicht irgendeine Sound-Schublade aufmache, in der ich am Ende feststecke. Es unter meinem Namen zu veröffentlichen, gab mir die Freiheit, das zu tun, was ich will, ohne Labels, nur das, wonach mir gerade der Sinn steht. CORRECTIONS HOUSE haben einen bestimmten Klang, genau wie THE HIGH CONFESSIONS. Mit dem Solosachen wollte ich klingen, wie meine Stimmung in diesem Moment eben war.

Kannst du uns etwas mehr über dich erzählen? Wann und wo bist du geboren, wo lebst und arbeitest du heute – Chicago, wenn ich mich recht entsinne – und wie sieht dein Leben jenseits von Proberaum und Studio aus?

Ich bin in Alabama geboren, nicht weit vom Geburtsort von Hank Williams, aufgewachsen bin ich in einer Küstenstadt in Florida. 1998 bin ich dann nach Chicago gezogen, wo ich bis vor einem Monat gelebt habe, bis ich beschloss, nach Los Angeles zu gehen. In Chicago war es klasse, es gibt eine coole Musikszene, tolle Clubs und reizende Leute. Es ist mir nicht leichtgefallen wegzuziehen, aber ich dachte, ich brauche einen Tapetenwechsel, und L.A. schien eine gute Idee dafür zu sein. Ich habe bereits ein großes Netzwerk an Freunden und Musikern hier und natürlich sind hier jede Menge Musiker und Produzenten. Mein Leben außerhalb des Studios ist eigentlich nicht existent. Ich esse, schlafe und trinke Musik. Ich kümmere mich aktuell nicht um die Musik anderer Leute, ich mache meine eigene oder ich bin auf Tour. Darüberhinaus habe ich kein wirkliches Leben ... traurig oder?

Welche war deine erste Platte, welche deine erstes Metal/Punk/Hardcore-Scheibe, welches ist dein Lieblingsalbum für den Rest deines Lebens?

Meine erste Platte war „Eye Of The Tiger“ von SURVIVOR. Ich war ein riesiger Rocky-Fan, als die rauskam, danach müsste es was von AC/DC gewesen sein, vielleicht „Dirty Deeds“ oder so was. Die erste Underground-Metal-Platte, die ich gekauft habe, war „Black Metal“ von VENOM. Das war meine Einführung in richtigen Metal, die hat alles verändert. Zur selben Zeit entdeckte ich MISFITS, BLACK FLAG, CIRCLE JERKS, solche Sachen. Mein Lieblingsalbum ist wohl „Too Dark Park“ von SKINNY PUPPY sein. Die hat nachhaltig Eindruck bei mir hinterlassen damals. Ich habe in dieser Zeit ziemlich viel LSD genommen, und diese Platte schlug ein und hat mich über Jahre begleitet.

Kannst du uns einen kurzen Überblick über deine musikalische Karriere geben?

Du willst eine Liste? Schau auf allmusic.com nach. Einige meiner Projekte sind I WILL PIMP, CORRECTIONS HOUSE, THE HIGH CONFESSIONS, CIRCLE OF ANIMALS, BURIED AT SEA oder MIRRORS FOR PSYCHIC WARFARE.

[Vb]„Music – production – mixing“ steht auf deiner Website. Wann und warum bist du vom Frontmann zum Mann hinter den Reglern geworden?[/b]

Es ist im Grunde das Gleiche, ich habe Musik gemacht, lange bevor ich mit anderen Bands gearbeitet habe. Ich brauchte eine berufliche Perspektive und wollte Geld verdienen, und das Produzieren schien sich da anzubieten, also habe ich es ausprobiert. Bisher hat das ganz gut geklappt. Die meisten Bands lassen mich kreativ mitarbeiten, wobei die Grenze zwischen Produzent und Musiker schnell verschwimmt. Die Platten, die ich am meisten mag, sind die, bei denen ich mir selbst die Hände schmutzig machen kann. Die, wo mich die Bands richtig miteinbeziehen, machen mir am meisten Spaß. Ich fahr da voll drauf ab.

Hast du dir das alles selbst beigebracht oder hattest du einen Lehrer?

Ich besuchte eine Schule für Musikproduktionen, aber am meisten habe ich durch eigene Fehler gelernt. Ich habe keine Angst davor, Sachen auszuprobieren. Ich bin außerdem ein guter Beobachter, ich schaue mir an, wie andere arbeiten, und integriere das in meine eigene Arbeitsweise. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Wie so oft geht es darum, die Eier zu haben, über seinen eigenen Schatten zu springen, und keine Angst davor zu haben, auf die Nase zu fallen. Der Trick ist dann, so zu zu tun, als sei es Absicht gewesen, und wieder aufzustehen. Gib dir bloß keine Blöße.

Was muss eine Band haben, damit du mit ihr arbeitest?

Gute, interessante Songs schreiben. Was Genres angeht, bin ich nicht wählerisch. Es ist mir egal, ob es Rap, Country oder Metal ist, ein guter Song ist ein guter Song und ich kann mich überall einbringen. Ich kann mit allem was anfangen und bin für alles offen. Für mich ist eine Band besonders, wenn sie absolut einmalig klingt, und genau so sollte es auch sein.

Und was können die Bands von dir erwarten?

Von mir kommt so viel oder so wenig Input, wie die Band es möchte. Manche wollen, dass ich einfach nur auf Aufnahme drücke, andere wollen, dass ich mich beim Songwriting und am Arrangement beteilige. Das hängt ganz von der Band ab. Ich behandle jede Platte anders.

Würdest du sagen, dass deine Studioarbeit eine bestimmte Handschrift aufweist?

Nicht wirklich, ich versuche nicht, jedem Album, das ich produziere, meinen Stempel aufzudrücken. Ich mag es, wenn die Produktion transparent ist. Wenn ich ein Album höre und dann anfange, auf die Produktion zu achten, bringt mich das total raus. Ich will die Band hören und nicht den Typen, der sie aufgenommen hat. Ich weiß, dass mich einige Bands gerade wegen gewisser Eigenheiten bei der Produktion buchen, aber ich versuche, es nicht nach einer „Sanford Parker-Aufnahme“ klingen zu lassen.

Dein Soloalbum ist stilistisch ganz anders als die Sachen von CORRECTIONS HOUSE, MINSK, NACHTMYSTIUM oder WRECKMEISTER HARMONIES. Ist das der „echte“ Sanford Parker oder einfach nur eine Facette deiner musikalischen Persönlichkeit, und welche gibt es noch?

Gibt es einen wahren Sanford Parker? Ich weiß es nicht. Ich mache Musik, weil es mir Freude macht, ich denke nicht darüber nach. Ich schreibe keine Lieder, die so oder so klingen sollen. Die Einflüsse sind da, aber identisch ist es nicht. Ich tue, was ich tue, denn ich kann nicht anders. Mein musikalisches Talent ist durchaus begrenzt, also klopfe ich auf Dingen rum und drehe Knöpfe, bis es nach irgendwas klingt, das mir dann hoffentlich gefällt. Noch besser ist, wenn es anderen gefällt und ich weiter auf Tour gehen und Musik machen kann. Ich muss essen und brauche ein Zuhause, und ich kann sonst nichts. Wenn ich also mit der Musik aufhören würde, wäre ich ziemlich am Arsch.

Du beschreibst dein Album als einen Soundtrack zu der Gegend, durch die du mit deinem Auto fährst. Erzähl mal, was du so siehst, während du dir deine Lieder ausdenkst.

Ich sehe nichts. Es gibt einfach Platten, die ich gern im Auto höre, jetzt wollte ich mir selbst eine aufnehmen. Wo du dann damit lang fahren willst, musst du selber wissen. Vielleicht durch einen Wald? Vielleicht von einer Klippe? Deine Entscheidung ...