RUMJACKS

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Arschlöcher nerven

Seit zehn Jahren existiert die australische Band. Zehn Jahren lang kam es nicht zu einem Interview mit ihren Protagonisten im Ox. Ein Unding. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich die von ein paar Jungs irischer und schottischer Abstammung in Sydney gegründeten THE RUMJACKS über die Jahre hinweg mit Hits und Ohrwürmern zwischen Punk, Celtic-Punk, Ska und Reggae eine durchaus ansehnliche Fangemeinde erspielt haben. Das neue, vierte Album „Saints Preserve Us!“ biete nun eine willkommene Gelegenheit, diese Scharte auszuwetzen – und Frontmann Frankie McLaughlin zu befragen.

Frankie, im Titelsong des neuen Albums singst du: „All these arseholes are makin’ me nervous ...“ Es geht offenbar um die Lage der Gesellschaft allgemein. Da draußen laufen durchaus genug Arschlöcher herum, die einen nervös machen und eine klare Ansage gebrauchen könnten ...


Meine Geschichten entstammen meinem eigenen Leben und dem der Menschen um mich herum. Aber es ist natürlich schwer, keinen Kommentar abzugeben, wenn man sich in der Welt umschaut und davon inspirieren lässt. Denn dann sieht man alles. Das Gute und das Schlechte. Ob man es nun mag oder nicht. Und dann entsteht so ein Song.

Ein Song, in dem du ein ernstes Thema mit Humor durchsetzt.

Ich mag es eben nicht, den Leuten direkt zu sagen, was sie denken oder tun sollen. Man muss vielmehr Raum für Humor lassen. Denn manchmal ist es so, als ob man einem Haustier unbemerkt Medizin verabreichen will oder einem kleinen Kind Gemüse ... Man muss die wichtigen Dinge mit Spaß durchsetzen, damit die Idee hinter einem Song ankommt.

Warum nimmt eine Irish-Folk-Punkband aus Australien ihr Album eigentlich in Italien auf?

Europa ist so eine Art zweites Zuhause für THE RUMJACKS. Und die Idee, das neue Album in Italien aufzunehmen, basierte zuallererst auf dem Umstand, dass unser Tourmanager Italiener ist und ein professionelles, voll ausgestattetes Aufnahmestudio in Mailand besitzt. Das Studio war für uns eine Komfortzone, die uns die richtige Dosis Entspannung bescherte. Die Dosis, die man benötigt, um ein interessantes Album wie „Saints Preserve Us!“ einspielen zu können. Wir nehmen unsere Songs gerne gemeinsam im selben Raum auf, um zunächst die Energie der Band live einzufangen. Erst danach überarbeiten wir einige der Tonspuren und fügen sie mit den bereits eingespielten Songs nach und nach zusammen. Es ist uns unheimlich wichtig, diesen festen Live-Kern bei einer Aufnahme zu haben.

Es gibt euch seit nunmehr zehn Jahren, „Saints Preserve Us!“ ist euer viertes Album. Ist die Arbeit an so einer Platte nach dieser Zeit schon Routine?

Nein. Denn zwischen zwei Veröffentlichungen passiert ja immer etwas. Das Leben passiert. Manchmal läuft es nicht so, wie es laufen sollte, und dann kann es sehr hart sein, ein Album zu schreiben, aufzunehmen und zu veröffentlichen. Vor allem ein gutes Album. Wäre es nicht so schwer, sondern Routine, dann würde ja jeder pro Woche ein Album herausbringen ... Ich denke auf jeden Fall, dass wir mit der neuen Platte in unserer Karriere einen Schritt nach vorn gemacht haben. Sie hält eine gute Balance zwischen irischem Einfluss und unserer Leidenschaft für Punkrock und Rock der Oldschool-Sorte – und sie hat Neues zu bieten. „Saints Preserve Us!“ greift irgendwie die Einflüsse der drei vorherigen Alben auf und entwickelt sich dann trotzdem zu einer eigenständigen Platte.

Gibt es für dich einen typischen THE RUMJACKS-Sound?

Es gibt bestimmt eine gewisse Persönlichkeit in unserer Musik. Aber wir sind immer darauf bedacht, neue Wege zu gehen und nicht in irgendeine Schublade zu geraten.

Ihr tourt ständig rund um die Welt. Johnny Ramone hatte einst Tagebuch geführt und hielt jedes Konzert der RAMONES als Notiz fest. Wer ist der Konzerte-Zähler bei euch – und wie viele Gigs hat er bisher gezählt?

In zehn Jahren haben wir eine unglaubliche Anzahl von Shows gespielt. Ich gebe zu, da ist es schlichtweg unmöglich, eine klare Vorstellung von der Menge zu haben. Vor allem weil niemand von uns an Statistiken und solchen Dingen interessiert ist.

Dann zähl du als Konzert-Globetrotter doch zumindest mal auf, was deiner Erinnerung nach jeweils der grauenhafteste und der speziellste Ort ist, an dem ihr je gespielt habt?

Den grauenhaftesten Ort gibt es nicht. Denn jede Show muss ein magischer Moment für uns sein. Darauf legen wir wert. Und deshalb versuchen wir immer und überall, eine gute, eine positive Situation für uns zu schaffen. Das ist uns bislang auch immer gelungen. Was den speziellsten Ort angeht: Wir haben unter anderem wunderbare Konzerte in einem alten Weinkeller in Lyon, auf einem Festival in Thessaloniki und in einem Moskauer Club erlebt. Letztendlich ist die Frage nach dem Lieblingsort aber kaum zu beantworten. Denn im Grunde macht uns alles Spaß. Egal wann und wo. Denn überall, wo wir hinkommen, sind die Leute einfach unglaublich gastfreundlich.

Eure neue Platte enthält, wie auchdie Platten zuvor, kein wirklich schlechtes Stück. Es sind alles kleine bis größere Ohrwürmer. Ihr scheint das Geheimnis zu kennen, wie man tolle Songs schreibt. Was ist das Erfolgsrezept?

Ganz einfach: Ich denke, wir sind einfach nur eine ehrliche Band, die eine unglaubliche Leidenschaft für Musik besitzt. Ich habe selber immer Mühe, unsere Musik passend zu beschreiben. Ich weiß nur, dass wir zuerst irgendwie in der Celtic-Punk-Szene landeten und nach und nach ein wesentlich breiteres Publikum anzogen, weil wir auch immer mehr von Punk, Ska und Reggae beeinflusst wurden und das in unsere Musik mit einfließen ließen.

Wie kommt diese stilistische Vielfalt zustande?

Ich bin in Glasgow geboren, mit einem irischen Familienhintergrund. Und da ein paar der anderen Jungs in der Band ebenfalls aus irischen Familien stammen, sind wir natürlich mit dieser Musik und dieser Kultur aufgewachsen. Viele meiner Freunde, mit denen ich aufwuchs, kamen aber auch aus Südafrika. Und bei denen daheim habe ich stets die Plattensammlungen der älteren Geschwister oder sogar der Eltern durchforstet. Bei jeder Gelegenheit. Gerade dadurch habe ich viel über alten Ska, Rocksteady und Reggae gelernt. Später dann entdeckte ich wiederum Punk – und der Rest ergab sich von selbst.