Nick Lamaga und Felix Alanis sind der feste Kern von RF7 und haben nahezu alle Songs der Band zu zweit geschrieben. Felix verfasst die Texte und Nick schreibt die Musik. Vor 20 Jahren gründeten sie RF7 zusammen mit Drummer Walt Phelan. 2002 verließ Walt die Band und wurde durch „Big Mike“ ersetzt. Der Autor dieses Textes, Bo Clifford, lernte Felix etwa 1980 kennen, als der auf seinem Label Smoke 7 die „Public Service“-Compilation veröffentlichte. Dieser Sampler katapultierte BAD RELIGION und REDD KROSS nach oben und schrieb mit RF7 und CIRCLE ONE ein Stück Punkrock-Geschichte. Bo Clifford kommt ursprünglich aus Detroit. Während seiner Collegezeit war er DJ beim Campusradio und arbeitete für United Artist Records als „Artist Rep“ – er holte die Künstler vom Flughafen ab und brachte sie pünktlich zu Auftritten und Pressekonferenzen. 1977 zog Bo nach Kalifornien. Während seiner Zeit beim Label und Fanzine Bomp! veröffentlichte er 1982 mit „American Youth Report“ den California-Punk-Sampler schlechthin und schrieb auch für das Slash, die Mutter aller Fanzines. Nick und Felix besuchten ihn im März dieses Jahres in North Hollywood, wo das folgende Interview entstand.
Wie habt ihr beiden eigentlich zueinander gefunden? Habt ihr in der gleichen Gegend gewohnt oder hast du per Anzeige nach einem Gitarristen gesucht?
Felix: Ich hatte 1978 einen Plattenladen eröffnet, damals war ich um die 20. Eines Tages stand Nick dann auf der Matte, während ich wie immer hinter dem Tresen saß und Gedichte schrieb. Nick kommt also herein, schaut sich um und sieht das ganze Equipment im Hinterzimmer. Ich hatte da ein Schlagzeug, Aufnahmegeräte und ein paar Gitarren. Wir kamen ins Gespräch und Nick schlug vor, er könnte meine Gedichte vertonen. Das klang interessant, weil meine Fähigkeiten an der Gitarre sehr beschränkt waren. Eine Woche später kam er wieder und präsentierte mir vier Songs, ich war beeindruckt. Dann hat er mich ganz beiläufig gefragt, ob er denn in meinem Hinterzimmer mal was mit aufnehmen könnte.
Nick: Ich stand da mit meinen 19 Jahren, hatte gerade die Highschool abgebrochen und sehe da diesen Kiffer mit seinem eigenen Plattenladen samt Proberaum, wo auch noch Drogenutensilien verkauft wurden. Das hat mich natürlich brennend interessiert! Aber deine Texte und die Lieder fand ich wirklich gut.
Felix: ... bis du gehört hast, wie ich singe. Ich konnte echt überhaupt nicht singen, und es ging um Rocksongs im Stile von BAD COMPANY oder AC/DC.
Wie kam es denn dann letztendlich zur Bandgründung?
Nick: Ich habe Felix’ Sängerqualitäten etwas auf die Sprünge geholfen und wir haben Walt fürs Schlagzeug zu uns geholt. Er war mein bester Freund, wir hatten schon zusammen in ein paar Coverbands gespielt. Als ich ihm dann von diesem Typen mit seinem Plattenladen erzählte, der auch schon alt genug war, um Bier zu kaufen, war Walt sofort dabei. Und Joe Roman ist als Bassist bei uns eingestiegen.
Felix: Nach ein paar Monaten hat Nick diesen Typen von einer Bookingagentur zu einer Probe angeschleppt. Der hat uns eine Weile zugehört und nach einem Song plötzlich gesagt: „Spielt das noch mal, aber so schnell, wie ihr könnt.“ Das haben wir dann ausprobiert. Danach hat er uns gefragt, ob wir die SEX PISTOLS, die BUZZCOCKS oder die RAMONES kennen und uns das SEX PISTOLS-Album aus meinem Plattenladen vorgespielt.
Nick: Durch die höhere Spielgeschwindigkeit war Felix gezwungen, eher zu schreien als zu singen und ich dachte: Er singt immer noch grauenvoll, nur zehnmal schneller.Bei den SEX PISTOLS dachte ich: Ach du Scheiße, der Typ singt ja noch viel schlechter als Felix! Wir hatten damals doch überhaupt keine Ahnung und wussten Bands wie die SEX PISTOLS, THE DAMNED, THE GERMS, THE CLASH und all die anderen gar nicht zu schätzen. Dann haben wir angefangen, alles aus dieser Richtung zu hören, was uns in die Finger kam. Auch THE STRANGLERS und MOTÖRHEAD, die uns sehr stark beeinflusst haben.
Felix: Nur eine Woche später hatte Nick gefärbte Haare, Walt trug zerrissene Klamotten und die beiden hingen im Starwood oder im Whiskey in Hollywood herum, um Nachwuchsbands wie THE CHIEFS, BLACK FLAG und SOCIAL DISTORTION dabei zuzusehen, wie sie die Läden auseinander nahmen.
Also hat alles mit ein par Kids in Simi Valley begonnen ...
Felix: ... und einem Bookingtypen, der die Band genau zur richtigen Zeit getroffen und ihr einen Stoß in die richtige Richtung gegeben hat. Er hat uns dann allerdings nie irgendwelche Auftritte beschafft.
Nick: Wir haben aber ein paarmal auf Partys in Simi Valley gespielt, gecoverte Rocksongs für betrunkene Hippies. Felix sollte immer erst für die letzten fünf Stücke auf die Bühne kommen, weil er mit seinem Gesang eine Gartenparty schneller räumen konnte als eine Polizeisirene.
Felix: Wir mussten also dringend raus aus Simi Valley, irgendwohin, wo mein neuentwickelter Schreigesang geschätzt wurde.
Nick lebt ja inzwischen in San Francisco, wie arbeitet ihr eigentlich heutzutage?
Felix: Nick und ich haben eine zeitlang zusammengewohnt und jeden Tag gesoffen und Lieder geschrieben. Im Team können wir das einfach am besten. Ich bin viel unterwegs und schreibe dann viele Texte in Wartehallen oder im Flugzeug. Vier- oder fünfmal im Jahr kommt Nick für ein langes Wochenende zu mir und wir starten ein kreatives Saufgelage. Wir nennen es „Das Auge des Sturms“. Wenn wir zehn oder zwölf Songs fertig haben, machen wir Demoaufnahmen.
Und wir lange braucht ihr dann, um ein Album fertig zu kriegen?
Felix: Ungefähr einen Monat später treffen wir uns noch mal für ein Wochenende bei mir und proben mit der ganzen Band die vier oder fünf Songs, die wir aufnehmen wollen. Danach feiern wir bis zum Umfallen. Am Samstagmorgen schmeiß ich die verkaterten Jungs gegen halb zehn aus dem Bett, meine Frau macht uns ein tolles Frühstück und wir fahren ins Studio. Mittags sind wir irgendwann soweit und können aufnehmen. Wir fangen mit Schlagzeug und Gitarren an, nach einer kleinen Pause kommt dann Nicks Gesang. Am Sonntag wird mein Gesang aufgenommen, wir mischen das Ganze grob ab, machen zwei Kopien und dann bringe ich Nick zum Flughafen. Für das neue Album „Hatred On The Rise“ haben wir diese ganze Prozedur viermal gemacht.
Warum habt ihr eigentlich damals eine Pause eingelegt?
Nick: Das war von 1983 bis 1987, als wir einfach nicht miteinander gesprochen haben. Wir kamen von einer teilweise sehr stressigen, aber erfolgreichen Tour mit ein paar richtig großen Shows, wollten uns gegenseitig anrufen und ein par Tage später treffen ... und dann sind vier Jahre ins Land gegangen, bis Walt und Felix sich mal zufällig irgendwo über den Weg gelaufen sind. Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass wir Felix’ Soloalbum aufgenommen haben. Danach haben wir noch mal bis 1992 pausiert, allerdings auch ganz inoffiziell. Dann kam „Traditional Values“, eine großartige Platte, Punkrock in Perfektion. Byron Coley war begeistert. Die Aufnahmen haben uns allen richtig Spaß gemacht – allen außer Spike Marlin natürlich.
War das der Produzent?
Felix: Ja, Spike und Nick verbindet eine Hassliebe: Er vergötterte Nicks Gitarrenkünste, den Rest an ihm weniger ... Na ja, auf jeden Fall haben wir damals kapiert, dass wir die Sache am Laufen halten müssen. Seitdem machen wir jetzt alle zwei, drei Jahre ein neues Album zusammen. Normalerweise dauert es ein Jahr, um die Lieder zu schreiben und aufzunehmen, und dann noch ein Jahr bis zur endgültigen Veröffentlichung.
Was macht eure aktuelle Platte „Hatred On The Rise“ aus?
Felix: Dass es gelang, die Ursprungsband wieder zusammenzubringen, war auf jeden Fall schon eine schöne Überraschung. Und es war lustig zu sehen, wie die neueren Bandmitglieder vor der Herausforderung standen, mit dem, was die alten Herren aufgenommen hatten, Schritt zu halten. Das hat dem ganzen Projekt noch mal zusätzlichen Schub gegeben.
Wie seid ihr eigentlich zu eurem Label in Schweden gekommen?
Felix: Big Mike hat mir erzählt, dass unser Vertriebslabel in Schweden, Just 4 Fun Records, unsere letzte CD „Addictions & Heartache“ massenweise verkauft hat und die Jungs auch große RF7-Fans sind. Also hat Nat von Puke N Vomit Records, wo „Addictions & Heartache“ erschienen ist, vorgeschlagen, dass wir die Veröffentlichung diesmal direkt mit Just 4 Fun koppeln und mal schauen, wie sie sich als Europarelease so macht.
Also steht jetzt für RF7 auch mal eine Europatour an?
Felix: Wir arbeiten dran, und hoffentlich können wir dann im Spätsommer oder im Herbst mal für ein paar Wochen nach Europa kommen.
Und was kommt danach?
Felix: Wir haben nächstes Jahr unser dreißigjähriges Jubiläum.
Nick: Das soll ein richtig großes Jahr werden!
Wie lange wollt ihr noch weitermachen?
Nick: RF7 ist unsterblich. Denn es geht nicht darum, was man von uns denkt, uns interessiert nur die Musik an sich. Wir gedenken nicht, damit aufzuhören.
Felix: Wir haben jetzt eine größere Fangemeinde und kommen an viel bessere Gigs als früher, also machen wir verdammt noch mal weiter, solange wir uns nicht blöd dabei vorkommen.
Für mich ist RF7 eine der größten Bands der letzten zwanzig Jahre. Ich könnte mir vorstellen, dass euch größere Anerkennung nur verwehrt blieb, weil ihr eure Platten in so unregelmäßigen Abständen veröffentlicht habt.
Felix: Glücklicherweise sind wir auf den Samplern „Public Service“, „American Youth Report“, dem ersten „Flipside“-Video und der Channel 11-Dokumentation vertreten. Dadurch sind wir untrennbar mit BAD RELIGION, BLACK FLAG, CHANNEL 3, T.S.O.L und den ganzen andern großen Bands verbunden, die du damals mit auf den „American Youth Report“-Sampler gepackt hast – das sind echte Referenzen.
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