RAZOR CRUSADE

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Wenn mir eine Platte den verregneten Sommer doch ein wenig angenehmer gestaltet hat, dann dürfte es zweifelsfrei das Debüt der Holländer RAZOR CRUSADE sein. Diese noch sehr junge Hardcore-Band der neueren Schule legt nun nach der vielbeachteten letztjährigen „Are You Wired?“-EP auf dem Qualitätslabel Reflections mit „Infinite Water“ ein erstklassiges Debüt vor, das nicht nur optisch, sondern auch musikalisch vollends zu überzeugen weiß – in bester QUICKSAND-, SNAPCASE- und REFUSED-Manier. Innerhalb kürzester Zeit konnte man sich vor allem live auch einen Namen außerhalb der holländischen Deiche machen und beackerte zusammen mit solchen großen Namen wie CONVERGE und HOPE CONSPIRACY die Bretter, die die Welt bedeuten. Nachdem nun „Infinite Water“ nicht mehr aus meinem CD-Spieler wegzudenken ist, nahm ich mir gerne die Zeit, den gutgelaunten Harm mal zu kontaktieren, Bassist meiner momentanen Lieblingskapelle.
Wer ist Alex, dem ihr ja scheinbar den ersten Song eurer neuen Platte gewidmet habt?

„Alex ist ein sehr guter Freund von uns, und wir wollten das Album mit einem Stück für ihn beginnen, angelehnt an SONIC YOUTH. Während eines Liedes haben die das Stück unterbrochen, und es jemanden namens Gordon gewidmet, das fanden wir ganz witzig. Halt einfach nur ein kleiner Tribut an unseren Freund und an unsere absolute Lieblingsband.“
Machen euch die wachsenden Klimaveränderungen Angst, ich meine, schließlich kommt ihr ja aus Holland?
„Haha! Ja, ein wenig, da wir ja unter dem üblichen Meersspiegel liegen, ist das schon ein wenig beängstigend, wenn man mitbekommt, dass der stetig steigt. Vor gar nicht allzu langer Zeit sind auch mal wieder ein paar Deiche gebrochen und Holland mal wieder geflutet wurde. 1953 war mal eine ganz üble Überschwemmung, ich glaube sogar die größte Katastrophe, die Holland bisher erlebte. Man rennt halt mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch rum, wenn es mal wieder mehrere Tage lang nur regnet oder man sich in einem gefährdeten Gebiet aufhält. Aber zum Glück ist unser Proberaum in einem der höher gelegenen Teile Hollands, wenigstens ein kleiner Trost.“
Eure neue Platte „Infinite Water“ beschreibt eure persönliche Sicht von Holland. Welches sind die positiven und die negativen Merkmale eures Heimatlandes?
„Also mir fallen spontan nur negative Merkmale ein, obwohl ich hier gerne lebe. Unsere Politik ist momentan ein sehr großer negativer Aspekt, da sie nach rechts ziemlich offen ist. Unser derzeitiger Präsident ist ebenfalls nicht das Beste, was Holland passieren konnte, wenn nicht sogar das Schlimmste von allen. Er ist zwar jung, aber da liegt, glaube ich, das Problem. Weil er so jung ist, hat er keinerlei Erfahrung vorzuweisen und macht eigentlich nur Mist. Tja, positive Argumente fallen mir jetzt auf die schnelle nicht so recht ein, zwar ist es ganz witzig, dass sich Holland in einigen Finanzfragen gegenüber Deutschland und Frankreich querstellt, aber ob das für die Zukunft so eine gute Entscheidung ist, bleibt abzuwarten.“
Wie schaut‘s aus mit Coffeeshops? Deutsche lieben Holland für ihre Coffeeshops!
„Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen, hehe. Also ich gehe nicht in solche Coffeeshops, da trink ich mir lieber ein oder zwei Bierchen und stoße darauf an, dass ich nicht mehr Straight Edge bin.“
Eine sehr gute Entscheidung! Und zum Bierchen gehört selbstverständlich auch Fußball gucken. Irgendwelche fachmännischen Kommentare zur diesjährigen EM?
„Wir waren schlecht, wirklich schlecht. Aber es hätte schlimmer kommen können, wir hätten vor euch aus dem Turnier fliegen können, haha. Aber ich sehe der nächsten EM mit einem Lächeln auf dem Gesicht entgegen. Keine Ahnung, ob es schon offiziell bekannt ist, aber wir haben jetzt eine lebende Legende als neuen Trainer, der für ordentlich Pfeffer im Arsch sorgen wird und Holland wieder zum Sieg verhilft!“
Hm, Themenwechsel: Wo guckst du zuerst hin, wenn du eine fremde Toilette betrittst?
„Haha, ein sehr guter Freund und ich schreiben gerade ein Buch zu diesem Thema, und ich hoffe, wir werden damit Ende des Jahres fertig. Das was mich am meisten interessiert, sind Zeitschriften, überwiegend Musikzeitschriften und Fanzines, und ob die Örtlichkeiten auch sauber sind oder nicht. Ich finde, diese beiden Aspekte, Zeitschriften und Hygiene in Toiletten, sagen eine Menge aus über den Charakter eines Menschen. Aber mehr dazu gibt‘s hoffentlich in Kürze in unserem Buch ‚Where do you look first at other people‘s toilets?‘ nachzulesen.“
Wie würdest du eure Entwicklung von „Are You Wired?“ zu „Infinite Water“ beschreiben?
„Nun, unsere EP beinhaltet sechs Songs, die mehr in die Hardcore-Ecke gehen, trotzdem aber schon unsere Bemühung aufzeigen, mehr Melodien zu integrieren, wie sie auf ‚Infinite Water‘ zu finden sind. Die damaligen Stücke könnten ebenso gut auf unserem Debüt drauf sein, jedoch ist der einzige Unterschied, dass wir uns bei den neueren Liedern mehr ums Detail gekümmert haben. Während unsere EP noch recht new-schoolig ist, dürfte ‚Infinite Water‘ eher in die Alternative-Rock-Ecke gehen, mit einem kleinen Anteil an Post-Hardcore. Wir sind mit beiden Platten sehr zufrieden, jedoch freut es uns, dass unser neuer Sänger Ivo das Material bzw. unsere Musik auf ein höherem Level gebracht hat, und uns somit mehr Möglichkeiten gibt, unsere Fähigkeiten auszubauen und noch bessere und hoffentlich auch gute Musik zu schreiben. Trotzdem würde ich uns noch eher als eine Hardcoreband einordnen, und weniger als Rock-Band.“
Wenn du die Möglichkeit hättest, in einer der folgenden Bands zu spielen, für welche würdest du dich entscheiden: MÖTLEY CRÜE oder MINOR THREAT?
„Haha, ich finde beide Bands haben was, aber ich bleibe doch lieber dem Hardcore treu und würde meinen Bass bei MINOR THREAT unterbringen. Das liegt mir auch mehr, als dauernd diesen Glam-Rockkram zu spielen, auf mein Styling zu achten und die Welt mit noch mehr FCKW vollzunebeln. Außerdem, glaube ich, wäre ich für so ein MÖTLEY-Leben nicht geeignet, ständig der viele Alkohol, Drogen und die ganzen Groupies ... Okay, die Groupies wären in Ordnung, haha. Ich glaube, wenn irgendwann ein Buch über uns rauskommt, dürfte es eines der wohl langweiligsten Bücher über eine Band sein, das jemals geschrieben wurde, haha. Für einen Außenstehenden ist so was zwar immer ganz witzig zu lesen, aber wenn ich mir vorstelle, dass meine Familie oder sogar eventuell irgendwann mal meine Enkel diese alten Kamellen über mich lesen, würde ich mich in Grund und Boden schämen.“
Wann kann man sich denn von eurem langweiligen Tourleben livehaftig überzeugen?
„Tourleben ist ja generell langweilig, aber auf der Bühne machen wir natürlich Party und wollen so viele Ärsche treten wie es nur geht, ist ja klar! Ab Herbst sind wir ziemlich oft unterwegs und machen kleine Wochenendtouren und ich schätze auch eine ausgedehnte England-Tour, bevor wir Anfang nächsten Jahres dann Europa im Sturm erobern werden.“