RAYMEN

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Ins Gruppengrab mit THE RAYMEN

Es gibt Bands, die will man einfach immer und immer hören. Manchmal begleiten einen solche Band fast durch das ganze Leben. Eine dieser Bands sind die Gothabilly-Death-Country-Musiker THE RAYMEN. Die Band hob schon 1985 ihren Kopf aus der Ursuppe und kroch bald in meine jugendlichen Gehörgänge. Dann war lange Zeit nichts oder besser gesagt nichts Neues von ihnen zu hören. Jetzt endlich ist mit „Sinister Funtime“ ihr neues Album erschienen, doch das war auch nicht ganz so einfach, wie Sänger Hank Ray, Tommy Favorite und Tex Napalm im Interview bestätigen.

Ihr scheint kein Glück mit Labels zu haben. Euer neues Album „Sinister Funtime“ sollte bei Knockout rauskommen, jetzt erscheint es auf El Bruto Records. Was war da los?

Hank: Nein, Glück hatten wir mit den Labels zuletzt wirklich nicht. Ich denke aber, man sollte da jetzt öffentlich keine schmutzige Wäsche waschen.

Tommy: Knockout ist kurzfristig abgesprungen, belassen wir es dabei. Die Tour war schon gebucht und alles andere hätte bedeutet, dass wir eine Tour zur Platte ohne Platte machen. Also mussten wir umswitchen und haben die Platte auf Tex’ Label El Bruto in Kooperation mit Hound Gawd! selbst rausgebracht.

Tex: Mich erreichte die schöne Nachricht inmitten einer anderen Tour auf der anderen Seite dieses Planeten. Das war dann das Einzige, was ich von meiner Seite via Smartphone aus der Entfernung noch klarmachen konnte – obwohl mein Label eigentlich ausschließlich als Digitallabel fungieren sollte.

Wieso hat es generell so lange gedauert, bis ihr ein Label gefunden hattet?

Hank: Wir hatten vor Knockout ja schon ein andere Plattenfirma, die die Platte rausbringen wollte, da war auch schon alles geklärt. Die sind leider kurz vor der Veröffentlichung pleite gegangen. Dadurch hat sich alles noch mal um fast ein Jahr nach hinten verschoben. Manches braucht ja auch immer eine gewisse Vorlaufzeit.

Tex: Richtig, die Sache war in trockenen Tüchern, und uns erreichte – nach wochenlanger Funkstille – dann über Dritte die Nachricht von der Pleite. Dadurch fing für uns die Suche von vorne an.

Seid ihr so schwierig im Umgang oder zu perfektionistisch?

Hank: Das denke ich nicht. Wir haben die Platte komplett selbst aufgenommen und produziert. Das Cover hat mein Kumpel Rudi Protrudi von den FUZZTONES gemacht. Fotos, Video, alles war schon vorhanden. Es ist schön, wenn man bei solchen künstlerischen Fragen selbst die Kontrolle hat.

Tommy: Dafür haben wir auch die Zeit und die Arbeit investiert und mussten das alles finanzieren, ohne irgendwelche Vorschüsse. Wir haben letztlich ein komplett fertiges Produkt gehabt, das ein Label „nur noch“ rausbringen musste.

Tex: Ich kann es mir nicht verkneifen, mich zu fragen, warum man als Band von der fertigen und selbstbezahlten Studioaufnahme bis zum Artwork alles anliefert und dann von Labelseite gar nichts mehr investiert werden soll. Das darf man nicht nur auf unseren Fall zu beziehen, derartige Angebote scheinen meiner Ansicht nach zur Regel zu werden. Wer aber als Label nichts riskiert, sitzt vermutlich auch nicht mit dem nötigen Elan dahinter, sein „Produkt“ auch in den „Markt“ zu drücken. Damit sparen sich die kleinen Labels gerade selbst kaputt.

Erscheinen trotzdem wie geplant CD und LP?

Hank: Nein, eine CD ist zur Zeit nicht mehr geplant. Der LP ist aber ein Download-Code beigelegt, damit man sie auch digital zur Verfügung hat.

Tex: Die CD ist, zumindest im Vollpreis, tot. Wenn man überhaupt noch physische Tonträger verkauft, dann wird sich das zumindest im Rock’n’Roll-Bereich wohl eher um limitiertes Vinyl mit Goodies handeln. Da gehen wir gerne auch ideologisch wieder in die Vergangenheit.

Seit eurem letzten regulären Album sind 13 Jahre vergangen. Warum hat es so lange gedauert? Was hat sich in der Zwischenzeit verändert?

Hank: Nach „Hollywoodhell“ haben ich ja einige Solosachen gemacht. Die Idee zu „Sinister Funtime“ existierte zwar schon einige Jahre, auch das meiste Material, aber die Umsetzung hat sich dann doch länger hingezogen. Jobs, Familie, andere Bands und Projekte, die Distanz zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet, da steckt dann auch immer mehr Organisation und Aufwand dahinter.

Tex: Andererseits erspart man sich so das lästige Proben ...

Hank Ray hat in der Zwischenzeit viele Soloalben veröffentlicht. Wart ihr anderen auch musikalisch aktiv?

Tommy: Tex und ich spielen seit Ende der Neunziger zusammen, damals zuerst bei VAMPYRE STATE BUILDING, danach bis vor nicht all zu langer Zeit im IRON COBRA ORCHESTRA, nebenbei auch zusammen mit Pete Voltage, der auf der Tour am Bass eingesprungen ist.

Tex: Ich habe auch noch haufenweise Solosachen gemacht, und habe mit meinem französischen Drummer Dimi Dero zwei LPs veröffentlicht – das sind allerdings Sachen, die seltsamerweise international deutlich besser funktionieren als hierzulande. Mit dem neuen Album „Party Animals“ waren wir etwa gerade in Australien auf Tour. Dann gibt es noch, ebenfalls mit Pete Voltage, TEX NAPALM AND THE SILVER SPADES. Das ist ein eher aufwändiges Projekt, wenn das Album im Spätsommer fertig wird, wissen wir mehr.

Wie kommen die Songs von „Sinister Funtime“ bisher bei den Fans an? Ihr seid ja gerade mal wieder auf Tour.

Hank: Die Shows laufen bisher richtig gut. Und das neue Material passt da zu 100% rein. Klar, zum Ende, wenn die alten Hits kommen, geht die Stimmung noch mal hoch.

Tommy: Man muss halt auch sehen, dass kaum jemand auf den Konzerten das neue Material schon gehört haben dürfte. Die Platte kam exakt einen Tag vor Beginn der regulären Tour aus dem Presswerk. Zumindest da hat das Timing dann mal gestimmt.

Tex: Wir spielen einfach konsequent alles im selben Tempo und der gleichen Lautstärke, dann ist es ohnehin egal. Wer auf Garage und Rock’n’Roll steht, lässt sich davon auch mitreißen. Hätte es ein Country-Album werden sollen, hätten wir drauf geschrieben: „Hank Ray solo“.

Meinem Eindruck nach seid ihr noch düsterer und wütender geworden. Kann das sein oder habe ich was an den Ohren?

Hank: Hm, im Vergleich zu „Hollywoodhell“, das ja für RAYMEN-Verhältnisse eher poppig war, stimmt das sicherlich. Aber das war keine bewusste Entscheidung, das hat sich während der Aufnahmen so ergeben. Wir sind einfach daran gegangen mit der Idee, wieder eine konsequente und kompromisslose RAYMEN-Platte zu machen. Vielleicht fehlt ein wenig das Comic/Horror-mäßige der ersten Platten, was Songs wie „Haunted house“, „Hillbilly werewolf“ oder „It came from outer space“ hatte. Ich stehe zwar immer noch auf Jack Arnold, Ray Harryhausen und das ganze Zeug, aber das schlägt nicht mehr so durch, wie das noch mit zwanzig der Fall war.

Tex: Dazu kommt aber auch, dass wir anderen drei damals mit IRON COBRA ORCHESTRA zwar auch in Swamp und Garage gewildert haben, gleichzeitig aber auch massiv von BIRTHDAY PARTY und AmRep-Noiserock beeinflusst waren. Das hört man gerade bei den langsameren Nummern gut raus, eine puristische Rock’n’Roll-Band würde so etwas anders spielen. Und vermutlich auch anders mit den Sounds umgehen.

Was sollte mal auf eurem Grabstein stehen?

Hank: „Out to lunch“.

Tommy: Ich habe eigentlich nicht vor, schon so bald abzutreten. Aber wenn es was Lustiges sein soll: „Besser eine schwarze Lunge als eine schwarze Seele“. Und der Spruch könnte am Ende sogar zutreffen ...

Tex: Ich verstehe die Frage nicht, bekommen wir ein Kollektivgrab?

Pro Band nur ein Grab! Spart Platz und ist auch gleich viel kuscheliger.