RAMONAS

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Speak up, speak up!

Wer einmal die RAMONAS aus England live erlebt hat, wird mir zustimmen: besser kann man dieses RAMONES-Ding einfach nicht auf die Bühne bringen. Live liefert das Quartett eine erstklassige, energiegeladene Rock’n’Roll-Show mit Nostalgie-Garantie ab. Also wann immer sich die Chance bietet, hingehen! Authentisch gespielte RAMONES-Classics treffen auf rebellische Attitüde.

Vicky aka „Pee Pee“ (bs), Lisa aka „Cloey“ (voc), Maxine aka „Rhonney“ (gt) und Sadie aka „Skitchy“ (dr) sind live unschlagbar, halten seit ihrer Gründung 2004 mit ihrer unwiderstehlichen Energie den Punkspirit am Leben, sind eine Zeitmaschine par excellence. Gleichzeitig geht der Blick motiviert nach vorn und sie erweitern stetig ihr eigenes Repertoire. Punk ist tot? Dank dieser Grrrls ist er lebendiger denn je! Wir nahmen die anstehende Veröffentlichung der LP „High On life“ auf Campary Records zum Anlass für ein Interview. Dafür hat die Band eine Auswahl ihrer Eigenkompositionen zusammengestellt.

Was habt ihr für 2024 auf eurer Agenda?
Vicky: Wir feiern dieses Jahr das zwanzigjährige Bestehen der Band, was wirklich sehr aufregend ist! Wir haben einige tolle Gigs vor uns, darunter das Rebellion Festival und eine große Show im Shepherd’s Bush Empire in London, wo wir die UK SUBS supporten werden. Das wird Charlie Harpers 80. Geburtstag!
Lisa: Wir spielen dieses Jahr auch zum ersten Mal in Polen, darauf freuen wir uns besonders Wir haben auch begonnen, neues Material zu schreiben, so dass wir hoffentlich in naher Zukunft eine neue Scheibe am Start haben werden.

Welche neuen, alten RAMONES-Hits, welche neuen eigenen Hits habt ihr für die Tour im Gepäck?
Vicky: Wir spielen eine spannende Mischung von RAMONES-Songs aus ihrem riesigen Backkatalog, natürlich die von den frühen Alben, die jeder erwartet, aber auch einige spätere Titel wie „Pet sematary“, „Poison heart“, „Chasing the night“ und „Wart hog“. Wir spielen natürlich auch ein paar unserer eigenen Songs, hauptsächlich von unserem letzten Album „Haphazard“, aber auch „First world problems“, den Titeltrack von unserem Debütalbum, der kommt live immer gut an.

Wo gibt es die enthusiastischeren RAMONES-Fans, was meint ihr?
Lisa: Ich glaube immer noch, dass es in Deutschland den größten Enthusiasmus gibt! Das ist auch der Grund, warum wir Deutschland so sehr mögen.

Ganz zufällig kommt die Tage auch auf dem deutschen Label Campary Records „High On Life“ raus ...
Maxine: Ja, das ist eine tolle Sache für alle, die unser Zeug noch nicht kennen. Es ist eine schöne Mischung aus Songs von unseren früheren Veröffentlichungen. Da die längst so gut wie komplett ausverkauft sind, war das eine coole Gelegenheit, einen repräsentativen Querschnitt der Songs auf einer Platte festzuhalten, während wir hinter den Kulissen mit dem Schreiben von brandneuem Material beschäftigt sind.

Auf was dürfen wir uns freuen, welchen Einfluss hat das Weltgeschehen auf das Songwriting?
Maxine: Es gibt im Moment jeden Menge Themen, über die man schreiben kann. Von echt krassen Weltkrisen bis hin zu persönlichen Kämpfen – die Liste ist endlos und eigentlich ein bisschen überwältigend. Es gibt viele Perspektiven, die wir hier einnehmen können, um unsere Stimmen zu nutzen. Aber die neuen Songs sind definitiv noch in der Schreibphase, so dass wir im Moment nicht viel verraten können, selbst wenn wir es wollten.

Ich glaube ja, dass unsere Welt deutlich friedvoller wäre, wenn Frauen mehr Einfluss hätten ... Auch in unserer Punk-Szene ist längst nicht alles so, wie es sein sollte. Wie sind eure Erfahrungen, persönlich wie als Band? Habt ihr den Eindruck, etwas verändern zu können?
Vicky: Insgesamt würde ich schon sagen, dass sich die Dinge langsam in die richtige Richtung bewegen, da immer mehr Frauen auf der Bühne stehen, und wir sind stolz, dabei zu sein. Aber weil die klassischen Punkbands, die immer noch aktiv sind, ziemlich männlich dominiert und in der Regel auch Headliner auf den meisten großen Festivals sind, sieht man in dem Rahmen immer noch nicht besonders viele Frauen ... Na ja, es wird noch eine Weile dauern, bis sich das durchsetzt, es eben normal ist, dass Frauen rocken, aber wir arbeiten dran.
Maxine: Auch wenn sich jetzt für Frauen vieles besser und sicherer anfühlt – es gibt unbestreitbar immer noch ein großes Sexismus-Problem in der Musikbranche. Auch in unserer Szene. Es ist ständig und überall präsent. Leider.
Lisa: Wir bekommen immer noch etliche dumme Kommentare von Männern und auch Frauen, die uns daran erinnern, dass es noch ein weiter Weg ist, bis sich die Mentalität der Menschen ändert. Trotzdem ist die Punk-Szene insgesamt sehr aufgeschlossen und wir ziehen unser Ding durch.

Wie habt ihr eigentlich diese originalen RAMONES-Moves einstudiert? Songs nachspielen ist das eine, das Ganze live auf der Bühne authentisch rüberzubringen noch mal eine andere Nummer.
Maxine: Ich glaube, wir sind alle von Natur aus sehr energiegeladen – und es ist doch echt schwer, sich nicht zu bewegen, wenn man solche Lieder spielt. Das wäre seltsam und echt langweilig.
Vicky: Da ich natürlich ein großer RAMONES-Fan bin, habe ich mir viele Live-Videos angeschaut und liebe es, wie Dee Dee immer vorne auf der Bühne steht, springt und mit den „One-two-three-fours“ am Mikrofon durchdreht! Das ist die Energie, die wir gerne zu den Gigs mitbringen. Letztlich ist wohl so, dass man als eingefleischter Fan das ganze Acting und Posing irgendwann ganz natürlich, quasi von alleine draufhat.

Was würden die Original-RAMONES sagen, wenn sie euch auf der Bühne spielen sehen könnten?
Lisa: Wir wurden 2010 von Richie Ramone kontaktiert und arrangierten eine gemeinsame Show im Underworld in Camden, seitdem sind wir in Kontakt geblieben. Er hat uns auch freundlicherweise ein paar Gitarren geliehen, als wir in L.A. einen Auftritt hatten. Wir waren auch mal Support von CJ Ramone und haben unsere eigenen Songs gespielt. Also im Grunde haben uns alle RAMONES, die noch da sind, immer sehr unterstützt. Ich hoffe, dass Joey, Johnny, Dee Dee und Tommy sich freuen würden, dass ihre Songs bis heute live gespielt werden, und das vor einem ständig wachsenden Publikum, das ihre Musik immer noch liebt!
Vicky: Wir haben auch einige wirklich nette Kommentare von Vera Ramone King erhalten, die sagte, dass die Jungs garantiert stolz darauf wären, dass wir die Songs weiterhin live aufführen, damit die Leute sie genießen können.

Spannend ist ja eure Beziehung zu den UK SUBS. Wie kam es dazu, welchen Einfluss hat Punkrock-Oldie Mr. Harper auf euch?
Vicky: Wir haben dieselbe britischen Booking-Agentur wie die UK SUBS und schon echt viele Shows mit ihnen gespielt. Charlie und wir wurden Freunde, als wir anfingen, unsere eigenen Songs zu schreiben und zu veröffentlichen. Er war sehr interessiert und unterstützte unser Debütalbum, und kam sogar zu uns ins Studio, um bei einem Song als Gastmusiker mitzuwirken. Seitdem war er bei einigen Stücken als Gast dabei und hat uns auch schon auf der Bühne auf der Mundharmonika begleitet. Es ist ein bisschen surreal für uns, aber es ist alles einfach so passiert. Wir sind sehr glücklich, eine besondere Verbindung zu ihm zu haben, und noch glücklicher, dass wir bei seinem achtzigsten Geburtstag spielen und ihm standesgemäß gratulieren dürfen.

Ihr seid noch in diversen weiteren Projekten aktiv. Was nehmt ihr daraus für eure Band mit?
Maxine: Ich lerne aus allen musikalischen und nicht-musikalischen Abenteuern, die ich erlebe, und nehme davon etwas für mich mit. Eine persönliche Note macht Menschen und Bands erst einzigartig.
Lisa: Ich denke, es ist gut, dass man uns nicht alle in eine Schublade stecken kann, wenn es um Musik geht. Die Tatsache, dass wir alle in andere, teils völlig verschiedene Musikprojekte involviert sind, hält uns wach und sorgt vor allem dafür, dass wir uns als Musikerinnen weiterentwickeln – was wiederum dazu beiträgt, dass wir auch live noch besser rüberkommen.

Wird die Zeit kommen, in der ihr nur noch eure eigenen Stücke spielt, oder ist das RAMONAS-Ding ohne Coversongs nicht möglich?
Maxine: Wir hatten schon viele Konzerte, bei denen wir nur unsere eigenen Songs gespielt haben. Aber solange die Fans es wollen und die Veranstalter uns buchen, werden wir die RAMONES-Shows nicht einstellen, und ebenso werden wir, solange die Fans es wollen und die Veranstalter uns buchen, auch weiterhin unsere eigene Musik spielen, haha. Beides kann und wird zusammen existieren. Meistens kombinieren wir beide Elemente in unseren Live-Shows, das fügt sich perfekt zusammen, obwohl unser eigenes Material doch deutlich anders ist.