In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer und Cover gestalten. Diesmal sprechen wir mit Fabian Stiebler, den man unter staygoldgrafix findet.
Bitte stell dich vor. Name, Alter, Beruf, Szeneaktivitäten, wie und wann zu Punk/Hardcore gekommen?
Ich heiße Fabian Stiebler, bin 41 und freiberuflicher Grafiker und Illustrator. Außerdem teile ich durch Workshops, etwa zum Thema Character Design, meine Begeisterung fürs Zeichnen mit Kindern und Jugendlichen. Ich bin in Villach aufgewachsen, einer Kleinstadt, um nicht zu sagen einem Kaff im Süden Österreichs. Mit rund 15 Jahren bin ich über Skate- und Snowboard-Videos auf BAD RELIGION, NOFX, NUFAN und Co. gestoßen: Die Neunziger und Melodycore waren genau mein Ding! Das motivierte mich dazu, selbst in einer Band zu spielen, und da ich immer schon gezeichnet habe, malte ich gleich die Logos und Artworks. Mein Vater sammelte Platten und schon als Kind haben mich die Cover fasziniert. Mit zwanzig zog ich nach München, wo ich die Subkulturen kennen lernte und mit Freunden die GUMBABIES gründete. Wir tourten, trafen andere Bands und Veranstalter und so häuften sich die Anfragen für szenebezogene Artworks. Ja, und seitdem hat sich alles entwickelt ...
Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an, wie ging es weiter?
Gezeichnet habe ich schon als Kind sehr gerne und ich hatte das Glück, in meiner Kreativität gefördert zu werden. Wie gesagt, Skaten und Punkrock inspirierten mich zu ersten Artworks und Logos. Nach dem Grafikstudium arbeitete ich mehrere Jahre in Werbeagenturen in München und Wien, was aber immer mehr zu einem Gewissenskonflikt für mich wurde. Deswegen habe ich mich 2014 unter dem Namen Stay Gold Grafix selbstständig gemacht – ich wollte selbst entscheiden, wem ich meine Kreativität widme.
Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe, oder digital am Rechner?
Ich sehe meine Arbeit als Prozess: Alles beginnt mit der Recherche. Ich mag es, mich in Themen einzulesen, mir Konzepte auszudenken und in meine Bildsprache zu übersetzen. Mein Sketchbook habe ich immer bei mir, damit entstehen die ersten Ideen und Skizzen. Zugleich ist es für mich wie ein optisches Tagebuch: Ich zeichne, wann und wo immer ich Zeit habe. Analog male ich am liebsten mit Füller und Tusche, kombiniert mit Aquarellfarben oder Gouache. Bei Aufträgen arbeite ich hauptsächlich digital, da es praktikabler ist und ich so Änderungen oder Wünsche schnell und unkompliziert umsetzen kann.
Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?
Ich hatte das Glück, eine sehr motivierte Kunstlehrerin zu haben, die interessierte Schüler:innen förderte. Später habe ich in München Kommunikationsdesign studiert. Zu meiner Zeit gab es dabei noch viele analoge Inhalte. Vom Aktzeichnen bis hin zu Naturstudien habe ich dabei die Grundlagen gelernt.
Hast du Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?
Ich mag Künstler:innen aus den verschiedensten Bereichen, welche mich bestimmt mal direkter, mal indirekter beeinflussen. Lowbrow Art, Gigposter und -flyer, Streetart, Tattoos, Comics sowie auch alte Film- oder Zirkusposter inspirieren mich besonders. Spontan fallen mir dabei Leute wie Elizabeth McGrath, Emil Ferris, Charles Burns, Honkeykonger, Moebius, Craola, Jeremy Fish, Mike Giant und Etam Cru ein. Popkultur, Skateboarding und Punkrock spielen nach wie vor eine Rolle. Aus der klassischen Kunst sprechen mich Caravaggio, Artemisia Gentileschi, Alfons Mucha, Hieronymus Bosch und Henri de Toulouse-Lautrec an. Darüber hinaus ist sicher die Natur eine der größten Quellen für Inspiration – der Reichtum an Formen, Farben und Verrücktheiten ist fast grenzenlos.
Gibt es deine Kunst zu kaufen? In welcher Form – Originale oder Drucke? Wie und wo? Und was muss man dafür ausgeben?
Neben Originalen gibt es auch immer wieder limitierte Print-Serien meiner Arbeiten zu kaufen. Im Moment bastle ich auch gerade an einem Shop, in dem es diverse Motive auf Shirts zu erstehen geben wird. Für News und Infos folgt ihr mir am besten auf Instagram @staygoldgrafix – da gibt es auch immer wieder Einblicke in meine Arbeitsweise.
Arbeitest du völlig frei oder auch im Auftrag? Etwa für Bands oder Konzertveranstalter?
Ich mache beides, also freies – wenn man so will – künstlerisches Arbeiten, aber auch Aufträge jeglicher Art. Von Logos bis zu Animationen, von Wandbildern bis zu Covermotiven, von Shirtmotiven bis zu Musikvideos decke ich alles ab – diese Abwechslung will ich mir auch erhalten! Der Musik und der Szene gehört allerdings mein Herz und in diesem Bereich arbeite ich besonders gerne.
Was ist mit Ausstellungen? Gab es welche, wird es welche geben? Wann und wo?
In den vergangenen Jahren war ich immer wieder Teil von Gruppenausstellungen, etwa im Soon Art Studio oder bei Improper Walls in Wien. Meine erste Solo-Show sollte letzen März im Rahmen des Nextcomic Festivals in Linz stattfinden, aber dann war alles anders ... Fuck Corona!
Was gibt dir deine Kunst emotional?
Zeichnen und Malen sind mein Brotjob, aber eben auch meine Leidenschaft und eine Beschäftigung, die mich ein wenig von der Welt ablenkt – auch meditativ, wenn man so will. Ich kann mich über die Kreativität ausdrücken und darin Entspannung finden. Mir ist es wichtig, beruflich wie privat, mir selbst treu und mit Spaß bei der Sache zu bleiben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Joachim Hiller