POPMPEII können stolz darauf sein, die erste gute Emo-Band seit langem zu sein. Sie können in dem Sinne stolz darauf sein, dass ihr Emo viel mehr mit PROMISE RING, GET UP KIDS und im weitesten Sinne auch mit APPLESEED CAST zu tun hat als mit aufgesetzter und hinter Neonfarben versteckter „Teenage Angst“. POMPEII haben mit „Nothing Happens For A Reason“ ein Album veröffentlicht, das manchmal an die besten Alben aus der künstlerischen Blütezeit einer Musikrichtung erinnert, als zum Beispiel JIMMY EAT WORLD die Welt erobern konnten, das aber auch niemals zu sehr nach jemand anderem klingt. Das Debüt der fünfköpfigen Band um Sänger und Gitarrist Dean Stafford funktioniert fantastisch, wenn man es sich über Kopfhörer anhört, aber es zieht einen genauso auf die Tanzfläche. Wie haben die das bloß geschafft?
Einen großen Anteil zum Exotenstatus von POMPEII trägt bestimmt Cellistin Caitlin bei, die mittlerweile nicht mehr aktives Mitglied der Band aus Austin, Texas ist. Dank ihren dezent eingesetzten Streichersounds innerhalb der melancholischen Post-Hardcore-Songs, die APPLESEED CAST manchmal auf Haaresbreite nahe kommen, scheint der Triumphzug der Band kaum aufzuhalten zu sein. „Unser Schlagzeuger Rob und ich machen schon zusammen Musik, seit wir elf Jahre alt sind. Mit Caitlin war ich damals zusammen, als ich sie fragte, ob sie nicht Lust hätte, mit uns beiden Musik zu machen. Colin stieß zur Band, während in Texas das bekannte SXSW-Festival stattfand, und half uns dort schon am Bass aus. Zu guter Letzt meldete sich dann auch noch Erik auf ein Inserat in einer Gitarren- und Keyboardzeitung und machte die Band dann 2007 komplett“, fasst Dean die Geschichte der Band zusammen.
„Als Erik mit POMPEII als Bandnamen ankam, hatten wir schon einen längeren Prozess der Namensfindung hinter uns. Damals bedeuteten mir der Name und der geschichtliche Hintergrund nicht so viel. Heute passt er meiner Meinung nach ganz gut zu unserer Musik.“
Doch wovon handelt das epische Debütalbum? „Inhaltlich dreht sich ,Nothing Happens For A Reason‘ darum, bereit zu sein, die Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen, und gute sowie schlechte Ereignisse nicht auf das Schicksal zurückzuführen. Es handelt davon, dass wir die Verantwortung für unsere emotionalen Ausbrüche, Handlungen und unser Leben im Allgemeinen tragen müssen. Wir müssen unser Leben selbst in die Hand nehmen, anstatt uns ständig als Opfer einer Gesellschaft anzusehen, das durch sein Handeln nichts ändern kann. ,Nothing Happens For A Reason‘ soll manchen Menschen den Spiegel vorhalten und ihnen vielleicht dabei helfen, neue Denkrichtungen zu beschreiten. Für uns persönlich ist es aber auch ein Album, mit dem wir ein paar Freunden und guten Bekannten gedenken, die in letzter Zeit traurigerweise von uns gegangen sind.“
Für viele mag „melancholisch“ nicht mal annähernd beschreiben, wie POMEII klingen. Die fünf haben ihre verletzliche Seite aber auch durch eine druckvolle, Post-Hardcore-typische Seite abgesichert. Dabei geht es nicht darum, sich zu verstecken. Vor allem Sänger Dean mochte Projektionsfläche für die Emotionen seiner Zuhörer sein und hat seine ganz eigenen Ansichten, was seine Band und die Melancholie angeht: „Ich kann nachvollziehen, dass unsere Musik für viele Menschen melancholisch klingt. Meiner Meinung nach aber repräsentiert Melancholie nicht Hoffnungslosigkeit oder so was. Für mich schmeckt Melancholie bitter und süß zugleich.“
Doch sieht die Band ihr Schaffen auch als ein Gesamtkunstwerk. Man schreibt alle Songs gemeinsam und hat auch bestimmt, wer das Artwork für „Nothing Happens For A Reason“ gestaltet: „Liz Riccardi sollte das Design zu unserem Album entwerfen nachdem sie schon einige unserer T-Shirts entworfen hatte. Das Artwork soll einen kompletten Tag darstellen und damit repräsentativ für die Lebensspanne stehen. Es gibt einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Wenn man sich die Bilder jeweils einzeln anschaut, kann man die Hindernisse erkennen, welche die Tiere darauf überwinden müssen. Da ist zum Beispiel die Schlucht, die von den Pferden auf dem Cover überwunden werden muss, oder das Boot, das ein Gewässer überqueren muss, in dem es vor Seeungeheuern nur so wimmelt. Werden die Pferde es auf die andere Seite schaffen? Werden die Seeungeheuer das Boot zum Kentern bringen? Ein paar Songs auf dem Album handeln genau davon.“ Bassist Colin ergänzt: „Ich sehe in den Pferden auf dem Cover in erster Linie uns als Band. Wir sind auf dem Sprung und müssen die unbekannten Hindernisse überwinden, die irgendwann mal auftauchen.“
Nach ihrer kleinen Europatour Ende 2009 hat die Band sich daran gemacht, neue Songs zu schreiben, um spätestens im Sommer 2010 mit einem neuen Arsenal an Tracks wieder der Welt den Spiegel vorzuhalten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Sebastian Wahle
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #86 Oktober/November 2009 und Sebastian Wahle