Nachdem die Mannheimer PLANKS durch die Wiederveröffentlichung ihres zweiten Albums unter der Flagge von Southern Lord Records ihren Bekanntheitsgrad erweitern konnten, erschien Ende 2012 die dritte LP. Mit „Funeral Mouth“ verabschiedet sich das Trio endgültig vom rauhen Crustcore-Sound ihrer Anfangstage und präsentiert ein ausgefeiltes Songwriting, Anleihen aus dem atmosphärischem Black Metal und wavige Elemente. Erschienen auf Golden Antenna, stieß die Platte durch die Bank auf positive Resonanz. Geführt wurde das Interview am Abend der „Funeral Mouth“-Release-Show im Winter 2012.
Mir ist aufgefallen, dass es auf „Funeral Mouth“ keine Samples aus Filmen mehr gibt. Hatte der Verzicht einen bestimmten Grund, seid ihr der Samples überdrüssig geworden?
Benny: Ich bin sowieso kein Fan davon. Mir ist das eigentlich egal, aber ich fand es cool, auch mal eine Platte ohne Samples zu haben.
Ralph: Ich hatte eigentlich noch ein, zwei Ideen, aber dann haben wir gemerkt, dass die Platte auch ohne Samples prima funktioniert. Dafür haben wir diesmal den Gimmick mit dem Sänger von JUNIUS, der bei „Scythe imposter“ zu hören ist, quasi als Ersatz. Ansonsten hat zum Beispiel „Weak and shapeless“ ein natürliches Intro, was sowieso da war. Ja, es ist tatsächlich die erste Platte ohne Filmsamples, aber es ist auch nicht kategorisch ausgeschlossen, dass so etwas in der Zukunft nochmal geben
Die Spieldauer der einzelnen Titel ist auf „Funeral Mouth“ im Schnitt doppelt so lang wie auf dem letzten Album. Seid ihr mit der Zeit bessere Musiker geworden, die auch komplexere Stücke schreiben können?
Ralph: Ich weiß nicht, bessere Musiker? Benny vielleicht. Frank und ich sind da statisch.
Benny: Es geht da eher um Songwriting. Da hat sich auf jeden Fall einiges getan, da hat sich Ralph gut ins Zeug gelegt.
Ralph: Wie schon bei „Darkest Of Grays“ haben wir uns wirklich auf das konzentriert, worauf wir wirklich Bock haben, und ich höre eben nicht mehr so viel aktuelle Hardcore- oder Metal-Bands. Ich bin mit Pop aufgewachsen und mag auch Dark Wave und Popmusik am meisten. Ich glaube, es war für uns eher wichtig, dass wir Songs schreiben, die einen Spannungsbogen haben, die homogen klingen und insgesamt relativ rund. Manchmal war es einfach so ein Gefühl „geht länger, können wir länger machen“, aber trotzdem erkennen wir auch sehr schnell, wenn ein Part zu lang ist. „The spectre“, das letzte Stück der Platte, dauert zum Beispiel siebeneinhalb Minuten und hat viele Parts, wobei immer Variationen zu hören sind. Wir spielen eben so, dass uns nicht langweilig wird und dass wir uns auch vorstellen können, uns das selbst live anzugucken, ohne dabei einzuschlafen.
Habt ihr mit „Funeral Mouth“ den Sound hinbekommen, der euch für PLANKS schon immer vorgeschwebt hat?
Ralph: Wir standen nie mit dem Anspruch im Proberaum, einen bestimmen Sound zu erreichen. Als wir mit der Band angefangen haben, gab es schon eine klare Positionierung, wo wir hinwollen, aber das konnten wir damals einfach noch nicht spielen. Von dem, was wir damals vorhatten, sind wir mittlerweile auch relativ weit weg.
Frank: Ich glaube auch, dass es einfach eine Entwicklung ist, die jetzt an einem bestimmten Punkt ist, und die wird auch weitergehen. Zum Beispiel, was den Bass angeht, fällt es mir schwer, die alten Sachen jetzt mit einem guten Gefühl zu hören, weil ich mir denke, dass es vom Sound her auch hätte schöner sein können. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass der Bass-Sound sich auch wieder anders entwickeln kann. Das wird er jetzt sowieso, weil ich aus der Band aussteige. Ich denke, Ralph geht es mit der Gitarre eben genauso und beim Gesang ist es so, dass Ralph mit der Zeit viel mehr Variationsmöglichkeiten draufhat, aber da auch noch ein bisschen mehr machen kann und will.
Ralph: Es ist tatsächlich so, dass der Gesang noch der Schwachpunkt ist. Ich würde gerne anders singen können, was ich aber leider einfach nicht kann, weil mir wahrscheinlich das Stimmtraining fehlt oder die Übung. Ich habe auch einen Beruf, in dem man viel spricht, daher ist meine Stimme sowieso immer angeschlagen, deswegen habe ich einen Hang dazu, auch mal Instrumentals zu schreiben, was ich generell im Kontext einer Platte immer spannend finde, denn das lockert das Ganze auf. Wenn ich selbst eine Platte von uns hören würde, auf der jeder Song vollgeballert ist mit Gesang – und da war „Darkest Of Grays“ im Nachhinein relativ überladen –, dann wird es tatsächlich monoton und das würde ich gerne ausarbeiten. Generell schreibe die Songs erst einmal ich, es ist also das, was ich gut finde, und wenn die beiden meinen Ideen zustimmen, dann haben wir es gemacht. Kompromisse sind wir eigentlich nie eingegangen, entweder es hat gepasst oder wir haben es gelassen. Ich bin einfach so durch mit diesem „Wir spielen die ganze Zeit ultra hart“ und über 45 Minuten Gebretter, da höre ich lieber die alten ENTOMBED-Sachen. Das Ziel ist also tatsächlich für mich, die Songs weiter ausreifen zu lassen und PLANKS zu einer Popband zu machen, die nur viel, viel lauter spielt. Ich denke, das kommt eben dem gleich, worauf wir Bock haben. Wir haben einen Konsens Bands betreffend, von denen wir glauben, dass die ihre Sache gut machen, und versuchen, in diese Richtung zu spielen. Aber falls uns das langweilig wird, würden wir es auch sofort lassen.
Auf „Funeral Mouth“ gibt es ein sehr positives Echo. Hat euch das überrascht?
Benny: Also ein bisschen hat es mich schon überrascht. Ich habe jetzt nicht gedacht, dass die Platte schlecht aufgenommen wird, aber wenn ich es mal google, muss ich feststellen, dass es schon ziemlich viel über die Platte zu lesen gibt, und das ist schon krass, das habe ich jetzt nicht ganz so erwartet. Es gibt bestimmt Leute, die enttäuscht sind, die jetzt einfach gerne Crust-Core hören und PLANKS von ihren Anfangszeiten her da einordnen und jetzt merken, dass es sie nicht mehr interessiert, das gibt es bestimmt auch, aber da ist dann wenig Antrieb vorhanden, sich damit auseinanderzusetzen und darüber zu schreiben. Von daher sieht man auch eher die positiven Reaktionen, aber das ist auf jeden Fall toll.
Ralph: Wir haben auch eine Pressemappe bekommen von Magnus, der für Golden Antenna die Promo macht, und darin hat er alle Reviews gesammelt. Da waren zwei Reviews dabei, die meinten: „Ja, ist okay, klingt wie ISIS, klingt wie das, was alle machen“, wo ich dann schon denke, also wie ISIS klingen wir jetzt nicht. Die haben ihre Kritikpunkte und das ist auch vollkommen okay, aber durch die Bank waren die Reaktionen wirklich sehr positiv, was mich doch sehr überrascht hat. Als wir mit der Platte fertig waren, hatte ich das Gefühl, dass die Platte eine Art Übergang darstellt. Schon mit „Darkest Of Grays“ haben wir uns sehr weit weg entwickelt von dem unseren Anfängen und ich finde, wir sind noch nicht da, wo ich uns sehe, mit dem, was wir machen können und was ich gerne machen würde. Ich war gespannt, weil die neue eine sehr gemischte Platte ist. Doch gerade, dass es klingt wie aus einem Guss, wird gelobt, das hat mich positiv überrascht.
Mit „Funeral Mouth“ habt ihr auch Interesse bei Medien geweckt, an denen ihr mit euer Musik bisher vorbeigegangen seid.
Ralph: Da ist vieles durch die Southern-Lord Geschichte gekommen. Es war für mich dann total überraschend, mit dem Metal Hammer zu telefonieren, oder dass Visions einen Artikel über uns machen will. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal in einer Band spiele, die so was macht, aber ich finde es interessant. Ich finde es auch gut, dass auch solche Leute uns mögen. Wir hatten auch mal das Angebot, auf einer Visions-Party zu spielen, es hat dann aber nicht geklappt. Wenn wir solche Shows spielen, wo dann Leute kommen, die nicht unser typisches Publikum sind, finde ich das recht interessant.
Wenn Bands in Verbindung mit größeren Labels treten, in eurem Fall der Deal mit Southern Lord, dauert es meist nicht lang, bis ausgiebig getourt wird. Bei euch war das nicht zu beobachten, warum?
Benny: Die Angebote, auch sehr geile, waren schon da, aber wir haben einfach keine Zeit dafür.
Ralph: Zeit war der ausschlaggebende Faktor. Wir haben nach der Southern Lord-Geschichte natürlich viele neue Kontakte geknüpft. Die ganzen größeren Southern Lord-Bands haben natürlich auch Booking-Agenturen, zum Beispiel Odyssey Booking aus Belgien. Mit SUNN O))) haben wir in Karlsruhe gespielt und dann hieß es, dass wir auch zwei Shows davor und danach mit ihnen spielen könnten, aber das wäre eben unter der Woche gewesen. Ich bin Lehrer, Benny studiert, Frank arbeitet Vollzeit und dann war das einfach nicht drin.
Benny: Die Power Of The Riff-Tour in den USA hätten wir dieses Jahr auch machen können, wenn wir Zeit gehabt hätten, für drei Wochen nach Amerika zu fliegen.
Ralph: Das ist dann tatsächlich auch schon etwas, wo man denkt: „Autsch!“ Wir hätten die Flüge bezahlt bekommen und wären drei Wochen mit MARTYRDÖD, BURNING LOVE und diesen ganzen Riesenbands unterwegs gewesen, und hätten auch keine Backline mieten müssen, was für uns ein ziemlich guter Deal gewesen wäre, aber es ging halt nicht, weil es mitten in der Schulzeit war.
Ist das nicht frustrierend, solche Angebote ablehnen zu müssen?
Benny: Nur ein bisschen, haha. Uns ist schon klar, dass wir nur das machen können, was unser Leben hergibt. Es macht ja keinen Sinn, alles aufzugeben, damit man mal größere Touren oder Konzerte spielen kann. Letztendlich müssen wir ja auch gucken, dass wir, na ja, etwas zu Essen haben. Da kommt man nicht drumherum. Es ist schade, dass man das nicht machen kann, aber wir können trotzdem ganz viele tolle Shows spielen.
Ralph: Uns gibt es jetzt seit 2007, wir haben jetzt zwischen 180 und 200 Shows gespielt. Vor fünf, sechs Jahren, als wir angefangen haben, wenn mir da jemand angeboten hätte, dass wir drei Wochen nach Amerika auf Tour gehen können und das bezahlt bekommen, und ich hätte es ausschlagen müssen, dann wäre ich ausgeflippt! Damals war ich aber auch noch Student, da hätte ich das easy machen können. Jetzt ist es tatsächlich so, dass es nicht geht, und das Schöne ist, dass wir bei so was doch relativ realistisch sind. Auf der anderen Seite waren wir bereits in Amerika. Ich kann sagen, dass ich mit meiner Band in Amerika auf Tour war, was ja für viele das große Ding ist. Ich war damals auch aufgeregt, ich fand das damals auch cool und ich will es auch noch mal machen, es gibt auch Gespräche in der Richtung, aber ich wäre nicht traurig, wenn es nicht noch mal passiert. Wir haben sehr viele wunderbare Shows gespielt, wir haben mit vielen Bands gespielt, die wir gut finden, wir haben viele Leute kennen gelernt. Das ist schon cool und von daher ist es auch okay zu sagen: „Nein, wir machen das jetzt nicht“, ohne zu denken, dass wir die Chance unseres Lebens verpasst haben.
Frank, du spielst heute dein letztes Konzert.
Frank: Mein vorletztes, der Lehrer Schmidt hat mich zum Nachsitzen verdonnert. Es ist mir schwer gefallen. Mir war auch ganz wichtig, dass die Band weiter existieren soll, weil ich ungern dafür verantwortlich wäre, dass das, was wir in den letzten fünf Jahren geschafft haben, nicht mehr weitergeht. Mein Part in der Band ist auf jeden Fall der, der am besten zu ersetzen ist. Den Sänger und Gitarristen kann man nicht einfach auswechseln und Benny als Schlagzeuger ist auch so einzigartig, dass es eine andere Band wäre. Für mich geht es einfach zeitlich definitiv nicht mehr und ich hätte eher ein Problem, wenn ich dabeibleiben und merken würde, dass die Band zu viele Kompromisse eingeht, nur damit ich noch weiter Mitglied sein kann.
Ist befremdlich, ein Mitglied der Band ersetzen zu müssen?
Ralph: Für mich ist die Vorstellung, PLANKS ohne Frank weiterzumachen, schon sehr seltsam. Wir haben ja schon vorher zusammen in unserer alten Band gespielt und viel zusammen erlebt. Wir sind nur zu dritt, dementsprechend hat es eine ganz andere Dynamik. Wir haben alles immer zusammen gemacht, alle Songs gemeinsam geschrieben, ja, es ist seltsam. Bei meiner alten Band war es so, dass es viele Personalwechsel gab, und ich habe immer gesagt, dass ich PLANKS auflösen würde, wenn einer von uns aufhört. Bei Frank hat es aber einfach Gründe, die nicht darin liegen, dass wir uns nicht mehr riechen können. Er hat uns das frühzeitig gesagt, dass es nicht mehr klappt, dass er nicht mehr kann, und wir haben uns jetzt überlegt, erst einmal weiterzumachen. Wenn das aber zu nichts führt und wir das befremdlich finden, mit jemandem fest weiterzuarbeiten, dann lassen wir es auch sein.
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