Wie schon „The Decline of Western Civilization“ von 1981 war auch der drei Jahre später entstandene „Suburbia“ von Penelope Spheeris ein Schlüsselfilm meiner Jugend, wenngleich „Suburbia“ nie die Popularität bekam, die er verdient gehabt hätte. Bekanntheit erlangte Spheeris dann erst 1992 mit „Wayne’s World“, einem der kommerziell erfolgreichsten Filme jenes Jahres. Während ich als gemütlicher weißer Vorstadtpunk wenig mit den Punks in „Suburbia“ gemein hatte, die in einem verlassenen Häuserblock hausten, lange bevor Hausbesetzung in Nordamerika üblich wurde, konnte ich mich dennoch mit ihrem Wunsch nach Gemeinschaft, ihrer Entfremdung von der Mainstream-Gesellschaft und nicht zuletzt mit ihrem Musikgeschmack identifizieren. Bei einer Aufführung von „Suburbia“, die ich zur Feier meines fünfzigsten Geburtstags in Vancouver organisiert hatte, und bei der auch Spheeris zugegen war, nahm sie sich die Zeit, mir ein paar Fragen zu beantworten, natürlich vor allem zu ihrer bekannten dreiteiligen Musik-Dokureihe „The Decline Of Western Civilization“. Derzeit arbeitet Spheeris am vierten Teil, wollte aber nicht verraten, worum es genau darin gehen wird.
Suburbia“ scheint relativ unterschätzt und wenig bekannt zu sein. Sogar der frühere BLACK FLAG-Sänger Ron Reyes, der mittlerweile hier in Vancouver lebt, sagt, dass er ihn nie gesehen hat. Hast du eine Erklärung dafür?
Als ich den Film in den frühen Achtzigern drehte, wusste das breite Kinopublikum nicht einmal, was Punkrock ist – irgendwie war er seiner Zeit voraus. Und so wie viele meiner Filme – „Wayne’s World“ ausgenommen – fand er zum Zeitpunkt seiner Entstehung keinen Kinoverleih. Roger Corman hatte ihn mitfinanziert und immer wieder versucht, einen Exploitation-Film daraus zu machen, weil dieses Genre seine Spezialität war, während es mir darum ging, eine sinnvolle Coming-of-Age-Geschichte über eine Gruppe gesellschaftlicher Außenseiter zu machen. Es gibt einige Szenen darin, die völlig unnötig waren, aber ich hatte keine Wahl, sonst hätte ich den Film nicht machen können. Rogers Anweisung lautete, dass etwa alle zehn Minuten entweder Sex oder Gewalt zu sehen sein musste. Es war nicht leicht das umzusetzen, da ich ja eigentlich versuchte, einen Film mit echter Substanz zu machen.
Was war der Ausgangspunkt für den Film und wie hat sich das Projekt entwickelt? Wolltest du eine Dokumentation über die Leute im Film machen und hast dich dann entschieden, eine Geschichte um sie herum zu schreiben, oder kam die Geschichte zuerst? Wie passte die Location, das besetzte Haus, da hinein?
Als ich 1979/’80 „The Decline Of Western Civilization“ gedreht hatte, konnte ich den anschließend nicht rausbringen. Ein Kinobesitzer sagte mir damals: „Wenn du einen Film über Punkrock machen willst, der in den Kinos laufen soll, darf es kein Dokumentarfilm sein, er muss eine richtige Geschichte erzählen.“ Also schrieb ich das Drehbuch für „Suburbia“. Nach ein paar Jahren in der Szene hatte ich genug Geschichten gehört, viele Dinge gesehen, die ich nun zu einem Drehbuch zusammenfügte. Von einer Hausbesetzung durch obdachlose Kids weiß ich aber nichts, das habe ich mir ausgedacht.
Wahrscheinlich galt der Film deshalb als „prophetisch“. Spätestens in „Decline III“ scheinen die meisten Kids tatsächlich in besetzten Häuser zu wohnen, wenn sie nicht gerade auf der Straße leben.
Es gibt vieles, was „Suburbia“ und „Decline III“ gemeinsam haben. Ich frage mich manchmal, ob die Leute „Suburbia“ gesehen und hinterher diesen Lebensstil übernommen haben, oder ob ich so was wie eine Vorahnung hatte, wie das Leben von Punks in der Zukunft aussehen könnte. Ich dachte damals einfach, es läge in der menschlichen Natur, dass Kinder, die von ihren eigenen biologischen Familien abgelehnt wurden, die Tendenz haben, sich neue Familien zu suchen. Rückblickend war „Suburbia“ seiner Zeit voraus, leider nahm er eine ziemlich negative Entwicklung vorweg. Die Zahl der Obdachlosen, junge wie alte, ist seitdem massiv gestiegen. Die Anzahl zerrütteter Familien hat ebenfalls stark zugenommen. Ziemlich traurige Fakten über eine Gesellschaft, die sich tatsächlich im Niedergang befindet.
Die Kids im Film nennen sich selbst „T.R.“ für „The Rejected“, „Die Ausgestoßenen“. Wurde die Bezeichnung damals tatsächlich von den Punks verwendet?
Ich habe den Begriff erfunden. Ich brauchte einen Namen für sie als Gruppe und „Die Ausgestoßenen“ passt gut, wie ich fand. Ich besitze immer noch die BBQ-Gabel, die sie im Film benutzt haben, um sich mit dem Brandzeichen „T.R“ kenntlich zu machen.
Wie bist du beim Casting vorgegangen? Ich weiß, dass du mal gesagt hast, dass es leichter sei, einem Punk das Spielen beizubringen, als einem Schauspieler klarzumachen, wie man glaubwürdig einen Punk darstellt. Hattest du bereits bestimmte Charaktere im Kopf, die du dann passend besetzt hast, oder hast du die Rollen erst basierend auf den Darstellern entwickelt?
Natürlich wollte Roger, dass ich bekannte Stars anheuere, aber ich wusste, dass es nicht funktionieren würde, einem Schauspieler beizubringen, ein Punk zu sein. Die Punk-Bewegung war noch zu neu und die Leute haben es einfach nicht verstanden. Ich bestand darauf, Kids zu nehmen, die tatsächlich Teil der Szene waren, die die Einstellung, die Musik und den Lebensstil kannten. Bestimmte Dinge waren improvisiert, wie zum Beispiel die Szene, in der Flea sich die Ratte in den Hals stopft. Ich hätte nie einen Schauspieler oder Punk um so was gebeten.
War Flea zum Zeitpunkt des Drehs schon Mitglied der Band FEAR?
Ich traf Flea im Haus ihres Sängers Lee Ving und ich glaube, gleich nachdem wir „Suburbia“ gefilmt hatten, stieg er als Bassist bei FEAR ein. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, Flea zu interviewen, für die Extras zu einem anderen meiner Filme, der nie veröffentlicht wurde, „Dudes“. Flea erzählte mir, dass überall auf der Welt Punks zu ihm kommen würden und sagen, dass „Suburbia“ so was wie ihre „Punkrock-Bibel“ sei. Punk ist eine weltweite Bewegung, kaum beachtet, aber kraftvoll. Echte Punks neigen von Haus aus nicht dazu, großartig Werbung für sich zu machen oder die Öffentlichkeit zu suchen, aber sie sind da! Leider gibt es auch jede Menge Poser, die auffallen wollen und alles durcheinanderbringen.
Tragen die Punks in deinem Film größtenteils ihre eigenen Klamotten? Musstest du ihre „Kostüme“ irgendwie anpassen?
Man muss beim Drehen immer „Doubles“ von der Garderobe haben, also haben wir wohl zum Teil ihre eigenen Sachen benutzt, aber wir haben auch immer Duplikate davon anfertigen müssen. Für den Fall, dass sie zum Beispiel in einer Kampfszene zerrissen oder schmutzig werden.
Im Film wird eine Droge namens„Black Triangles“ verkauft. Die gibt es doch nicht wirklich, oder?
Nachdem ich miterleben musste, dass der Vater meiner Tochter 1974 an einer Überdosis starb, war ich mit den meisten Straßendrogen vertraut. Ich dachte darüber nach, was für einen Stoff Keef verkaufen könnte, aber ich wollte nichts nehmen, was real ist. Also habe ich mir den Namen „Black Triangles“ ausgedacht. Hat funktioniert, oder?
Ja, ich hatte mich immer gefragt, ob es eine echte Droge ist, zumal man sie an einer Stelle des Films auch sieht.
Die Leute von der Requisite sind grundsätzlich ziemlich einfallsreich, die bekommen alles hin! Denk nur an das Auto mit dem eingebauten Lakritzspender, den legendären Pacer in „Wayne’s World“.
Wie hast du Chris Pedersen gefunden, den Darsteller von Jack Diddley, der später in „Platoon“ mitgespielt hat? Er ist großartig, sein Charakter ist sehr eindrucksvoll. Hatte er bereits Erfahrung als Darsteller?
Nicht dass ich wüsste. Eigentlich wollte ich unbedingt Henry Rollins für die Rolle gewinnen. Allerdings habe ich später von Henry erfahren, dass BLACK FLAG es ihm nicht erlaubt hatten, im Film mitzuspielen. Dreißig Jahre danach erklärte er mir, dass er die Rolle damals deswegen nicht annahm. Aber Chris hat einen tollen Job gemacht. Und ich bin mir sicher, dass Henry sich heute wünscht, er hätte es gemacht.
Wie sieht es mit den Konzertszenen aus? Hast du mehr als einen Song von einer Band aufgenommen – existiert noch weiteres Material?
Früher, als noch nicht alles digital war, war es schlicht unmöglich, „Extra Footage“ zu drehen bei so einem Budget wie dem, mit dem ich gearbeitet habe. Ich musste fast das komplette Material verwenden, das ich für den Film gedreht habe. Also nein, es gibt kein unveröffentlichtes „Suburbia“-Material. Bei den Konzertszenen habe ich von den Erfahrungen mit meiner Musikvideo-Produktionsfirma profitiert, übrigens der ersten in L.A. Damals, in den frühen Siebziger Jahren, drehte niemand Musikvideos, also gründete ich eine Firma namens Rock ’n Reel. Ich habe für viele der großen Plattenfirmen gearbeitet. CBS Records bezeichnete mich 1975 sogar als „The Queen of Rock and Roll Film Makers“!
Die Songs sind aber sehr passend eingesetzt. „Richard hung himself“ von D.I. korrespondiert perfekt mit dem Selbstmord, der im Film vorkommt. Hattest du bestimmte Songs im Kopf, als du die Bands hast auftreten lassen?
Meistens bitte ich eine Band, mir Liedtexte zur Verfügung zu stellen, damit ich entscheiden kann, welcher ihrer Songs am besten zum Film passt, und was sich am besten eignet, um die Geschichte zu erzählen. Punk-Songs waren oft schwer zu verstehen, weil sie so schnell waren und die Instrumentierung alles übertönt hat. Deshalb habe ich sie vorab nach den Lyrics gefragt. Und offensichtlich passt „Richard hung himself“ genau zu Sheilas Selbstmord.
Ich liebe auch die Stelle mit dem VANDALS-Song „The legend of Pat Brown“. Ich glaube, das weitere Schicksal ihres Sängers Stevo verlief recht unglücklich. Was kannst du dazu sagen?
Es ist ein toller Song. Ich liebe seine Schlichtheit und Kraft. Ich mochte Stevo auch sehr und er hatte tatsächlich kein glückliches Leben. Aber ich für meinen Teil ziehe es vor, kein Urteil darüber abzugeben, was mit wem wann passiert ist. Ich will keine Gerüchte verbreiten. Stevo war eine herzensguter Kerl mit großem Talent. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.
Du hattest ja schon deine Produktionsfirma Rock ’n Reel angesprochen. Mit welchen Bands hast du gearbeitet? Gab es besonders wichtige Momente in dieser Zeit für dich als Filmemacherin?
Um 1973 herum sprach mich ein A&R-Typ von CBS Records an, ob ich ein Musikvideo drehen wolle. Ich fragte ihn, was zum Teufel das sein soll. Und er erklärte mir, dass die Plattenfirma gerade festgestellt hätte, dass es gar nicht unbedingt nötig sei, Bands um die Welt zu schicken, ein Clip mit ihrer Performance hätte den gleichen Effekt. Die wurden dann bei „Top of the Pops“, „Midnight Special“ und anderen internationalen Musik-TV-Sendungen gezeigt. Ich filmte Bands wie FUNKADELIC, FLEETWOOD MAC, die DOOBIE BROTHERS, Gary Wright oder David Essex. Ich bin mir nicht sicher, wie viel davon im Internet zirkuliert. Die einzigen, die meines Wissens online zu finden sind, sind ein paar Videos von FUNKADELIC, die ich 1974 in New York aufgenommen habe. Ich habe diese Clips natürlich lange vor MTV gemacht. Manchmal fragen mich die Leute, warum ich den Schnittstil früher MTV-Videos kopiert hätte. Ich lache dann und lasse sie wissen, dass es genau umgekehrt ist.
Gibt es Filmemacher, deren Arbeit dich in dieser Hinsicht besonders inspiriert hat?
Mein dokumentarisches Vorbild ist Frederick Wiseman. Ich wollte Dokumentarfilmerin werden, nachdem ich seine Arbeit im Zuge meines Studiums an der UCLA-Filmschule kennen gelernt hatte. Ein Cousin von mir ist Costa-Gavras, der gefeierte griechisch-französische Regisseur, den ich sehr schätze. Mein Lieblingsregisseur während meiner Zeit an der Filmschule war John Cassavetes, seine Filme sind eine brillante Kombination aus Improvisation, Erzählung und Dokumentation.
Es gibt noch einige Filme, die du vor „Suburbia“ gedreht hast, von denen ich annehme, dass sie schwer aufzutreiben sind. Bei deinem ersten Film handelt es sich um „Uncle Tom’s Fairy Tales“ von 1969 mit dem bekannten schwarzen US-Komiker Richard Pryor. Was kannst du uns darüber erzählen?
Bei „Uncle Tom’s Fairy Tales“ war Richard der Regisseur und Autor und ich habe den Film produziert. Wir haben ihn damals Bill Cosby gezeigt, der ihn kaufen wollte und wusste, dass Richard das Geld brauchte. Soweit ich weiß, könnte sich der Film in Bill Cosbys Garage befinden. Aber Bill dürfte gerade mit anderen Dingen beschäftigt sein, also bezweifle ich, dass es eine gute Idee wäre, ihn danach zu fragen.
Trifft es zu, dass du von Anfang an Teil der Musikszene von Los Angeles warst und miterlebt hast, wie es mit Punkrock dort losging? Welche waren die ersten Bands, die du gesehen hast?
In den späten Siebziger Jahren gab es viele Underground-Clubs in L.A. Es gab einige großartige Bands, die in Clubs wie The Masque spielten. Als wir 2015 das „Decline ...“-Boxset veröffentlichten, gab es ein tolles Feature bei den Extras: eine Tour durch The Masque. Zu den Bands von damals, die ich gerne gefilmt hätte, zählen die WEIRDOS, die SCREAMERS, GUN CLUB und PLUGZ.
Was hast du gehört, bevor es Punkrock gab? Hat Punk deine Einstellung zu Musik verändert?
Mitte der Siebziger Jahre hatte ich mein Interesse an Musik verloren, weil das Einzige, was im Radio lief, Disco-Musik war. Dann hörte ich eines schönen Tages die SEX PISTOLS. Das stellte plötzlich alles auf den Kopf – es stellte meine musikalischen Interessen auf den Kopf. Es hat meine Begeisterung für Musik wiederbelebt. Es hat mein ganzes Leben wiederbelebt – ich ging in Punkclubs und war wieder ein riesiger Musikfan.
Wann wusstest du, dass du einen Spielfilm über Punk machen willst? Hat sich auf dem Weg von der ersten Idee bis zu „ The Decline of Western Civilization“ etwas verändert?
Ich wusste, dass ich einen Dokumentarfilm über Punkrock machen will, als ich all die Bands in den Clubs von L.A. sah. Ich wusste, es war eine wichtige kulturelle Bewegung. Und ich bin froh, dass ich den Film gemacht habe, denn es gab zu dieser Zeit wirklich keine andere Doku darüber. Ich begann damit, die Bands zu filmen und die Jugendlichen zu interviewen. Und wie jeder anständige Dokumentarfilm nahm er seine eigene Form an. Ich wusste damals, dass es eine wichtige Sache war, aber ich hätte nie gedacht, dass er so lange überdauern und eine so nachhaltige Wirkung auch noch nach Jahrzehnten haben würde. Oder dass er im National Film Registry der Library of Congress landen würde.
Wie bist du auf Steve Conant als Kameramann gekommen? Jemanden zu nehmen, der Kameramann beim Basketball war, um einen Moshpit zu filmen, ist ja absolut sinnvoll. Kanntest du ihn schon vorher?
Als ich Steve zum ersten Mal traf, mochte ich ihn wirklich als Mensch. Er wusste nichts über Punkrock und hatte keine Ahnung, worauf er sich einließ. Nach dem ersten Dreh mit einer Band sagte mir Steve, dass er einen Haikäfig brauchen würde, wenn er weiter an dem Film arbeiten sollte. Er wurde ziemlich übel im Pit herumgeschleudert. Aber er hat gelernt, wie man ohne Haikäfig dreht. Ich habe immer an der zweiten Kamera gestanden, aber ich habe sie auf eine Plattform gestellt, so dass ich eine Ebene von den Zuschauern im Pit entfernt war. Steve hat es geschafft, seine Kamera festzuhalten, aber wir waren nicht wirklich versichert, also habe ich versucht, meine zu schützen.
Der Typ, über den ich mich am meisten freue, ihn in im ersten Teil von „Decline ...“ zu sehen, ist Ron Reyes, der der zweite Sänger von BLACK FLAG war. Hast du dir als Filmemacherin jemals gewünscht, dass du Aufnahmen von BLACK FLAG mit Rollins in der Band gemacht hättest? Hast du sie in einer ihrer wiedervereinigten Versionen gesehen?
Ja, ich habe alle BLACK FLAG-Sänger gesehen. Sie waren alle großartig, aber am Ende war Henry derjenige, an den sich jeder am meisten zu erinnern scheint. Ich kann über Ron Reyes nur sagen, dass er ein lieber Mensch, guter Sänger, und guter Vater ist und viel gutes Karma aufgebaut hat. Und sowohl Greg als auch sein Bruder Raymond sind sehr talentiert. Ich habe kürzlich mal mit jemandem gesprochen, der sagte, dass er ein Buch darüber schreibt, wie schwer es für die Mitglieder von Bands ist, miteinander auszukommen. Selbst Bands, die seit Jahrzehnten zusammen sind, haben Mitglieder, die sich nicht mögen. Es ist eine eigentümliche Dynamik, aber seltsamerweise ist es etwas, das die Musik wahrscheinlich besser macht.
Was denkst du über die offensichtlich selbstzerstörerische Ader von GERMS-Frontmann Darby Crashs? Ist es schwer, diese Szenen von „Decline ...“ heute anzusehen?
Es ist immer heftig, solche Szenen zu sehen. Für mich als Filmemacherin war es eine schwierige Entscheidung, sie überhaupt im Film zu behalten. Sie sind drin geblieben, weil es so schmerzhaft anzusehen ist, und hoffentlich kommt die Botschaft an, dass Drogenkonsum eine Sackgasse ist.
Hast du mal „What We Do Is Secret“ gesehen, den Film über die GERMS? Ich habe irgendwie Angst davor, weil es so viel Potenzial gibt, da etwas falsch zu machen.
Ich traf mich oft mit Rodger Grossman, dem Regisseur. Rodger ist ein guter Kerl, der sich zehn Jahre lang sehr bemüht hat, einen Film über ein Thema zu machen, das ihm sehr am Herzen lag. Alles, was ich sagen kann, ist: Letzten Endes wisst ihr entweder, was Punkrock ist, oder eben nicht. Er wusste es nicht. Wie soll man auch einen Film machen über jemanden, der so selbstzerstörerisch ist, und dabei eine anständige Botschaft rüberbringen? Der Film sah allerdings hübsch aus, immerhin.
Auch die Szenen mit FEAR sind ziemlich unvergesslich. Du hast nicht davor zurückgeschreckt, Sänger Lee Ving zu zeigen, wie er das Publikum verspottet. Hattest du dich bei einigen ihrer Stücke nicht etwas unwohl gefühlt, besonders wenn es um Homophobie geht?
Ich habe lange überlegt, ob ich Lees schwulenfeindliche Schimpftiraden für den Film verwenden sollte. Ich beschloss, sie drin zu lassen, weil ich wusste, woher Lee kam. Ihm ging es damals prinzipiell darum, so viele Leute wie möglich zu verärgern. Ich glaube, dass er heute einige seiner Kommentare und Aktionen im Film bereut, und ich weiß, sollte heute jemand im Publikum bei einer FEAR-Show mit irgendwelchen schwulenfeindlichen oder anderen beleidigenden Aussagen auffallen, dass man den Auftritt abbrechen und diese Person aus dem Saal werfen lassen würde. Also, er macht alte Fehler wieder gut!
Hast du immer noch eine Schwäche für Punk? Würdest du jemals wieder einen Punkrock-Film machen?
Ja und ja. Einmal Punk, immer Punk. Geboren als Punk, gestorben als Punk. Nur blöd, dass es so viele Poser in dieser Szene gibt, die keine Ahnung von den moralischen Standards und wahren Werten haben, die echte Punks repräsentieren.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Allan MacInnis