PAIN IN THE ASS

Manche Musiker benötigen Nebenprojekte, um sich kreativ auszutoben. PAIN IN THE ASS ist so ein Beispiel, schließlich handelt es sich hierbei nicht um einen schmerzhaften Darmverschluss oder hartnäckige Hämorrhoiden, sondern um ein vielversprechendes Projekt der kompletten SUCH A SURGE-Mannschaft, die sich mit ein paar ordentlichen Einläufen frischen Wind in die Segel gepumpt hat.

Dass SUCH A SURGE die verschiedensten musikalischen Elemente auf ihren Platten durch den Fleischwolf drehen, dürfte hinlänglich bekannt sein. Einer der Eckpfeiler der Crossover-Pioniere aus Braunschweig ist sicherlich fest in der Punk- und Hardcore-Szene verwurzelt, auch wenn man das auf Anhieb nicht allen Liedern auf den SUCH A SURGE-Alben anhört. Auf "Spain", der ersten offiziellen PAIN IN THE ASS-CD, treten die Hardcore-Einflüsse der Jungs jedenfalls sehr deutlich zum Vorschein, was Axel Horn, der sympathische Bassist, nur bestätigen kann: "Ich würde das Album mit den Worten "Old School" und "abwechslungsreich" umschreiben", erklärt er spontan. "Old School in dem Sinne, dass es sich um eine Hommage an unsere Roots handelt, also solche Sachen wie MINOR THREAT, SICK OF IT ALL und SUICIDAL TENDENCIES. Und abwechslungsreich durch düstere Songs wie "Spit Fire Beauty" oder "Dropped 9". Uns ist es aus der Sicht des Künstlers einfach zu langweilig, ein reines Punk- oder Hardcore-Album zu machen." Dennoch bedient sich "Spain" beider Strömungen reichlich, weshalb die Scheibe auch für den Ox-Leser interessant sein dürfte. Hinter all dem steht nämlich auch eine nicht zu übersehende Do-It-Yourself-Einstellung, obwohl die Platte auf einem Majorlabel (Mercury) erscheint.

Die Braunschweiger haben das Werk komplett in Eigenregie (Produktion, Covergestaltung) konzipiert. "Auch bei SUCH A SURGE machen wir ja im Prinzip 90 Prozent alleine", kommentiert Axel das Thema. "Wir haben Surge Music, unsere eigene kleine Firma, mit der wir das Management durch meine Person selber in die Hand nehmen. Wir koordinieren alles selbst: Marketingpläne, die Anzeigenschaltung, bloß halt mit dem Partner unserer Wahl. Bei SUCH A SURGE ist es Sony, bei PAIN IN THE ASS die Mercury. Wir bestimmen, was wo passiert." Und das funktioniert tatsächlich reibungslos? "Ja, das geht auf alle Fälle", lautet die überzeugte Antwort. "Aber es hat viele Kämpfe und Opfer gegeben. Ich habe allerdings das Glück, dass ich noch alle Gliedmaßen habe und auch noch stehen kann. Auf der anderen Seite gibt es nämlich einige Bands, die nicht mehr alle Gliedmaßen haben. Es war ein langer Kampf, diese totale Eigenmacht zu erringen."

Im konkreten Fall von "Spain" äußert sich diese Eigenmacht in folgender Philosophie: "Wir stehen seit vielen Jahren bei Sony unter Vertrag, was auch völlig okay ist. Bei PAIN IN THE ASS wollten wir die Freiheit haben, zu sehen, was wir damit machen. Wir haben uns nicht vor dem Album auf die Suche nach einem Plattenvertrag begeben, sondern sind erst einmal nach Spanien, um zu sehen, ob wir überhaupt genügend Songs für ein ganzes Album zusammenbringen. Wenn nicht, dann hätten wir zumindest eine schöne Zeit in Spanien gehabt. Wenn man hingegen bereits einen Vertrag hat, steht man automatisch schon wieder unter Druck, unbedingt eine Platte abliefern zu müssen. Und genau das wollten wir nicht."

Womit auch schon mal die Herkunft des Plattentitels geklärt wäre. Ungewöhnlich sind dabei die Bedingungen, unter denen "Spain" entstand. "Ein Freund von uns hat in dieser Zeit gerade ein kleines Studio in Spanien gebaut", erläutert Axel die Begleitumstände genauer. "Wir sind null vorbereitet dorthin geflogen, haben auf billigen Instrumenten gespielt und das Material in der Küche und im Wohnzimmer aufgenommen. Unser Schlagzeuger spielte direkt vor dem Herd, so dass er sich zwischendurch immer wieder Tee kochen konnte."

Angesichts des Ausmaßes des kommerziellen Erfolges von SUCH A SURGE stellt sich natürlich auch die Frage, ob das PAIN IN THE ASS-Debüt ebenfalls in die Charts einziehen wird. Glaubt Axel, dass PAIN IN THE ASS dieses Kunststück gelingen wird? "Ich hoffe natürlich schon, dass es in die Charts geht" , redet er gar nicht erst um den heißen Brei herum. "Wenn das tatsächlich passiert, sitze ich mit einem breiten Grinsen hier. Bei PAIN IN THE ASS geht es ja auch um eine Art Zeichensetzung, weil diese ganze Zeit, in der wir leben, völlig krank ist. Das ganze Business ist krank, die neuen Bands sind krank, die Budgets sind krank, die Marketingkampagnen sind krank – alles größenwahnsinnig! Wenn ich diese ganzen New Metal-Bands sehe, dann frage ich mich, was das noch mit Rock´n´Roll zu tun hat. Es gibt keine richtigen Bands mehr, sondern nur noch Entertainment, Marketingstrategien und Single-Hits. Und deswegen wird es Zeit, dass mal wieder ein richtiges Album in die Charts kommt." Sollte "Spain" tatsächlich erfolgreicher als eine normale SUCH A SURGE-Scheibe werden, können wir uns auf folgende Aktion von Axel freuen: "Ich habe ja schon den Witz gerissen, dass ich nackt beim HSV auf der Ehrentribüne tanze, wenn das passiert." Wir sollten ihn auf jeden Fall beim Wort nehmen...