Auf der neuen OCEANS-EP geht es um Depressionen und im folgenden Interview mit Gitarrist Patrick sprechen wir auch über Suizid. Falls du gerade in einer schwierigen Situation bist und nicht weiter weißt: Bitte hole dir Hilfe. Die Telefonseelsorge kann dafür eine Anlaufstelle sein, du kannst sie online unter telefonseelsorge.de oder unter 0800 1110111 erreichen.
Auf eurer neuen EP „We Are Nøt Okay“ habt ihr das Thema Depressionen in den Mittelpunkt gerückt. Weshalb ist das so wichtig euch?
Dieses Thema ist uns nicht erst seit der EP wichtig. Vielmehr bearbeiten wir mit unserer Musik das grundlegende Themengebiet Mental Health und Mental Illness vom ersten Song an, und das findet sich auch auf unserem Debütalbum „The Sun And The Cold“ sowie unserer EP „Into The Void“ als roter Faden. Aber ich stimme zu, wenn dir das Thema Depression auf unserem neuen Output ein Stück weit präsenter erscheint. Uns ist das deshalb so wichtig, da es einen jeden von uns berührt. Unser Bassist Thomas hatte in der Vergangenheit selbst damit zu kämpfen und weiß, was für eine Belastung diese Krankheit sein kann. Ich wiederum musste miterleben, wie ein mir sehr nahestehender Mensch als Folge langjähriger Depressionen Suizid beging. Beruflich arbeite ich mit Menschen, die zum Teil psychisch stark belastet sind, und erlebe fast täglich die Folgen und Auswirkungen von psychischen Erkrankungen. Ich habe das Gefühl, dass tatsächlich eine – wenn auch sehr langsame – Sensibilisierung der Gesellschaft stattfindet, und wir möchten unseren Teil dazu beitragen.
Ich habe das Gefühl, dass Mental Health bei vielen Musikern und Bands in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Denkst du, dass dieses Tabuthema langsam in den Fokus von Musikern gerät? Und woran liegt das?
Das Gefühl habe ich auch! Wie gesagt, nicht nur im Bereich des Musikbusiness ist eine Sensibilisierung zu erkennen. Viele bekannte Namen öffnen sich nun nach außen hin und berichten von ihren Erkrankungen. Nora Tschirner, Torsten Sträter, Kurt Krömer ... Drei Beispiele dafür, dass die Depression hinter jeder Fassade lauern kann. Früher war es ein Zeichen von Schwäche, anderen zu offenbaren, dass es einem nicht gut geht, aber ich denke, dass genau dieser Gedanke gerade im Umbruch ist. Dass nun auch viele Musiker sich dieser Thematik annehmen, finde ich großartig, denn mit Musik erreicht man Menschen. Schon immer wurden Botschaften und Emotionen durch Musik transportiert, also warum diese Möglichkeit nicht für etwas Gutes verwenden?
Was denkst du über die „Heldenverehrung“ von Menschen wie Kurt Cobain oder Chester Bennington? Müssen wir im Bezug auf diese und andere Musiker besser aufklären?
Kurt Cobain und Chester Bennington waren beide wegweisend, haben jeweils ein ganzes Genre geprägt und dürfen gerne als das, was sie waren, verehrt werden. Was beide natürlich ebenfalls eint, ist der Freitod, und da sind wir bei einem Thema angelangt, über das noch weniger gesprochen wird als über Depression. Es wird sogar bewusst gemieden, da man befürchtet, eine Berichterstattung über Suizid könnte wiederum andere dazu ermutigen, potenzielle Selbstmordgedanken in die Tat umzusetzen. Also wird ein so ernstes Thema tabuisiert und die Menschen, die mit diesen Dämonen kämpfen, werden damit alleine gelassen. Dabei könnte eine Entstigmatisierung Leben retten. In Deutschland sterben dreimal so viele Menschen durch Suizid wie durch Verkehrsunfälle. Wir müssen darüber sprechen, um den Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Gedanken. Dass es keine Lösung ist, sich vor einen Zug zu werfen, da sie – entgegen der eigenen Selbstwahrnehmung – gebraucht und geliebt werden und man sie in ihren Ängsten und Sorgen ernst nimmt. Wenn sich ein Prominenter das Leben nimmt, kann dies nicht unter den Tisch gekehrt werden und ja, genau deshalb sollte man bezugnehmend auf Kurt Cobain, Chester Bennington und die vielen anderen, die gegangen sind, über Depressionen aufklären. Rückwirkend hätte niemand gedacht, dass ein so erfolgreicher, von allen Seiten geliebter Familienvater wie Bennington den Freitod wählt. Aber das hätte man bei den jährlich circa 9.000 begangenen Suiziden in Deutschland ebenfalls nicht gedacht, denn auch diese Menschen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit sozial integriert, beruflich erfolgreich, liebende Väter, Mütter oder gar Kinder.
Welche konkrete Message wollt ihr den Hörer mit eurer EP vermitteln?
It’s okay, not to be okay. Never lose hope.
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