OATHBREAKER

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Die Göttin des Kümmerns

Rhea/Rheia ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, eine der Titaninnen, und sie war auch Göttin der Behaglichkeit, der Fruchtbarkeit und der Mutterschaft. Zum zweiten Mal haben OATHBREAKER aus Belgien sich bei der Albumbetitelung der griechischen Mythologie bedient, ihr letztes Werk von 2013 hieß „Eros|Anteros“, nahm Bezug auf das griechische Götterpaar Eros und Anteros. Die 2008 in Gent gegründeten OATHBREAKER haben die musikalische Bipolarität aus sehr blackem Hardcore mit entsprechend wütend gefauchtem Gesang und und atmosphärischen, langsamen Passagen mit klaren, melodiösen Vocals perfektioniert, ihr neues Album „Rheia“ (Deathwish) ist eine Achterbahnfahrt, bei der sich schwindelerregende, rasend schnelle Passagen und solche, die Gelegenheit zum Luftholen bieten, abwechseln. Frontfrau Caro Tanghe beantwortete meine Fragen, auch zum Foto-Artwork von Jeroen Mylle.

Caro, „Rheia“ ist die Göttermutter in der griechischen Mythologie. Nach „Eros/Anteros“ ist es der zweite Albumtitel dieser Art.

„Rheia“ ist eine sehr persönlicheAngelegenheit für mich. Die Songtexte sind das Resultat einer wirklich schrägen und heftigen Phase in meinem Leben, in der es sich anfühlte, als würden sich die Probleme anhäufen und miteinander verknoten, ohne dass ich ernsthaft versuchte, eines von ihnen zu lösen. Ich war voller Ängste, hätte aber nie zugelassen, dass etwas davon an die Oberfläche dringt. Ich neige sowieso eher zur Verschlossenheit. Der Verlust meiner Großmutter und eine lange unterdrückte Wut, die weit in meine Kindheit zurückreicht, waren zwei der Sachen, mit denen ich in der Zeit klarkommen musste. Bislang habe ich in meinen Songtexten immer viel zu sehr um den heißen Brei herum geredet und versucht, meine Gefühle zu verschleiern durch schöne, wortreiche Formulierungen. „Rheia“ ist jetzt total geradeheraus. Zum ersten Mal habe ich jetzt versucht, alles niederzuschreiben, was in meinem Kopf herumschwirrte und mir auf der Seele lag, und zwar so offen und ehrlich wie möglich. „Rheia“ ist sehr selbstreflektiert, letztlich ist es der Versuch, mich von all den Fesseln freizumachen. Wir wählten Rheia nicht wegen der Verbindung zur griechischen Mythologie, sondern weil ein Grundthema der Platte ist, dass ich mich immer um die Leute um mich herum kümmere, schon mein ganzes Leben lang, um meinen Bruder, die Eltern, den Freund und Freunde, aber ich habe niemals erlaubt, dass sich jemand um mich kümmert. So kamen wir auf Rheia, eine fürsorgliche Mutterfigur, die Göttermutter, die aber darüberhinaus keine signifikanten Eigenschaften besitzt.

In den Texten von „Where I leave“, „Second son of R“ oder „Being able to feel nothing“, die offenbar auf deinen persönlichen Erfahrungen basieren, schwingt ein tiefes Gefühl von Hoffnungslosigkeit mit, das mich erschaudern lässt ...

Sie beruhen definitiv auf persönlichen Erfahrungen. Wie ich schon sagte, ich habe wirklich versucht, meine Zwänge abzustreifen, indem ich alles, was mich belastet, einmal aufgeschrieben habe. Was soll ich einen teuren Therapeuten bezahlen, wenn ich nicht zuerst mal versucht habe, mir selbst zu helfen?

Nach eurem Debüt „Maelstrom“ von 2011 hat sich euer Stil spürbar verändert, und es scheint, als ob ihr bei „Eros/Anteros“ euren Sound gefunden habt. Inwiefern habt ihr euch mit „Rheia“ weiterentwickelt?

Unser Sound hat sich definitiv weiterentwickelt. Ich denke, wir haben endlich einen Weg gefunden, alle Elemente, um die es uns von Anfang an ging, zu kombinieren. Es hat nur eine Weile gedauert, unsere individuellen Stärken herauszufinden und wie wir sie miteinander verbinden. OATHBREAKER klingen jetzt so, wie wir uns OATHBREAKER von Anfang an vorgestellt haben. Und so was passiert nicht über Nacht. Wir sind die ganzen Jahre hindurch immer am Ball geblieben und haben so viel getourt, wie es nur ging. Bei der Arbeit an „Rheia“ sind hunderte von Demos mit verrückten Stimmexperimenten entstanden. Es war eine lange Suche nach dem richtigen Sound, bevor wir überhaupt mit Jack ins Studio gingen. Aber jetzt könnte ich nicht zufriedener damit sein. Ich denke, es ist bei „Rheia“ das erste Mal, dass wir so was sagen können, aber wir sind durchweg begeistert von dem Ergebnis.

Ihr scheint eine der wenigen Bands aus Europa zu sein, die aktuell in den USA gut ankommen. Dass ihr auf Deathwish Records seid, hat bestimmt auch geholfen. Wie lief eure US-Tour im Oktober?

Die Tour war fantastisch, die beteiligten Bands – SKELETON WITCH, IRON REAGAN, GATE CREEPER und später HOMEWRECKER – waren schon sehr unterschiedlich, wir waren ein bisschen die Außenseiter, aber letztlich hat das Line-up recht gut funktioniert. Obendrein waren es wirklich tolle Leute, ich hatte einfach eine super Zeit. Es gab sogar eine Reihe ausverkaufter Shows, so dass wir sicher auch neue Leute erreicht haben, trotzdem haben wir viele bekannte Gesichter von unseren früheren USA-Trips wiedergesehen. Ich kann es kaum erwarten, im Frühling mit einer Headliner-Tour zurückzukommen, ich vermisse den Filterkaffee an den Tankstellen!

Ihr habt ein erstaunliches Albumartwork, basierend auf Fotos von Jeroen Mylle. Warum diese Fotos und was ist die Geschichte dahinter?

Diese abgefahrene Installation haben wir uns ausgedacht. Wir hatten einen 1.000-Liter-Tank, gefüllt mit kaltem Wasser, zwei Eimer mit flüssigem, heißen Kerzenwachs und dazu kam ich, an einem Kran hängend. Der ließ mich langsam in das Wasser hinab, und gerade als ich die Oberfläche berührte, gossen Gilles und Wim das Wachs herein und so tauchte mein Körper darin ein, bis er komplett bedeckt war. Als das Wachs das Wasser traf, härtete es augenblicklich auf meiner Haut aus und formte so die fantastischsten Formen in dem sich bewegenden Wasser. Es war dennoch sehr schmerzhaft. Zwischen der harten Wachsschicht und der Haut blieb eine flüssige Schicht, das brennt schon ziemlich böse. Jeroen Mylle machte Fotos von diesen Formen und man sieht jetzt einzelne Körperteile auf dem Cover, der Innenseite der CD und dem Vinyl-Etikett. Ich halte „Rheia“ für die ehrlichste Platte, die wir je gemacht haben, sehr real und greifbar, und dem sollte das Artwork entsprechen. Die künstliche zweite Haut, die echte Haut, wunderschöne Formen, das Ausbrechen daraus, das ist nahezu unheimlich und schwingt auf einer Welle zusammen mit der Musik und den Texten.