NYT LIV

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Der kalte Ruf der Einsamkeit

Auf Indisciplinarian, dem Label von Jacob Krogholt von RISING, ist nach der 2017er „Livet Brænder“-12“ im Frühjahr 2019 mit „Ensomhedens Kolde Kald“ das erste Album von NYT LIV erschienen, die 2016 in Kopenhagen zusammenfanden. Der schleichend-düstere Hardcore des Vierers, aufgenommen mit Jacob Bredahl und von Brad Boatright gemastert, entwickelt maximale Intensität à la MODERN LIFE IS WAR, die Texte sind auf Dänisch. Meine Fragen beantworteten Michael (Gesang, Gitarre) und Søren (Bass).

Bitte erzählt uns was über die Entstehung der Band sowie die Szene in Kopenhagen.

Michael:
Wir alle haben früher in anderen Bands gespielt und die Szene in Dänemark ist ziemlich klein, also kannten wir uns schon seit Jahren. Gitarrist Martin und Basssis Søren spielten schon seit Jahren zusammen in einer anderen Band und wollten etwas Neues anfangen, als sich ihre alte Band auflöste. Sie nahmen Kontakt mit Schlagzeuger Simon und mir als Sänger auf, um das Line-up zu vervollständigen. Wir alle haben in erster Linie Metal mit vielen Tempowechseln, Breakdowns und so weiter gespielt, also waren wir alle begierig darauf, etwas simpleres zu spielen.

Søren: Wie Michael schon sagte, ist Dänemark ziemlich klein, sodass auch die Szene im ganzen Land ziemlich eng miteinander verknüpft ist. Nach ein paar Jahren, in denen die Szene eher in den Hintergrund gedrängt wurde, werden jetzt mehr Punk- oder Hardcore-Shows organisiert und viele gute dänische Bands tauchen im Moment auf, also haltet Ausschau nach Bands wie SMERTEGRAENSENS TOLDERE, EXTENDED SUICIDE, NIGHT FEVER ... Außerdem ist Michael wahrscheinlich zu bescheiden, um seine andere Band PARASIGHT zu erwähnen, die auch ein Album auf Indisciplinarian veröffentlicht hat. Fantastischer D-Beat mit viel Intensität und Melodie.

Michael, das neue Album heißt „Ensomhedens Kolde Kald“, also „Der kalte Ruf der Einsamkeit“, düsterer hättet ihr es nicht betiteln können, oder? Bist du so ein düsterer Mensch?

Michael:
Haha, ja, es ist ein düsterer Titel. Mal sehen, ob wir es bei unserem nächsten Album noch düsterer hinbekommen. Ich sehe mich aber nicht als einen düsteren Menschen. Ich bin wahrscheinlich mehr eine Person, die sehr viel über Dinge nachdenkt, sodass ich mir leicht vorstellen kann, einsam, krank und verzweifelt zu sein ... und auch, wie reiche und wohlhabende Menschen immer noch mehr bekommen und arme Menschen immer weniger bekommen. Ich bin damit überhaupt nicht einverstanden. Wir müssen den Reichen in der Gesellschaft nicht helfen, sie werden es ganz gut alleine schaffen.

Welche dänischen und internationalen Bands inspirierten euch zu dem Sound, den wir auf „Ensomhedens Kolde Kald“ hören können?

Michael:
Wir hören alle Arten von Musik, also ist es nicht so, als hätten wir eine gemeinsame Vereinbarung getroffen nach dem Motto: „Lasst uns wie MODERN LIFE IS WAR oder CRO MAGS klingen ... “ Wir waren uns nur einig, dass es in Ordnung ist, wenn es melodisch wird. Und wir wollten, dass der Sound auf unserer Platte mit unseren eigenen Drums, Amps, Gitarren und so weiter aufgenommen wird, damit es nach etwas von uns klingt und nicht nach etwas, was im Studio entstanden ist.

Søren: Ja, es ist uns sehr wichtig, dass sich unser Live-Konzert-Sound in unseren Studioaufnahmen widerspiegelt. Und Jacob Bredahl, der das Album produziert hat, hat das auch geschafft. Allerdings lassen wir uns natürlich von einigen unserer skandinavischen Wurzeln wie dem schwedischen Hardcore und sogar dem norwegischen Black Metal inspirieren.

Irgendwo war bei euch zu lesen: „Sänger und Texter Michael Aagesen ist der Vertreter einer geradlinigen, einfachen dänischen Dichtung, die sich in der literarischen Tradition des dänischen Sozialrealismus der 70er Jahre positioniert.“ Da ich kein Dänisch verstehen kann – die Sprache, in der eure Texte geschrieben sind – gebt uns bitte etwas Hintergrundinformationen dazu.

Søren:
Im Hinblick auf den Bezug zum Sozialrealismus der 70er Jahre konzentrieren wir uns in unseren Texten vor allem auf soziale Themen, bei denen besonders soziale Ungleichheit ein wiederkehrendes Thema ist – und das ist mehr denn je relevant.

Michael: Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass meine Wortwahl und Auswahl an Prosa etwas altmodisch ist. Ich benutze keinen Slang, und ich denke, dass ich nicht fluche. Ich benutze viele Reime, was es eingängiger macht.

Ich mag Cover-Artwork von Lasse Høgh – die schwarze Silhouette eines Menschen mit einer brennenden Fackel. Warum habt ihr es ausgewählt? Wurde das speziell für euer Album gestaltet? Und wer ist Lasse?

Søren:
Ich kenne Lasse seit ein paar Jahren durch meinen Job in einem Theater- und Konzerthaus, wo er unser Ansprechpartner für alle Grafikdesigns ist. Er hat ein großes Gespür für Ästhetik und er trifft das Artwork quasi jedes Mal beim ersten Entwurf.

Michael:[/b] Ja, Lasse ist ein toller Kerl. Neben dem neuen Album hat er auch das Artwork für unsere erste EP gemacht und wir haben ihm im Grunde genommen die Musik und die Texte geschickt und gesagt: „Mach was Cooles“ ... also ja, es wurde speziell für dieses Album gestaltet und wir sind alle sehr zufrieden mit dem Artwork.

Søren: Es war uns wichtig, ihm künstlerische Freiheit zu geben und wir hofften, dass ihn unsere Texte und Musik inspirieren würden. Er entwarf dann dieses wunderschöne Kunstwerk, das perfekt zu unseren musikalischen und textlichen Bemühungen passt, sodass wir eigentlich gar keine Zweifel hatten. Lasse hat auch für viele etablierte dänische Künstler Album-Artworks gemacht, aber er taucht langsam mehr in Artworks für Punk-, Hardcore- und Metal-Bands ein, wo seine eigentliche musikalische Leidenschaft liegt.