NIKOLA SARCEVIC

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Punkrock, Broken Hearts And Other Challenges

Vor knapp zehn Jahren brachte Nikola Sarcevic sein erstes Soloalbum raus. Die Kritiken schwankten zwischen „Fans von MILLENCOLIN werden enttäuscht sein“ oder „Noch ein Punkrocker, der seine melancholische Seite entdeckt“ und vielen positiven Kommentaren bezüglich seines Bestrebens, sich im Singer/Songwriter-Genre einen Namen zu machen. Sicherlich haben Anhänger von MILLENCOLIN nichts gegen Nikolas Soloprojekt, aber hatte wirklich jemand erwartet, dass der Schwede die Intention hat, allein eine Punkrock-Platte zu veröffentlichen? Mittlerweile ist sein viertes Album erschienen, und während es auf den ersten beiden Alben noch einige schnellere Nummern mit Country- und Rock’n’Roll-Einflüssen aufzeigen, zeichnen sich die letzten zwei durch sehr ruhige, emotionale Stücke aus. Bei seinen Konzerten hörte man öfter, es sei überraschend zu sehen, dass es sich tatsächlich um den MILLENCOLIN-Frontmann handelt, der da allein auf der Bühne steht. Wie ist es nun also, auch noch ein Solokünstler-Dasein zu führen? Hier ein kurzes Gespräch mit einem motivierten Nikola Sarcevic zum Status quo.

Zwischen deinem ersten Soloalbum 2004 und „Freedom To Roam“ sind auch zwei MILLENCOLIN-Alben erschienen und du bist sowohl mit der Band als auch alleine auf Tour gewesen. Wie entscheidest du, ob ein Lied auf einem MILLENCOLIN-Album landet oder ein Stück für ein Soloalbum wird?

Ich denke, dass eigentlich die meisten der Lieder auch auf MILLENCOLIN-Alben hätten landen könnten. Du kannst aus den meisten Liedern eine Punkrock-Nummer machen. Ich kann mich noch erinnern, wie der Rest der Band es mit „The ballad“ bei den Aufnahmen zu „Pennybridge Pioneers“ versuchte. Letztendlich konnte ich mich durchsetzen und es hat dem Album einen ungewohnten, anders klingenden Schluss verpasst. Das Demo zu dem Album war übrigens komplett in Singer/Songwriter-Manier. Alles ganz softe Songs. Ich schreibe alle Songs zunächst mit meiner Akustikgitarre. Es stellt sich dann schnell heraus, ob es besser als ruhige Nummer verpackt sein soll oder eben als Punkrock-Track mehr Sinn ergibt.

Wenn du dein Soloprojekt bis dato Revue passieren lässt, wie hat es sich entwickelt und was hat dich dazu angetrieben? Du hast nicht nur verschiedene musikalische Stile ausprobiert, sondern auch ein Album auf Schwedisch veröffentlicht.

Zunächst bestand die Herausforderung darin, etwas Eigenes zu machen. Ich musste mich auf eine ganz andere Art mit Musik auseinandersetzen. Das Soloprojekt ist vielleicht eine noch größere Herausforderung, als Mitglied einer Band zu sein, in der du im Laufe der Zeit viel Selbstbewusstsein entwickelst und eben nicht alleine im Fokus stehst. Als ich anfing, in den späten Neunzigern bewusst Solosachen zu schreiben, spielte ich ab und zu mit Kristofer Aström von FIRESIDE. Er hatte angefangen, seine eigenen Sachen zu machen. Wir legten damals zufällig eine kurze Pause mit MILLENCOLIN ein. Ich begleitete ihn bei seiner Solotour und spielte bei einigen Auftritten Bass. Die Tatsache, dass er eine komplett andere Musik präsentierte, als man es von seiner Band kannte, hat mich echt beeindruckt und motiviert. Der Übergang vom Sänger einer Punkrock-Band zu einem Solokünstler war zuerst eigenartig. Die meisten Songs handeln von gebrochenen Herzen und allem, was damit verbunden ist. Es war interessant zu sehen, wie die Leute darauf reagieren und vor allem ich selbst. Ich ging nach der Veröffentlichung von „Lock-Sport-Krock“ nicht auf Tour, weil ich fand, dass ich nicht gut genug Gitarre spiele. Ich gehörte noch nie zu den Leuten, die sich hinsetzen und üben.

Dann noch mal zum Stichwort Herausforderung – im Mai nahmst du an der Wandertournee von Stiko Per Larsson teil.

Stiko ist auch ein Songwriter und ich habe direkt zugesagt, als Gast mitzuspielen – obwohl ich ihn bislang nur fünf Minuten auf einem Festival getroffen habe. Er fing im Mai im Süden von Schweden an, mit Rucksack und Gitarre jeden Abend ein Konzert an einem anderen Ort zu spielen. Ich habe ihn zehn Tage begleitet, in denen wir täglich 30 Kilometer zurücklegten, um dann aufzutreten. Wenn wir eben mitten im Nirgendwo sind, spielen wir irgendwo draußen. Ich machte vor allem mit, weil es eine Charity-Aktion ist. Wir nahmen keinen Eintritt. Jeder kann was spenden und die Auftritte wurden per Livestream gesendet. Das ist vor allem physisch echt anstrengend. Stiko macht das seit mehreren Jahren und legt diesmal 800 Kilometer zu Fuß zurück. Habe ich schon erwähnt, dass ich nebenher auch noch studiere?

Du studierst?

Ja, ich mache zur Zeit meinen Bachelor in Wirtschaftswissenschaft und Logistik. Das ist neben der Musik noch mal was ganz anderes, aber es ist echt interessant. Genauso, wie jetzt ein anderes Publikum zu haben, aber gleichzeitig auch mehr Möglichkeiten. Eben einfach mal ein Album auf Schwedisch aufzunehmen zum Beispiel.