Die finnische Psychobilly-Horrorpunk-Band um Sängerin Camy veröffentlichte unlängst die 4-Song-EP „First Aid“, nachdem ihr selbstbetiteltes Debütalbum von 2014, das ebenfalls auf Wolverine Records erschienen ist, hierzulande bereits gut ankam. Höchste Zeit also, Camy und ihren songschreibenden Leadgitarristen Hynde einmal zu befragen.
Auf der neuen EP klingt ihr wesentlich straighter als noch auf dem Debütalbum. Eine ganz normale Entwicklung für euch als Band?
Camy: Was ist schon normal? Es gab Wechsel im Line-up, die eben zu dieser neuen Richtung, dem aktuellen NIGHT NURSE-Sound geführt haben. Mir gefällt, wie es jetzt klingt, es ist so, wie ich es haben möchte, in jeder Hinsicht. Die Songs sind sowohl elektrisierend als auch interessant. Diese Abwechslung mag ich. Und wir haben mit Hynde einen neue Songwriter.
Hynde: Das Songwriting hat sich verändert, aber die Vorgehensweise ist sehr ähnlich: einer allein macht eben alles. Der größte Unterschied zu vorher ist, dass wir „First Aid“ live im Studio eingespielt haben. Also die Drums, Bass, Gitarre alles live, ohne Overdubs. Nur der Gesang und ein einziges Gitarrensolo wurden separat aufgenommen. Die erste CD war aus vielen einzelnen Teilen zusammensetzt, die über mehrere Jahre entstanden sind, darin besteht der Unterschied. Jetzt geht es eben mehr nach vorne, nun spielt eine Band. Gut, die Songs sind natürlich auch exzellent.
Camy, bist Tattoo-Künstlerin und Mutter, machst Burlesque-Shows und stellst etliche sexy Fotos von dir ins Netz – wunderbare Bilder, die stets mit einem Augenzwinkern daherkommen. Werden deine Bandmitglieder nicht manchmal eifersüchtig?
Camy: Da ist keine Eifersucht! Und das mit den Fotos hat ja mit NIGHT NURSE nichts zu tun, das mache ich völlig getrennt von Musik und Band. Nurse Camy ist die Sängerin und Frontfrau, aber letztlich ist die Gruppe das Wichtigste, wir treten ja gemeinsam auf. Genau deshalb wollten wir die EP wie eine Visitenkarte gestalten, nicht mit mir auf dem Cover, einfach weil wir wollen, dass die Leute die Musik hören. Die Musik steht im Mittelpunkt, und wie wir sie erarbeiten und auf der Bühne umsetzen – zusammen! Ich bin sehr glücklich, in meinem Leben und meiner Familie so tolle Menschen zu haben, die meinen Lifestyle und den Weg, den ich gehe, verstehen und unterstützen. Mit dem Tätowieren verdiene ich meinen Lebensunterhalt, ich habe mein eigenes Studio und richtig, ich bin auch Mutter. Ich habe einen ungezogenen fünf Jahre alten Punkrock-Sohn, der auf Musik steht und alles, das nach Horror aussieht. Er liebt mich, und ich liebe ihn. Mal sehen, was von ihm so künstlerisch zu erwarten ist, wenn er größer wird.
Hynde: Camy ist ein höllisches Gesamtpaket. Aber wenn NIGHT NURSE nur für „tits and ass“ stehen würden, wäre ich nicht in der Band. Es geht um großartige Musik und Freunde.
Begegnen dir alle Fans respektvoll oder hörst du ab und zu einige anzügliche Bemerkungen?
Camy: Ich bin selbst überrascht, aber es gibt keinerlei negatives Feedback. Ich habe verstärkt ermutigende und positive Rückmeldungen. Wenn es anders wäre, dann kämen die ja sicherlich auch nicht, um mir das direkt ins Gesicht zu sagen. Ich hoffe, die Leute entdecken unsere Musik und können heraushören, dass sich darin viele Talente und Erfahrungen verbergen.
Was sind die Ziele der Band? Hättet ihr beruflich die Möglichkeit, frei zu bekommen, wenn eine größere Tour anstehen würde?
Hynde: Das Ziel ist es, gute Musik, die wir selber mögen, zu kreieren, die unseren Patienten auch gefällt. Es gibt zu viel schrecklichen Alltagsscheiß überall, Politik und anderer Dreck. Wir wollen einfach gute Songs machen und diese unserem großartigen Publikum von Zeit zu Zeit live präsentieren.
Camy: Meiner Meinung nach könnten wir schon eine größere Tour stemmen.
Sind die räumlichen Entfernungen denn bei euch in Finnland groß? Wie oft könnt ihr überhaupt gemeinsam proben?
Camy: Ich brauche zwei Stunden bis Helsinki und habe so die längste Anreise zu bewältigen, unser Bassist die zweitlängste. Unser Set ist im Grunde bühnenfertig, wir proben immer nur kurz vor der jeweiligen Show. Mit dem vielen neuen Material jedoch, müssen wir etliches bearbeiten, auch für das neue Album. Wir sehen uns also etwa zwei bis vier Mal im Monat.
Hynde: Ja, wir treffen uns nicht allein wegen der Proben. Wenn wir proben, dann hat es weitergehende Gründe: ein Gig, Aufnahmen oder es entstehen neue Songs.
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