Es ist wahrscheinlich, dass ihr schon mal auf einem Konzert gewesen seid, das Marco Walzel gebucht hat. Denn Avocado Booking schickt so einige Bands hierzulande auf die Straßen. Außerdem zeichnet sich Marco auch für die Never Say Die! Tour verantwortlich und wir haben mal ein wenig mit ihm darüber gesprochen.
Vielleicht erst mal zu deiner Person: Wie lange bist du schon im Booking-Business beschäftigt? Womit fing es an? Wie kam es dann zu Avocado?
Avocado Booking gibt es seit 1996 und wurde von Ivonne Davies-Kreye und mir gegründet. Wir führen die Firma noch heute gemeinsam. Wir hatten davor ein Plattenlabel, Join The Team Player Records, als uns die ersten Bands gefragt haben, ob wir ihnen nicht auch dabei helfen könnten, in Europa auf Tour zu gehen. Unsere erste Tour war damals mit SWING KIDS aus San Diego. Justin Pearson von SWING KIDS, heute unter anderem bei RETOX und DEAD CROSS, kannte ich schon vor 1996, weil ich ihn damals für mein Fanzine, Speak So That I May See You, interviewt hatte. Auch wenn das Team von Avocado über die Jahre größer geworden ist, sind wir ein eng zusammengewachsenes, freundschaftlich verbundenes, eingespieltes, familiäres Team. Mit Kollegin Nanouk De Meijere etwa habe ich früher auch in Bands gespielt, unter anderem PAINT THE TOWN RED.
Dieses Jahr habt ihr ja das Line-up der Tour insofern geändert, dass es diesmal mehr Post-Hardcore-Bands sind. Wurde es nach zehn Jahren, in denen sie ja auch zeitweise als eine Art „Deathcore-Tour“ wahrgenommen wurde, Zeit für einen neuen Ansatz?
Einen neuen Ansatz würde ich das nicht nennen. Die Line-ups der letzten elf Jahre waren doch immer wieder sehr unterschiedlich und lassen sich nicht auf einen konstruierten Szenebegriff reduzieren. Unser Musikgeschmack bei den Avocados ist breitgefächert, daher ist das nicht der entscheidende Faktor bei der Auswahl der Bands. Das Schlüsselelement in der jährlichen Planung ist immer die Stimmigkeit: Welche Bands passen am besten zusammen und welche Bands erreichen in Kombination den bestmöglichen Synergieeffekt.
Hast du vielleicht ein oder zwei Highlights aus den vergangenen Jahren NSD!, die du mit uns teilen möchtest?
Eines der Highlights war sicherlich 2008, als PARKWAY DRIVE das erste Mal Headliner der Tour waren. Als Support waren damals UNEARTH, DESPISED ICON, ARCHITECTS und andere dabei. Die Tour hat richtig eingeschlagen und große Hallen gefüllt – und dass, obwohl alle Bands damals noch sehr viel unbekannter waren als heute. Unser Konzept ging 2008 voll auf und die Tour hat auch den Werdegang und Erfolg von PARKWAY DRIVE zum Teil mitgeprägt. Ein weiteres Highlight für mich ist, dass die Initiative Hope For The Day mit auf Never Say Die! aufgesprungen ist. Uns liegt viel daran, mit der Tour auch inhaltliche Themen zu präsentieren. Depressionen, Burnout, Suizid, das ist bei jungen Menschen allgemein, aber vor allem im Musikbusiness leider sehr präsent. Nur wenn wir über unsere psychischen Probleme, die uns zusetzen, sprechen und lernen, damit umzugehen, haben wir eine Chance auf ein gesundes und wirklich besseres Leben. Dafür braucht es Leute, die helfen, den ersten Schritt zu machen, sich zu öffnen. Jonny von Hope For The Day, der die Tour auch begleitet, ist eine dieser großartigen Persönlichkeiten.
© by Fuze - Ausgabe #72 Oktober/November 2018 und Dennis Müller