Seit Jahren war ich hinter diesem Interview her, aber per Mail gesendete Fragen wurden einfach nicht beantwortet, und telefonisch war nichts zu machen. Ich wollte schon aufgeben, als Tony von No Idea Records die Sache in die Hand nahm und mir tatsächlich die Telefonnummer von NAKED RAYGUN- und THE BOMB-Frontmann Jeff Pezzati mailte. Und siehe da, es klappte, und selten hat es mich so gefreut, ein Interview gemacht zu haben wie diesmal. Denn NAKED RAYGUN waren und sind für mich eine der Top Ten-US-Punkbands der Achtziger, ihre Platten in einer Liga mit denen von DAG NASTY, MISFITS, HÜSKER DÜ, SOCIAL DISTORTION, YOUTH BRIGADE oder 7 SECONDS. Ihr Markenzeichen war und ist der hymnische Chorgesang, das charakteristische „Whoa-hey-ho“, das auch die MISFITS so gerne einsetzten, und sie waren eng eingebunden in die Punk-Szene von Chicago, wurden zu großen Vorbildern von ALKALINE TRIO. Über die Jahre war die Band immer mal wieder aufgelöst oder auch nicht, es gab Reunions und Zeiten ohne Aktivität, doch seit 2007 sind NAKED RAYGUN offiziell wieder im Rennen, auch wenn Frontmann Pezzati seine Zeit auch noch THE BOMB widmet, einer genauso hymnischen Band, die im Herbst 2009 ein neues Album veröffentlichte. 2010 werden es vielleicht sowohl THE BOMB wie auch NAKED RAYGUN schaffen, in Europa zu touren, ein neues NR-Album steht ebenso an, und so gab es genug Stoff für ein Gespräch mit Jeff.
Im Vorfeld des Interviews warnte mich euer Promoter, es sei nicht einfach, dich zu interviewen. Wie kommt der zu der Aussage?
Keine Ahnung, ich bin ein netter Kerl, ich rede mit jedem.
Das freut mich zu hören. Für mich ist dieses Interview etwas Besonderes, bin ich doch ein alter Fan von dir und deiner Band. Aber wie ist der Status von NAKED RAYGUN heute, interessiert sich außer mir und ein paar anderen alten Fans noch jemand für euch?
In Chicago waren wir schon immer eine große Nummer, und dadurch, dass wir mehrfach beim „Riot Fest“ gespielt haben, erreichen wir mittlerweile auch wieder ein jüngeres Publikum und zu unseren Shows in Chicago kommen alte wie junge Fans. Wenn wir außerhalb von Chicago spielen, ist das Publikum aber ein eher älteres, da müssen wir die Jungen erst wieder erreichen. Wir waren aber auch lange Zeit nicht unterwegs, tourten 2009 erstmals seit langem wieder an East- und Westcoast. Und Europa steht auch auf unserem Plan für 2010, sowohl für NAKED RAYGUN als auch THE BOMB.
Für mich ist das THE BOMB-Album eine der besten Punk-Scheiben 2009.
Danke, J Robbins hat da als Produzent echt einen guten Job gemacht.
Stimmt, aber du musst mir erklären, wieso ihr da „ Space age love song“ von der Achtziger-New-Romantic-Band A FLOCK OF SEAGULLS gecovert habt.
Bill, unser Gitarrist, hatte damals eine Frisur wie die des Sängers von A FLOCK OF SEAGULLS. Er mochte die Band damals sehr, er wollte das Lied covern, und wir fanden die Idee okay, den Song so straight und unverändert nachzuspielen, nur mit Gitarren und ohne Keyboards, obwohl A FLOCK OF SEAGULLS in den Achtzigern natürlich unter Punks überhaupt nicht gingen.
Wenn wir schon von alten Bands reden: Welche brachten dich damals zum Punkrock?
Mein älterer Bruder war damals ein wichtiger Einfluss, und der brachte Platten von THE CLASH, SIOUXSIE & THE BANSHEES und SEX PISTOLS nach Hause. Ich kapierte aber zu Beginn nicht, was das für Musik sein sollte, und hörte lieber weiter meine Heavy-Metal-Platten. Dann aber schleppte Marko die DEAD BOYS an, und ich konvertierte sofort. Es waren dann aber die BUZZCOCKS, WIRE, X-RAY SPEX, UNDERTONES, GENERATION X, STRANGLERS und andere englische Bands, die mich dazu brachten, selbst eine Band haben zu wollen. Die klangen für mich, als ob sie alle auf die gleiche Universität gehen, da aber verschiedene Fächer studieren. Mit NAKED RAYGUN wollte ich deshalb so klingen, als ob wir auch diese Universität besuchen – einzigartig, ohne jemanden zu kopieren, aber doch erkennbar einer bestimmten Schule angehörig. Von daher beschränkte sich unser wirklicher Einfluss seitens dieser Bands eher auf die Attitüde und weniger auf die Musik.
Auf der einen Seite stand da also die Begeisterung für englische Bands, auf der anderen eure Herkunft aus Chicago, einer ganz anderen Welt.
Wir hatten ja nicht diesen Hintergrund von Armut und Lebensangst, sondern unsere eigenen Themen. Und so schrieben wir über unsere eigenen Probleme und was uns sonst so beschäftigte, was auch Liebeslieder beinhaltete, wenn auch eher eigenwillige. Wir versuchten also nicht so zu tun, als seien wir aus England, und als wir später dort auftraten, mussten wir feststellen, dass wir da nicht wirklich gut verstanden wurden von unserem Ansatz her. Die Leute mochten uns, ja, aber irgendwie war da dieser Vorbehalt „Das habe ich schon mal gehört, die sind ja wie eine englische Band“.
Zumindest in Deutschland aber kamt ihr ohne Vorbehalte gut an Ende der Achtziger, da wart ihr eine der US-Punkbands, die jeder hörte, der sich für solche Musik interessierte.
So was bekommt man ja oft erst im Nachhinein mit. In den USA war es so 1994, als wir längst aufgelöst waren, dass Leute mich ansprachen, ob ich denn wisse, wie groß NAKED RAYGUN immer noch seien. Ich konnte da nur mit einem erstaunten „Ach ja?“ antworten. Und 1995 und 1996 kamen die gleichen Reaktionen, verbunden mit der Bitte, doch endlich weiterzumachen.
Was fasziniert die Leute so an eurer Musik?
Ich vergleiche das immer mit den BUZZCOCKS: Wenn du deren Alben heute auflegst, haben die bis heute ihre Qualität bewahrt, denn die haben einfach keine schlechten Songs geschrieben. Und so war es uns auch immer wichtig, keine miesen Songs auf die Alben zu packen. Wir waren immer sehr wählerisch bei der Songauswahl für die Alben, es gab keine schwachen Songs zum Auffüllen, und das, zusammen mit dem Potenzial, die Lieder beim Duschen mitzupfeifen, macht ihre Qualität aus.
Das Mitsing-Potenzial, da sprichst du was an: Eure „Whoa-hey-ho“-Chöre sind legendär.
Ja, wir sind die zweitbeste „Whoa-hey-ho“-Band der Welt – nach den MISFITS, hahaha. Die Sache ist eine Erfindung von Santiago Durango, unserem ersten Gitarristen, und der hat das noch vor den MISFITS erfunden. Dabei ist dieses „Whoa-hey-ho“ ja ganz einfach, mich wundert, dass nicht mehr Bands damit arbeiten. Irgendwie wurde das zu unserem Markenzeichen, und ich schreibe einfach gerne Songs in diesem Stil. Es ist auch deshalb dankbar, weil „Whoa-hey-ho“ in jeder Sprache funktioniert und es jeder mitsingen kann.
Dieses Stilmittel setzt du seit 1999 auch bei THE BOMB ein, deiner Band, die mittlerweile parallel zu NAKED RAYGUN existiert.
Die Band existiert ja schon lange, wenn auch in einem anderen Line-up. Die erste Veröffentlichung war eine 3-Song-EP, bei der ich versuchte, das nach THE JAM klingen zu lassen. Ich merkte aber, dass ich auf Dauer keine Songs in diesem Mod-Stil schreiben kann, und so wurde THE BOMB zu einem Mittelding zwischen NAKED RAYGUN und THE JAM. Als dann von der ersten Besetzung alle raus waren, entwickelte sich der heutige Sound. Mit Pete Mittler und Mike Soucy, dem Bassisten und dem Drummer der METHADONES, haben wir jetzt ein festes Line-up, und Jeff Dean spielt Gitarre und schreibt alle Songs, bis auf die Texte und die Gesangsmelodien, das mache ich. Das ist eine ganz andere Art des Arbeitens, als ich es von NAKED RAYGUN gewohnt bin, denn er kommt mit einem komplett fertigen Song zur Probe, allerdings ohne eine Idee für den Gesang, was dann allein mein Job ist. Und dann fangen die drei an, den Song zu proben, das geht ein halbes Jahr lang, und ich stehe dabei und höre zu. Und die fragen immer: „Und, fällt dir was ein?“, und ich antworte: „Nein, überhaupt nichts.“ Ich meine, ich könnte irgendwas singen, aber ich bin da sehr wählerisch, also warte ich ab, bis mir wirklich was Gutes einfällt. Der große Unterschied zwischen THE BOMB und NAKED RAYGUN ist der, dass THE BOMB in Chicago nur vor ein paar hundert Leuten spielen, NAKED RAYGUN aber vor ein paar tausend. Ich lege keinen Wert darauf, dass man mich auf der Straße erkennt und anspricht, aber ab und zu passiert das, das ist schön, aber NAKED RAYGUN sind als Phänomen längst viel größer als die Leute in der Band. Das Wichtigste ist, dass die Musik geschätzt wird.
Aus der Frühzeit des Chicago-Punkrocks gibt es eigentlich nur eine andere vergleichbare Band, die ähnlichen Kultstatus hat, und das sind THE EFFIGIES. Wie war euer Verhältnis?
Die EFFIGIES waren eine großartige Band, und Pierre Kezdy, der Bassist von NAKED RAYGUN, ist der Bruder von John Kezdy, dem Sänger der EFFIGIES. Wir haben über die Jahre natürlich auch viele Konzerte zusammen gespielt, und ich weiß noch, dass ich mir beim ersten Konzert dachte, dass die mindestens doppelt so gut sind wie wir und wir uns echt anstrengen müssen, um so gut zu werden. Die hatten genau die richtigen Songs und Melodien und Chöre und Intros und Outros, und wir konnten nur wild herumbrüllen, hahaha. Die waren sehr tight, hatten eine toughe Ausstrahlung, das beeindruckte mich. Das Problem der EFFIGIES, die ihre aktive Zeit von 1980 bis 1990 hatten, aber seit 2004 auch wieder Konzerte spielen, ist meiner Meinung nach, dass sie nicht genug Alben machten. Es waren letztlich nur drei, während wir es auf sechs brachten. Die spielen seit 2004 hier und da mal ein Konzert, und bis auf Earl, den ursprünglichen Gitarristen, sind die noch in Originalbesetzung.
Apropos Material: Ihr arbeitet angeblich an einem neuen NAKED RAYGUN-Album.
Ja, wir hatten ursprünglich den Plan, alle zwei Monate vier neue Songs aufzunehmen, aber das stellte sich schnell als zu ambitioniert heraus, denn wir sind ziemlich faul. Der weitere Plan sah vor, zwei Songs auf Vinyl zu veröffentlichen und die beiden anderen fürs Album zurückzuhalten. Nun, letztlich taugten nur drei Songs der ersten Session was, zwei sind auf der ersten Single, einer kommt auf die zweite 7“. Und wenn wir dann fünf oder sechs Singles zusammen haben, machen wir eine CD daraus und das ist dann das Album. Wir bewegen uns da also in kleinen Schritten.
Welche Rolle spielen NAKED RAYGUN derzeit in deinem Leben? Wärest du bereit, für eine zweite Karriere noch mal was zu riskieren?
Wir haben darüber in der Band noch nicht geredet, aber keiner von uns hat einen so tollen Job, dass der der Band im Wege stehen würde. Ich war bis Ende Mitte 2008 Teilhaber einer ganz okay laufenden Firma, habe meinen Anteil aber an meinen Geschäftspartner verkauft und derzeit durchaus Zeit. Eric repariert Klimaanlagen, Pierre ist selbständiger Klempner und Bill macht gerade eine Ausbildung zum Bibliothekar und arbeitet nebenher in einem Supermarkt. Für mich wäre also jede Art von Einkommen derzeit eine gute Sache, aber ich würde nichts machen, was den Namen NAKED RAYGUN zerstört. Das schließt also aus, in Chicago mehr als zweimal im Jahr zu spielen, und so hätte ich nichts dagegen, öfter mal an der East- und Westcoast und auch in Europa zu spielen. Ich wäre also durchaus bereit, wieder richtig ernsthaft mit der Band zu arbeiten.
Und du bist zuversichtlich, dass ihr es auch 2010 noch bringt? Klar, mit THE BOMB überzeugst du mich, andererseits haben nicht wenige alte Bands mit ihrer Reunion enttäuscht.
Man hat mir gesagt, unser letztes Konzert neulich sei unser bestes überhaupt gewesen. Hm, also ich fand andere in den letzten zwei Jahren besser, aber irgendwie haben wir bei dem Konzert wohl den Nerv vieler getroffen. Von daher denke ich schon, dass wir es noch draufhaben.
Und was reizt dich immer noch daran, in einer Punkband zu singen?
Ich stehe gerne vorne auf der Bühne, ich mag diese Musik und will sie Jüngeren nahe bringen, um sicherzustellen, dass sie musikalisch in der richtigen Spur bleiben. Ich habe schon immer eine gewisse Verpflichtung verspürt, die Fackel weiterzureichen an die nächste Generation, und eine Band wie GREEN DAY ist ja auch der Beweis, dass wir das geschafft haben. Aber manchmal geraten die Kids vom rechten Weg ab und fangen an, schlechte Musik zu hören, so dass es Leute wie uns braucht, um sie wieder auf den richtigen Weg zu führen.
Definiere „schlechte Musik“.
So was wie Dave Matthews oder John Mayer. Und viele der weiblichen Popsängerinnen aus den USA heutzutage sind schrecklich. Das ist alles nur elektronisch gepimptes Zeug, und die einzige, die wirklich singen kann, ist Christina Aguilera. Die ganze „New Wave of Country“ ist brechreizerregend. Mich nerven all diese echt gut aussehenden jungen Männer, die keine vernünftigen Songs haben und nicht mal richtigen Country spielen, sondern nur so Country-Rock. Das macht mich wütend.
Das kann ich sehr gut verstehen. Was für Musik gefällt dir?
Viel Weicheiermusik. Ich höre sehr viel Morrissey, mag die SHINS, ARCADE FIRE, also auch eher ruhigere Sachen.
Als harten Kontrast dazu warst du in den Achtzigern auch mal bei BIG BLACK. Wie kam das?
Ich war der erste Bassist von BIG BLACK. Steve Albini hing damals ständig mit uns rum, er hatte gerade die erste EP raus, aber keine richtige Band. Und eines Tages standen wir so zusammen rum, und plötzlich sagte Santiago: „Steve, wenn du eine richtige Band haben willst, dann spiele ich Gitarre.“ Und ich fügte hinzu „Und ich auch!“ Steve antworte mir „Nein, du spielst Bass, ich spiele Gitarre.“ Und so hatte Steve plötzlich eine Band. Wir fingen an zu proben, und BIG BLACK war wirklich die beste Band, in der ich war, denn bei NAKED RAYGUN hatte ich damals das Gefühl, wirklich alles machen zu müssen, beim Booking angefangen, aber auch Posterdesign, das Beantworten der Fanpost, und so weiter. Bei BIG BLACK hingegen musste ich gar nichts tun, keine Songs schreiben, nur pünktlich zur Probe kommen und Bass spielen. Das war sehr entspannend, und ich hätte echt noch lange bei BIG BLACK bleiben können. Doch beide Bands wurden zu der Zeit immer größer, und beide gleichzeitig, das ging nicht, also entschied ich mich für NAKED RAYGUN und sagte Steve, er müsse sich einen neuen Bassisten suchen. Konzerte mit BIG BLACK in Chicago zu spielen, das war auch jedes Mal ein echter Trip, denn die Leute hassten Steve. Er war ja eigentlich Musikjournalist, er schrieb für viele Fanzines und Magazine und hielt mit seiner Meinung nie hinterm Berg, ließ jeden wissen, was er gut findet und was nicht, äußerte sich also sehr klar über Bands, Clubs, Menschen. Er hatte also viele Feinde, und so kamen damals zu BIG BLACK-Konzerten in Chicago nicht wirklich viele Besucher. Später dann, als ich raus war, wurden BIG BLACK größer und das änderte sich, gerade auch außerhalb von Chicago.
BIG BLACK waren schon ein harter Gegensatz zur melodiösen Musik von NAKED RAYGUN. Wie passte das zusammen?
„Musik wie ein Presslufthammer“, hieß es immer. Ich habe bei BIG BLACK einfach gespielt, was Steve mir sagte. Steve hat all diese Songs geschrieben, ich habe keine Ahnung, warum er mich als Co-Songwriter angegeben hat und warum ich bis heute Lizenzabrechnungen dafür bekomme. NAKED RAYGUN dagegen, das war und ist meine Band.
Wenn du schon Abrechnungen ansprichst: Sind derzeit alle NAKED RAYGUN-Alben zu haben?
Mit Corey Rusk von Touch & Go haben wir seit langem einen Handshake-Deal, und die kümmern sich darum, dass die CDs weiterhin erhältlich sind. Touch & Go ist auch das einzige Label, von dem ich jemals Geld gesehen habe, nachdem eine Platte erschienen ist. Das sind die einzigen ehrlichen, verlässlichen Leute da draußen. Was nun das Vinyl anbelangt, so wurden die Alben kürzlich von Haunted Town Records neu aufgelegt in einer Erstauflage von jeweils 1.000 Stück. Die sind echt gut geworden, mit exakter Reproduktion des Originalartworks, einem Poster, den Texten und Linernotes, und dazu extradickes, farbiges Vinyl. Bis auf das letzte Album „Raygun ... Naked Raygun“ sind die alle in dieser Form erhältlich.
Solche Aktionen erfordern ja oft die Zustimmung der Ex-Bandmitglieder. Hast du mit denen noch Kontakt?
Mit manchen. Mit meinem Bruder natürlich, der arbeitet für Matador Records und macht deren Artwork. Außerdem spielt er bei der Stoner-Rock-Band ENDLESS BOOGIE, die auch schon in Europa auf Tour waren. John Haggerty ist Barkeeper und spielt bei PEGBOY, die ja auch noch aktiv sind. Ich sehe ihn gelegentlich, wir tauschen ein paar Freundlichkeiten aus, aber von anderer Seite habe ich gehört, dass er nicht gut auf mich zu sprechen ist – keine Ahnung warum. Camilo Gonzalez, der zweite Bassist, den sehe ich alle paar Monate mal irgendwo. Jim Colao, der Schlagzeug spielte, habe ich lange nicht mehr gesehen, und Santiago Durango, unser Ex-Gitarrist, lebt in Ottawa, Illinois und arbeitet als Anwalt. Der war zweimal verheiratet und ist jetzt wieder Single und ich glaube, sein Leben ist noch chaotischer als meines. Ich habe ihn zuletzt beim Touch & Go-Jubiläumsfestival getroffen, als wir mit BIG BLACK ein paar Songs spielten.
Und bist du im Besitz aller NAKED RAYGUN-Platten und vor allem all der bekloppten „Free Shit“-Werbeartikel mit NAKED RAYGUN-Aufdruck?
Ich habe alles! Von manchen Sache habe ich nur ein paar, von anderen noch recht viel. Ich habe sieben „Flammable Solid“-Singles, ein paar „Basement Screams“-12“s, eine ganze Kiste von „Understand?“-LPs – und einen ganzen Stapel der „Lungs“-EP von BIG BLACK. Und ich habe auch, aber erzähl Albini das bloß nicht, ein 2“-Mastertape mit drei frühen BIG BLACK-Songs. Außerdem habe ich noch ein Exemplar der BIG BLACK-Platte mit Metall-Cover. Die Cover haben wir damals in der Werkstatt meines Vaters gemacht.
Wenn es also hart auf hart kommt, hast du noch Material für eBay.
Das hat meine Ex-Frau auch immer gesagt, haha. Aber das ist mir zu kompliziert, dafür bin ich zu unorganisiert. Ich habe aber immer dafür gesorgt, mir von all unserem „Free Shit“, das wir bei den Shows in Chicago verteilen, was zurückzuhalten. Pierre hat sich das immer ausgedacht, richtig smarte Sachen, wie zum Beispiel einen Gummilappen, mit dessen Hilfe man Konservengläser leichter aufschrauben kann. Darauf steht: „NAKED RAYGUN – Get a grip on yourself“, das gab es in vier Farben. Oder wir haben unzerbrechliche Kämme gemacht, wie man sie früher beim Friseur geschenkt bekam. Auf denen stand „NAKED RAYGUN – Get a haircut“. Oder eine kleine Pfeife mit der Aufschrift „NR – Blow me“. Und neulich hatten wir Kondome. Die sind zwar selbst nicht bedruckt, aber die Verpackung: „NAKED RAYGUN – Contents: One Love Glove“. Die Dinger werfen wir dann immer ins Publikum und die Leute kämpfen darum, so was zu ergattern.
Dann hoffe ich, dass wir uns bald in Deutschland um solchen Free Shit balgen dürfen.
Ich hoffe es auch. Und ich toure gern in Deutschland, da ist vieles so vertraut. Bei euch funktioniert vieles wie bei uns, das macht es einfach sich zurechtzufinden. Viel einfacher als England, wo sie auf der falschen Seite der Straße fahren und man die Leute wegen des komischen Dialekts auch einfach nicht versteht, haha.
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