MUNICIPAL WASTE

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L.A. unter Wasser?

Seit nunmehr fast zehn Jahren sind MUNICIPAL WASTE aktiv. Sie konnten vor allem durch ihre wilde Mixtur aus Achtziger-Jahre Thrash Metal und zeitgleich einzuordnendem Hardcore von sich Reden machen. Ein Sound, der durchaus Erinnerungen an Bands wie NUCLEAR ASSAULT, ANTHRAX oder D.R.I. wachruft. Ihre Affinität zu Kurt-Russel-Filmen, sowie der Hang gewisser Bandmitglieder zur darstellenden Kunst bot neben dem kommenden Album „Massive Aggressive“ genug Gesprächsstoff, so dass ich mich im schwül-heißen London des Monats Juli bei eiskaltem Bier und leckeren Knabbereien mit Sänger Tony „Guardrail“ Foresta und Gitarrist Ryan Waste traf.

Zunächst einmal möchte ich gerne eines wissen: Was ist dran an dem Gerücht, dass ihr die weltgrößten Partytiere seid?

Tony: Na ja, zumindest für die Zeit, als unser Album „The Art Of Partying“ erschienen ist, kann man das so stehen lassen, hahaha. Etwas ruhiger sind wir aber inzwischen dennoch geworden, denn jeden Tag ein Kater zu haben, macht einen ganz schön fertig. Gerade in Deutschland haben wir es ganz schön krachen lassen.

Seid ihr eigentlich immer noch Fans von Kurt Russel?

Ryan: „Flucht aus L.A.“ ist ein absolut großartiger Film! Allein die Szene auf dem Surfboard, als Snake anschließend ins Meer hinabtaucht ...

Tony: Ja, fantastisch. Du siehst, wie er taucht und hast plötzlich L.A. vor Augen, wie du es kennst, allerdings komplett unter Wasser. Ich meine, der Film ist komplett in den Universal Studios entstanden und dann diese Szene: großartig! Alles unter Wasser und es sieht total echt aus.

Ryan: Oder auch das Basketballspiel. Es sieht fast so aus, als sei Kurt Russel zum Basketballspielen geboren.

In der Tat, das macht schon was her ... Ich frage das wegen eurer 2000er Split-EP mit BAD ACID TRIP namens „Tango & Thrash“. Die Anlehnung an einen bekannten Kurt Russel-Film ist unverkennbar.

Tony: Ja, das ist sozusagen ein drei- bis vierminütiges Tribute-Album.

Ryan: Absolut. Manche Samples auf dieser Scheibe sind länger als die eigentlichen Songs, hahaha.

Tony, erzähl doch mal etwas über dein Faible für Kunst.

Tony: Na ja, das fing eigentlich ganz harmlos an. Ich habe einfach das eine oder andere Gemälde gesehen und festgestellt: „Mann, das gefällt dir!“ Ich habe dann eine Menge Ausstellungen besucht und schließlich damit begonnen, mir selbst einige Bilder zu kaufen. Heute sind deshalb oft eine Menge Leute in meinem Haus, um meine Neuerwerbungen zu sehen. Fast wie bei einer Ausstellung. Das ist schon alles.

Okay, aber was genau hat es mit dem Bild von Tupac Shakur auf sich? Bist du insgeheim ein HipHop-Fan?

Tony: Ich habe dieses Bild auf Tour ausfindig gemacht und musste dabei gleich an einen Freund denken, der auf total verrückte Sachen abfährt. Ich kaufte also dieses Bild und fuhr es mit meinem Auto zu ihm, das Bild auf dem Beifahrersitz. Er hat ein ganz schön blödes Gesicht gemacht, als ich mit dem Bild vorfuhr. Nun ja, inzwischen hängt es bei mir zu Hause und was soll ich sagen, ich mag es irgendwie.

Ich schätze, dass eine Menge Thrash-Fans ganz schön gestaunt hätten, wenn sie dich damit durch die Stadt hätten fahren sehen.

Tony: Oh ja, auf jeden Fall, haha. Die wären ganz schön geschockt.

Nun, im Grunde ging es mir ja ähnlich, als ich den Clip auf YouTube gesehen habe, in dem du deine beeindruckende Sammlung vorstellst und unter anderem auch besagtes Bild kommentierst.

Tony: Wie bitte? Auf YouTube? Da gibt es einen Clip drüber?

Ryan: Ja, Mann, Wusstest du das etwa nicht. Der Clip wurde ins Netz gestellt.

Tony: Na ja, warum auch nicht? Ist ja schließlich eine interessante Story, vor allem weil man sieht, das manche dieser Bilder in meinem Haus letztlich auch als Coverartwork Verwendung fanden.

Was waren eure Beweggründe, Thrash Metal mit Hardcore zu kombinieren und diesen „Crossover-Sound“ zu kreieren?

Tony: Nun, das lag in erster Linie an den ganzen Bands, die wir gerne gehört haben, wie S.O.D., NUCLEAR ASSAULT, D.R.I. oder ANTHRAX.

Ryan: Wenn man es genau nimmt, ist doch Thrash Metal nichts weiter als die extremste Form von Hardcore. Von daher kann man unseren Stil ja noch nicht mal als richtigen „Crossover“ bezeichnen. Die Grenzen sind da einfach verschwommen. Es gibt so viele langhaarige Typen, die Hardcore-Shirts tragen. Ist doch eigentlich auch egal, denn im Grunde hat eh irgendwo alles seine Wurzeln im Punk.

Tony: Ja, denn wir waren in der Highschool alle Punks, bevor wir letztlich zum Metal fanden.

Nichtsdestotrotz klingen eure neuen Songs auf „Massive Aggressive“ mehr nach Thrash Metal, als es bisher der Fall war.

Tony: Ganz im Ernst: Du bist der Erste, der das sagt. Irgendwie denken alle, wir hätten den Fokus mehr auf Hardcore gelegt. Aber eigentlich ist es doch eh so, dass Musik immer eine Frage der persönlichen Wahrnehmung ist.

Klar, aber die deutlich erkennbare Ähnlichkeit mit ANTHRAX ist nun wirklich nicht von der Hand zu weisen.

Tony: Letztlich ist ANTHRAX eine erstklassige Band, von daher brauchen wir uns über einen derartigen Vergleich sicher nicht zu beschweren.

Wohl wahr. Verratet mir doch bitte die Bedeutung des neuen Albumtitels „Massive Aggressive“.

Ryan: Sagt dir der Begriff „passive aggressive“ etwas? Es handelt sich dabei um eine Persönlichkeitsstörung, bei der die Betroffenen sich vor enormem Leistungsdruck und Anforderungen von Vorgesetzten verkriechen und mit einer schieren Abwehrhaltung reagieren. Unser Titel meint im Grunde das Gegenteil: Verkriecht euch nicht, sondern erhebt euch und wehrt euch. Zeigt selber, wo es langzugehen hat. Ihr bestimmt euer Leben selbst!

Also liege ich richtig, wenn ich sage, dass eure neuen Songs eine insgesamt ernstere Aussage haben?

Ryan: Ja, die neue Platte bringt diverse ernste Themen zur Sprache.

Tony: Wir haben schon versucht, eine Message rüberzubringen und nicht permanent auf der Partyschiene zu fahren. Den Spaß an der Sache haben wir aber nicht außer Acht gelassen. Klar, haben einige Songs einen ernsten und vor allem wahren Hintergrund. Nimm zum Beispiel „Wolves of Chernobyl“, der sich mit den Geschehnissen im damaligen und im heutigen Tschernobyl beschäftigt. Eine Geschichte, die zwar schon lange her ist, aber deswegen nicht vergessen werden sollte, denn beispielsweise die Radioaktivität, die gibt es dort auch noch heute. Die Leute vergessen das nur immer wieder gerne.

Eine deutliche Sprache spricht auch euer neues Artwork. Habt ihr keine Angst vor der Zensurpolitik mancher Länder?

Ryan: Na ja, ich denke nicht, dass es da Probleme geben wird. Es ist doch nur ein Bild. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich daran jemand stört.

Nun, zumindest in Deutschland kenne ich eine Person, die in dieser Hinsicht schon einiges erreicht hat. Ihr Name ist Christa Jenal, eine Lehrerin, die es geschafft hat, dass in Deutschland diverse Albumcover, insbesondere von CANNIBAL CORPSE, sowie einige Songtexte und -titel der Zensur zum Opfer gefallen sind.

Ryan: Letztlich auch egal, denn wenn Metal eines soll, dann provozieren. Nicht nur durch die Musik, sondern auch durch das Artwork.

Was sind denn nun die nächsten Schritte, die ihr mit MUNICIPAL WASTE vorhabt?

Tony: Nun, das Album ist ja jetzt erst mal im Kasten, weshalb wir aktuell unser Augenmerk auf die anstehende Tour richten werden. Wir können es kaum noch erwarten, endlich mit den neuen Songs aufzutreten. Danach sehen wir erst mal ganz entspannt weiter.