Mosh Monster Münster Vol. II

Today: NO TALENT NECESSARY vs. GODZILLA FLIP

Ein neues Semester hat begonnen. Die Stadt ist wieder mal voll mit nach Unterhaltung und ausgiebiger Freizeit gierenden jungen Menschen. Ihre und eure hilflose Jugendlichkeit gilt es auszunützen. Im Sinne positiver Beeinflussung. Deshalb gibt es heute wieder zwei kleine Orientierungshilfen für die weitläufige Welt der Untergrundszene Münsters. Guter Geschmack hat schließlich noch niemandem geschadet.

1, 2, 1 ...: One two three four! Heutzutage bekommt man bei eBay ja alles, was man als durchschnittlicher Verbraucher benötigt, um das einer Industrienation angemessenes Konsumentenleben zu führen. Nach den vom Papst selbst verzehrten Schnitzeln werden endlich wieder sinnvolle Dinge angeboten. Zum Beispiel eine Punkband. NO TALENT NECESSARY haben kein Problem damit, für den Ersteigerungserlös die Party eines Bundesligafanclubs auf Vordermann zu bringen. Auch wenn sie dafür „Griechischer Wein“ in Zwei-Finger-Akkorde umsetzen müssen. Der Bandname lässt sowieso vermuten, dass sie nicht viel brauchen, um laut zu sein. Die klassische Rockbandbesetzung mit fünf Leuten reicht seit sieben Jahren aus. Verstärker auf zehn und dann ab auf die zwölf. Auch wenn sie sich, der 77er-Punkrock-Etikette gemäß, in den Anfangstagen, in denen ganz schnell ein Bandname her musste, die Gabe zum Musizieren absprachen – die Hingabe war schon immer da. Die Bühne ist ihr Bolzplatz. NO TALENT NECESSARY prügeln sich durch ihr Set und bewegen sich schnell.

„Das ist Absicht“, erzählt Gitarrist Manuel, „wir geben dem Punkrock die Bewegung zurück.“ Und die Melodien. Denn die Jungs sind musikalisch außerordentlich harmoniebedürftig. Mehrstimmige Hooklines brechen die Herzen. Die Münsteraner spielen Melodycore, der sich hinter anderen Szenegrößen nicht zu verstecken brauche, schrieb das Ox in Ausgabe 56 über ihre letzte EP „Forced To Lactate“ (2004) und zog sogar den Vergleich zu LAGWAGON und NOFX. Die komplette Diskografie, die eine weitere EP, Samplerbeiträge und unveröffentlichte Songs umfasst, steht auf ihrer Homepage zum kostenlosen Download bereit. NO TALENT NECESSARY sind Punkrock. Sie träumen nicht von dem Majorsigning, sie packen lieber als Hobbyband an, und das richtig.

„Sicher würden wir ein Angebot für eine Produktion oder eine große Support-Tour annehmen, aber woher sollte das kommen?“, so Manuel. Lieber auf dem Teppich bleiben und beizeiten selber etwas veröffentlichen. Eine realistische Einstellung, die sie mit wenigen Gruppen gemeinsam haben. Diese Band zeigt, dass Selbermachen nicht zwangsläufig mit Qualitätsverlust verbunden ist. Sie sparen schon fleißig für die nächsten Studioaufnahmen. Die neuen Songs werden wahrscheinlich ein bisschen anders klingen, denn mit Lars ist ein neuer Gitarrist in der Band, der auch einige Ideen in die Musik einfließen lässt. Und woher nehmen sie die Inspiration für ihre schönen Songs? Manuel: „Wir klauen überall. Uns ist nichts heilig.“ Deshalb stehen sie ja auch nicht in der Kirche sondern bei eBay. Schaut mal rein und kauft euch eine gute Band!

Die Pychobillypunks GODZILLA FLIP bevorzugen eher dunklere Töne. Weniger hymnisch sind sie deshalb nicht. Und sie dürften eine der ersten Bands sein, die einen eigenen Longdrink zur Band erfanden. Giftgrün wie das Corporate Design der Flips und ziemlich alkoholhaltig hat diese Geheimrezeptur schon so manchen Konzertbesucher bis zum Verlust der Muttersprache bestochen. Und die Ende 2003 gegründete Band hat schon viele Konzerte gespielt. Jetzt ist das erste Album „Kamikaze Attack“ (Crazy Love, 2005) veröffentlicht worden, und GODZILLA FLIP wollen über die Teiche dieser Welt springen.

„Wir haben kürzlich einige Schallplatten und Shirts nach Amerika und Japan geschickt“, berichtet Marco, der für die organisatorischen Belange der Band und einen flott gezupften Darm am Kontrabass verantwortlich ist. „Gerade in Japan scheint Psychopunk aus Deutschland gerade gut anzukommen“, so Marco. Bei dem Bandnamen dürften sie gerade in Tokio offene Türen einrennen. Aber nicht nur dort, auch hierzulande erfreuen sich GODZILLA FLIP gemeinsam mit Bands wie MAD SIN oder den Schweizern THE PEACOCKS wachsender Beliebtheit. Marco rückt die Band in den richtigen Kontext: „Natürlich sind wir auch von Rockabilly-Bands beeinflusst, aber wir kommen eher aus der Punk-Ecke. Ich bin über RAMONES und DEAD KENNEDYS zum Bass gekommen.“

Bei den Flips geht es einfach eine Nummer schneller zur Sache als bei den klassischen Rockabilly-Bands. Dazu werden fette Chöre zum Mitgrölen und einige in Metal-Manier gegniedelte Gitarrensoli serviert. Die Band hat den bösen Blick und gibt sich tätowiert. Klischees in der Präsentation werden nicht unbedingt ausgelassen, und gerade das lässt das Gesamtkonzept stimmig wirken. Ein Video im Gruselpunkstil haben sie gedreht und höllischen Spaß dabei gehabt, erzählt Schlagzeuger Marcel. Das Ergebnis ist auf ihrer Internetseite zu sehen. Eightball-Feeling herrscht auf der Bühne, während sich davor Punks, Rocker, Skins und allerlei Billys im Moshpit vergnügen. Gerne würden sie nächstes Jahr eine kleine Tour von etwa zwei Wochen planen, aber aufgrund der „Nebentätigkeiten“ der einzelnen Bandmitglieder sei das, laut Marco, „eher unrealistisch“. Trotzdem ist ihnen für ein amtliches Konzert kein Weg zu weit. Wenn ihr wissen möchtet, wie sich die Schnittmenge aus Punk, Rock, Psychobilly, Zombies, grünen Flammen und Nietengürteln anfühlt und -hört, sagt ihnen einfach Bescheid. Sonst wird Godzilla eines Tages unangemeldet an eure Tür klopfen. Ob sie das wohl aushält?