Immer schön ein Album nach dem anderen. Doch was ist am Ende davon noch wichtig? Nach ihrem Erfolgsalbum „The Red Tree“ stellen MONEEN mit ihrem neuen Album „The World I Want To Leave Behind“ klar, dass sie es niemandem mehr beweisen müssen. Wenn du willst, sage, dass sie ruhiger geworden sind. Wenn du sie kennst, kannst du entscheiden, ob dir diese Entwicklung zusagt. Wenn du aber mit ihnen älter geworden bist, ist es genau das Richtige für dich. „The World I Want To Leave Behind“ ist ein Album, das dich deine alten Platten wieder herauskramen lässt. Das dir aber auch bewusst macht: Du bist keine 16 mehr. Dafür hattest du damals aber eine verdammt gute Zeit.
Den Platz auf dem Soundtrack für erwachsene Post-Hardcoreler und Ex-Emos haben MONEEN auf jeden Fall sicher. Zusammen mit Bands wie SENSES FAIL, ALEXISONFIRE und FROM AUTUMN TO ASHES waren es die vier Kanadier um Sänger und Gitarrist Kenny Bridges, die einer ganze Generation von Teenagern und jungen Erwachsenen Sprachrohr und Spiegel waren. Sicherlich waren es eher oben genannte Bands, die zu Aushängeschildern eines ganzen Genres wurden, aber dafür besetzten MONEEN eine Nische, in der man ungeschminkt ehrlich sein konnte. Für die Band stand es nie zur Debatte, ihren Stil irgendwelchen Trends anzupassen oder sich gar die Teenage Angst ins Gesicht zu schminken. Nun ist die Zeit nicht spurlos an diesem Genre vorbeigegangen, die Interessen der meisten haben sich in Richtung Indie verschoben und aus den Teenagern sind Männer geworden. Wieso sollte man sich als Band vor allem musikalisch in diesen Zeiten trotzdem treu bleiben? „Ach weißt du,“ antwortet ein gut gelaunter Kenny Bridges, „wenn du schon immer das gemacht hast, was dir Spaß macht, dann ist es egal, wie alt du bist oder wer am Ende deine Musik hört. Das einzig Wichtige und schlussendlich Ehrliche ist, dass du dir selber treu bleibst. Natürlich ist die ganze Entwicklung in der Musikgeschichte nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Wir haben in der Band alle viele neue Einflüsse auf uns einwirken lassen. Aber wenn wir zusammen im Proberaum oder auf der Bühne stehen, kommt immer MONEEN dabei heraus. Es fühlt sich für mich einfach wie MONEEN an und das macht mich glücklich. Deswegen könnte ich auch noch ewig mit diesen Jungs weitermachen.“ Es scheint, als wäre da jemand komplett mit sich im Reinen. Nachdem die Band nach ihrem letzten Album „The Red Tree“ die Stelle am Schlagzeug neu besetzen musste, hat man mit „The World I Want To Leave Behind“ wieder Fahrt aufgenommen.
Aber trotz Sonnenschein in der Band, scheinen Kenny doch einige Dinge schwer auf der Seele zu liegen. Zumindest strotzt der Albumtitel nicht gerade vor positiver Energie. „Wenn du jung bist, gibt es so viele Sachen, auf du wütend sein kannst. Du musst nur die Zeitung aufschlagen und beginnst dich zu fragen: Was haben meine Eltern und Großeltern da eigentlich für eine Scheiße verzapft? Wenn du hingegen selbst irgendwann zu den Alten gehörst, kann man Dinge irgendwie relativieren. Du hast dir dein Habitat abgesteckt und versuchst, zumindest in deiner kleinen Welt die Dinge geregelt zu kriegen. Du setzt dir Ziele und versuchst Freundschaften aufzubauen. Da gibt es dann aber auch noch die Welt außerhalb deiner „Hood“. Du bekommst mit, was Politiker verzapfen, und es beginnt wieder in dir zu brodeln. Mit den Texten auf „The World I Want To Leave Behind“ wollte ich das Zusammenspiel von persönlichen Dingen mit dem Ganzen beschreiben. Natürlich ist dann da auch Wut im Spiel. Wem hilft es aber, sich ständig nur über andere aufzuregen? Während der Aufnahmen war ich innerlich sehr zerrüttet. Unterm Strich aber – mit der Weisheit aus zehn Jahren Banderfahrung – ist ein sehr ausgeglichenes Album dabei herausgekommen.“
Es ist so, als wollte Bridges verdeutlichen, dass seine Band reifer geworden ist. „The World I Want To Leave Behind“ ist wie ein Statement: Wir müssen es euch bestimmt nicht mehr beweisen. Die Band macht, worauf sie Lust hat, und das passt sich dann ganz fantastisch in die Geschichte der Kanadier ein. Zum ersten Mal haben die vier mit Streichern zusammengearbeitet und bei einigen Songs einen Gang zurückgeschaltet. „Seine Musik von Streichern spielen zu lassen, ist ein wahnsinnig gutes Gefühl. Es gibt dem Ganzen eine Art Größe. Ich hatte auf jeden Fall eine riesige Gänsehaut, als ich die Streicherparts zum ersten Mal gehört habe.“
Ach ja, von wegen einen Gang zurückschalten: Noch immer brennt die Band auf der Bühne ein Feuerwerk ab, das manch andere und juvenilere Combo locker in den Schatten stellt. „Wir genießen die Zeit, die wir mit der Band zusammen verbringen, und uns macht es tierisch Spaß, auf der Bühne richtig Gas zu geben. Ich sehe das auch so: Wer viel erlebt, hat später mehr zu erzählen.“ Spricht es, und lacht sich kaputt. Im Frühjahr werden MONEEN nach langer Zeit endlich wieder in Deutschland spielen und dann hoffentlich so viel erleben, dass noch eine Menge Alben dabei herausspringen.
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