Brennen, schwitzen, alles rausschreien und das immer mit der Liebe zum Detail. MIKROKOSMOS23 haben das richtige Rezept gefunden. Vier junge Sachsen, getrieben von Ehrgeiz und offenbar auch von Pessimismus und mieser Laune. Das klingt übler, als es ist, denn zu ihrem Rezept gehören auch gute Freunde. Und überhaupt, wofür gibt es Punkrock, wenn nicht, um der Welt seinen ganzen Ärger um die Ohren zu hauen. Ich sprach mit Peter Löwe, Gesang und Gitarre, und Schlagzeuger Tom Pätschke.
Ihr seid aus Meißen, das ist auch eher der Typ konservative Kleinstadt. Ihr seid dem quasi per Punkrock entflohen. War das tatsächlich mit ein Ansporn, MIKROKOSMOS23 zu gründen?
Tom: Meißen ist schon ziemlich klein und alt. Und was Kultur anbelangt, nicht gerade ergiebig. Die Band war für uns schon so ein Rauskommen, auch wenn sich das immer so dramatisch anhört. Im Grunde hängen wir doch noch irgendwie fest.
Peter: Die Herkunft kann es schon begünstigen, aber letztendlich gründet man ja eine Band, weil man Lust hat, Musik zu machen, weil man das vielleicht als Kind irgendwie cool fand. Man fängt damit an, es wird ernster und dann steckt man da drin. Die Kleinstadt macht das alles ein bisschen intensiver, weil da nicht so viele Möglichkeiten geboten werden können. Die Herangehensweise ist wohl etwas anders und auch das Selbstverständnis. Die Sache wird dadurch irgendwie intimer.
Eure Platte beginnt mit einem Zitat aus „Fight Club“. Welche Inhalte aus dem Film verbindet ihr mit den Songs auf eurer Platte?
Tom: So einen direkten Bezug gibt es eigentlich nicht. Dieses Sample ist ohne inhaltliches Kalkül dazugekommen. Ich fand einfach den Ausschnitt gut. Wenn man nur diesen Part hört, kommt er auch in einem ganz anderen Sinn als sonst rüber. Wir fanden dieses „Kopie einer Kopie einer Kopie“-Ding sehr treffend für viele musikalische, szenemäßige Sachen. Die Platte beginnt eigentlich mit einer Fragestellung: „In welchem Zusammenhang steht das alles und was denken sie sich dabei?“ Deswegen fragst du ja wahrscheinlich auch, also hat es seinen Zweck erfüllt.
Peter: Ich hatte mich dafür ausgesprochen, weil es für mich schon einen gewissen textlichen Bezug hat. Die ganze Platte beschreibt ja einen gewissen Zeitraum, auf eine recht pessimistische Art und Weise. Und so was kann sich halt immer wiederholen. Daher „Die Kopie einer Kopie“ und es kommt immer wieder dasselbe. Den Gedanken fand ich ganz romantisch.
Die Platte wurde von Kurt Ebelhäuser von BLACKMAIL produziert. Wie ist das zustande gekommen?
Tom: Wir haben in Koblenz gespielt und da jemanden kennen gelernt, der uns ans Herz gelegt hat, dass da Kurt Ebelhäuser wohnt und er sich mitunter kleinerer Bands annimmt. Dann hab ich da eine Mail hingeschickt und nachdem eine andere Band abgesagt hatte, hat er über ein paar Ecken versucht, mit uns Kontakt aufzunehmen. Er hatte noch im Kopf, dass wir uns ja gemeldet hatten, und sich die Zeit genommen, mal reinzuhören. Schließlich hat er über unseren alten Gitarristen Peters Nummer bekommen. Und der hat erst gedacht, da will ihn jemand verarschen, als er hörte: „Hier ist Kurt von BLACKMAIL dran.“ Als ich irgendwann meinen Anrufbeantworter abgehört habe, kam da auch: „Hallo, hier ist Kurt von BLACKMAIL.“ Danach ist das alles schön gelaufen.
Ihr seid ja alle nach dem Abi nicht zu weit weggezogen, damit die Band weitermachen kann, schon daran merkt man, dass euch das viel bedeutet. Denkt ihr eigentlich an eine Zeit nach MIKROKOSMOS23?
Tom: Das ist ein schrecklicher Gedanke. Wenn man sich bei der Sache, die man aus dem Bauch und aus der Gewissheit heraus macht, dass es das Richtige ist, schon fragen würde, wie es ohne wäre, dann bräuchte man ja überhaupt keine Energie mehr reinstecken. Das macht man ja einfach, weil man es will, und ich hoffe auch, dass das noch sehr lange hält, und ich gehe auch davon aus. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen.
Im Zusammenhang mit euch ist mir auch der Begriff „Hamburger Schule“ untergekommen. Gefällt euch der Bezug?
Tom: Das habe ich noch nie uns betreffend gehört. Ich würde uns da nicht verorten, unabhängig davon, ob es mir gefällt oder nicht.
Peter: Man weiß aber auch, wie die Leute darauf kommen, da sind gute Bands her, die man früher gehört hat und teilweise jetzt noch hört. Ich würde das nicht unbedingt auf einem Flyer stehen haben wollen. Das wäre dann so: Hey, ’ne Band aus Sachsen macht die Hamburger nach ... Aber ich bin auch nicht böse darüber.
Welche Bands haben euch denn beeinflusst?
Tom: Das ist schwierig, da eine pauschale Antwort zu geben. Das „Beeinflussen“ ist ja auch ein stetiger Prozess. Man hört nicht sechs Jahre die gleichen Bands immer wieder. Es gibt schon Bands, die man mitnimmt und die einen durch verschiedene Phasen begleiten. Wenn man selbst Musik macht, hat man natürlich im Hinterkopf, in welcher Richtung man gerade was hört, und wenn dann vier Menschen aus unterschiedlichen Richtungen zusammenkommen, ist auch immer eine andere Beeinflussung da. Um wirklich Bands zu nennen: Also Peter und ich haben mit TAGTRAUM angefangen, damit sind wir so ein bisschen reingekommen, weiter ging’s mit OMA HANS und TURBOSTAAT ... Es hat sich dann mehr geöffnet und so kamen auch noch andere Einflüsse dazu, wie REFUSED, AT THE DRIVE-IN. Jetzt ist gerade auch ein bisschen mehr ruhiges Zeug angesagt. Die Frage ist: Was nimmt man mit und wie verarbeitet man es selbst. Und was kommt dabei raus, wenn vier Leute da was zusammenführen.
Peter: Ich denke, es ist immer komisch zu sagen: „REFUSED haben mich beeinflusst“, weil das so klingt, als würde man sich auf die gleiche Ebene stellen.
Und wie kamt ihr mit eurem Label Unterm Durchschnitt zusammen?
Tom: Wir hatten die Platte fertig und wussten gar nicht, wie das jetzt alles ablaufen soll, und sind dann eigentlich relativ unbedarft an die ganze Sache rangegangen. Wir haben uns einfach so ein bisschen umgehört, ob vielleicht jemand Lust hätte, mit uns zu arbeiten. Es hat sich dann einfach so ergeben, wie es jetzt gelaufen ist, weil wir Andreas von Unterm Durchschnitt schon länger kannten, von CAPTAIN PLANET-Konzerten und so. Unterm Durchschnitt hat uns, was die musikalische Sozialisation angeht, auch sehr beeinflusst. Da sind einfach Bands, die uns viel bedeutet haben und auch noch bedeuten. Von daher ist die Zusammenarbeit eigentlich so ein Zurückkehren zu den Wurzeln. Das ist ein schönes Gefühl. Es ist ziemlich unkompliziert zusammengekommen und fühlt sich auch richtig an.
Peter: Andreas hat auch mal erzählt, dass er unsere erste Platte gar nicht so mochte und Bands von Unterm Durchschnitt, wie ADOLAR oder TOWN OF MACHINE haben ihm wohl mal gut zugeredet und geraten, dass er da noch mal hinhört. Später war er dann doch überrascht.
Bei Unterm Durchschnitt macht es den Eindruck, als würden die Bands eng zusammenarbeiten, quasi Band-Networking betreiben.
Tom: Unterm Durchschnitt verbindet natürlich Bands, die sich vom Bauchgefühl her irgendwie ähnlich sind. Obwohl ich uns, ADOLAR oder TOWN OF MACHINE nicht unbedingt auf eine Stufe stellen würde. Aber man lernt sie halt kennen und merkt, was für liebe Typen das sind. Im Endeffekt ist das eine ziemliche Hippie-Nummer, man hilft sich gegenseitig bei Konzerten und so.
Peter: Das ist ja auch ein Label, wo die meisten Bands einen ausgeprägten D.I.Y.-Hintergrund haben, und dann läuft das eben so. Und es ist auch schön, dass das so ist.
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