MEAN JEANS

Foto© by Jacob McCann

Lebenslänglich Pop-Punk

Fat Wreck Chords hat ein glückliches Händchen für Pop-Punk-Releases. Immer wieder gelingt es dem Label, Alben an den Start zu bringen, die auch von Musikfans abgefeiert werden, die normalerweise einen großen Bogen um dieses Genre machen. Zu nennen sind hier zum Beispiel MASKED INTRUDER, TEENAGE BOTTLEROCKET oder die COPYRIGHTS. Im Februar erscheint mit „Blasted“ das neue Album des US-Trios MEAN JEANS, das sich nahtlos in diese Liste einreiht. Gitarrist Billy Jeans stellt sich unseren Fragen zum Album und zu der Aussicht, lebenslang Pop-Punk zu spielen. Bassist Junior Jeans und Drummer Houndy vervollständigen die Band.

Glückwunsch zu eurem neuen Album. Für mich ist „Blasted“ bereits jetzt ein heißer Kandidat für das beste Pop-Punk-Album 2024. Welche Bands seht ihr noch ganz vorne im Kampf um den Pop-Punk-Thron in diesem Jahr?

Vielen Dank für das große Lob. Möglich, dass ich den Begriff „Pop-Punk“ viel weiter auslege als andere, weshalb ich auch zu Empfehlungen komme, die vielleicht nicht so bekannt sind. Momentan mag ich das neue Zeug von NIGHT COURT aus Vancouver, von PAINT FUMES, Tony Molina und Erik Nervous. Das ist aber meine ganz persönliche Einschätzung. Ich habe diese Woche übrigens einen der neuen GREEN DAY-Songs gehört und fand ihn ziemlich cool. Und das ist etwas, das ich seit meinem zwölften Lebensjahr nicht mehr gesagt habe.

Einige Songs auf eurem neuen Album erinnern mich total an die großartigen Hits der HANSON BROTHERS. Habt ihr ein Problem damit, mit anderen Bands verglichen zu werden?
Nein, für mich ist das wirklich cool, mit den HANSON BROTHERS verglichen zu werden, das passt schon. Meinetwegen kann man die MEAN JEANS auch mit Hundescheiße vergleichen, wenn einem danach ist.

Auf dem Cover eures Albums seid ihr in Giftmülltonnen zu sehen, das Album trägt den Namen „Blasted“. Was hat es damit auf sich?
Houndy hatte ein paar Giftmülltonnen in seinem Garten. Da haben wir natürlich die Möglichkeit genutzt, uns darin ablichten zu lassen. Was den Albumtitel angeht, da gibt es viele Gründe. „Blasted“ hat ja mehrere Bedeutungen, das reicht von weggesprengt über verdammt bis hin zu stockbesoffen. Es kann Explosionen und Druckwellen beschreiben, aber auch für einen Riesenspaß stehen. Und das passt. Das Album will nicht einfach nur gehört werden, es soll dich umpusten. Und wir haben das Ganze in nur wenigen Tagen eingeprügelt. Zudem haben wir auch noch einen Song mit dem Titel „Blasted to the moon“. Es gibt also reichlich „Blasted“-Momente rund um das Album.

Bei euch trifft ein fröhlicher Sound mit süßen Melodien auf ernste Songtexte, die sich um Themen wie psychische Erkrankungen, persönliche Krisen und übermäßigen Konsum von mehr oder minder legalen Substanzen drehen. Wie passt das zusammen?
Ich verstehe, was du meinst, aber ich bin mir nicht sicher, ob der Ausdruck „ernst“ tatsächlich das passende Wort für unsere Texte und Botschaften ist. Ja, ich gebe es zu, irgendwie sind wir schon eine Party-Band, wir feiern gerne und wir wollen auch, dass unsere Songs und Shows möglichst vielen Menschen die Gelegenheit bieten, mit uns zu feiern. Unsere Musik soll Spaß bereiten, aber ein ganzes Album nur rein darüber zu schreiben, wie viel Spaß wir haben, wäre dann doch irgendwie total erzwungen. Selbst Andrew W.K. hatte auf seinem letzten Album einen Trennungssong. Ein Album sollte nie total eindimensional sein, sondern unterschiedliche Facetten bieten.

Basieren eure Texte auf realen Erfahrungen?
Die Texte sind zumeist schon aufrichtig und ehrlich. Aber natürlich aus der Perspektive eines Vierzigjährigen in einer Punkband, also mit einer ordentlichen Portion Rückschau und Selbsterkenntnis. Wobei es bei einzelnen Texten schon Freiheiten und Interpretationsmöglichkeiten gibt. Auf dem neuen Album gibt es zum Beispiel das Stück „Took too much“. Hier geht es nicht vordergründig um den konkreten Fall, mit einer Drogenüberdosis, die man sich am Wochenende verabreicht hat, ins Krankenhaus zu kommen. Es geht vielmehr um ein Leben voller Unersättlichkeit. Und darum, sich mit einer PCP-Überdosis-Geschichte zu identifizieren, die Mike Schank im US-amerikanischen Dokumentarfilm „American Movie“ von 1999 erzählt. Und dann gibt es auf dem Album auch noch einige Songs über Horrorfilme.

Hat es bei euch in der Band eine Umbesetzung ergeben? Ich vermisse Jeans Wilder in eurem Line-up. Ist er nicht mehr euer Drummer?
Nein, keine Angst. Jeans Wilder ist nach wie vor an Bord, er hat sich nur umbenannt in Houndy. Es macht halt tierisch Spaß, sich dumme Punk-Decknamen auszudenken. Bloß wenn man sich 15 Jahre später immer noch mit diesen Namen identifizieren muss, ist der Spaß doch sehr begrenzt.

Auf eurem Album steht bei den Credits, dass Houndy neben den Drums auch für die „Macaroni Box“ zuständig ist. Wie ist das bitte zu verstehen?
Houndy neigt dazu, regelmäßig Maccheroni mitzubringen. Und so kam es dazu, dass er bei dem Song „Break up with you“ die Maccheroni-Verpackung als Percussion benutzt hat. Einfach ein Wahnsinniger!

Eine Sache ist auffällig bei euren Songs. An mehreren Stellen erwähnt ihr die Reaktionen eurer Mütter. Es scheint irgendwie wichtig für euch zu sein, was eure Mütter über eure Aktivitäten denken.
Texte über unsere Mütter haben traditionell schon immer ihren Weg in unsere Songs gefunden. Ich denke, das ist schon ein Zeichen für unsere Unreife, haha.

Im ersten Song des Albums, „I don’t give a shit“, singt ihr davon, dass ihr all eure Platten verkauft habt und dass euch das scheißegal ist. Euer Ernst?
Nun, Houndy wurde gerade seine gesamte Plattensammlung gestohlen, das zeigt doch nur, dass alles irgendwie vorläufig und vergänglich ist. Ich habe meine Platten nicht wirklich verkauft, nein, aber die Idee ist irgendwie doch befreiend! Sobald du ein paar tausend Platten in zehn unterschiedlichen Häusern ein- und ausgelagert hast, merkst du, dass diese Botschaft dann doch auch zu deinen Lasten geht.

Wir leben aktuell in schwierigen Zeiten mit Kriegen und Konflikten. Ist es da eigentlich noch zu rechtfertigen, spaßige, sinnbefreite kleine Lieder zu schreiben? Müsst ihr euch da auch manchmal einer fehlenden Korrektheit und Ernsthaftigkeit bezichtigen lassen?
Natürlich ist die Welt aktuell echt scheiße. Aber die Menschen sollten auch in schwierigen Zeiten miteinander trinken und lachen können. Ich bin mir sicher, dass einige Leute denken, dass wir Idioten sind. Aber die Bestimmung der MEAN JEANS ist es nicht, sich in globale Konflikte einzumischen. Dafür lösen wir aber deine Anspannung, Baby.

Einer der neuen Songs handelt davon, dass ihr euch die beschissensten Pop-Punk-Platten anhören werdet. Welches sind denn die beschissensten Pop-Punk-Platten, die du kennst?
Beschissener Pop-Punk ist wirklich eines meiner absoluten Lieblingsgenres! Meine absoluten Favoriten sind „We’ve Had Enough“ von ICE & THE ICED, „So American“ von THE MUTANTS, „4 Am“ von THE BANANAS, „All Set To Go“ von den HARD-ONS, „Saturday Night“ von JOHNNY PALERMO, „Yer Stuck On Me Like Glue“ von FYP und „She Can Dance“ von ERAZERHEAD. Wobei ich diese kleine Liste noch unendlich ausweiten könnte.

Der letzte Song des neuen Albums heißt „Pop punk casualty“. Inwieweit seid ihr tatsächlich Opfer des Pop-Punk?
In dem Song geht es darum, dass man auf ein Leben als Clown in einer Pop-Punk-Band zurückblickt. Es gibt so verdammt viele Dinge, die man in seinem Leben tun kann. Und dann mache ich mich lustig über die Vorstellung, sein gesamtes Leben damit zu verbringen, Pop-Punk-Musik zu spielen. Man kann schon mal darüber spotten, über viele Jahre einen jugendlichen Musikstil zu pflegen, aus dem die meisten normalen Menschen früher oder später herauswachsen.

Wie steht ihr zu BLINK-182 und insbesondere zu Tom DeLonge? Beide werden in verschiedenen Songs des neuen Albums genannt.
Sie sind irgendwie schon so ein bisschen die Schutzheiligen des Pop-Punk. Sich nicht zu ernst zu nehmen und über sich zu lachen, während man durchs Leben zieht und drei Akkorde spielt. Das hat irgendwie schon was von einem Peter-Pan-Syndrom, also nie erwachsen zu werden.

Ihr sagt selbst über euch, dass die MEAN JEANS eine Band für die guten Zeiten sind. Warum sollte das nicht auch in schlechten Zeiten funktionieren?
Alles, was wir damit meinen, ist, dass wir hier sind, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Würde die Band uns keinen Spaß mehr machen, würden wir damit sofort aufhören. Aber wir sind immer noch dabei, wir haben immer noch total viel Spaß und wir sind echt dankbar, dass wir weiter gemeinsam abgehen können.