Etwas über die Band MATCHES herauszufinden, ist gar nicht so einfach. Und das liegt nicht in erster Linie daran, dass das erste Album den Titel „X“ trägt. Letztendlich macht das Quartett aus Trier aber auch Musik, die sich ihr Publikum nicht wirklich suchen muss. Zu hören gibt es dreißig Minuten Punkrock, mit Betonung auf Rock, der alles gibt und nichts erwartet. Musik, über die man nicht viele Worte verlieren muss, weil sie sich selbst erklären kann.
Gibt man MATCHES in die Suchmaschinen ein, spucken diese eine Menge mehr oder weniger spannende Sportvideos und kuriose Bastelanleitungen mit Streichhölzern und Streichholzschachteln aus. Man muss im Netz graben, um auf die gewünschten Treffer zu stoßen. Die Band scheint noch in einer Welt zu leben, in der man erst selbst denkt, bevor man Google und Co. um Rat fragt. „Wir sind noch nicht wirklich im Internetzeitalter angekommen und haben uns vorher keine Gedanken darüber gemacht“, bestätigt Gitarrist Karl die Vermutung. „Eigentlich wollten wir der Platte sogar noch nicht mal einen Namen geben, aber Jürgen von unserem Label Rookie Records meinte, es wäre bei dem schwer zu googlenden Namen nicht schlau.“
MATCHES stellen das Musikmachen offensichtlich noch über die virtuelle Anerkennung und Aufmerksamkeit, legen keinen Wert auf strategisches Marketing. Karl ist sogar etwas enttäuscht darüber, dass mit dem Zündhölzern auf dem Coverartwork nun eine feste Assoziation zum Wort „matches“ vorgegeben wird: „Das finde ich ein ganz kleines bisschen unglücklich, weil es die Vieldeutigkeit aus dem Bandnamen herausnimmt und gerade das gefiel mir gut.“ Der Vorschlag, sich so zu nennen, kam von Sänger Tommy: „Wir kennen uns schon ganz gut und haben im Vorfeld nicht groß darüber gelabert, was wir überhaupt machen wollen. Einfach die Amps angemacht und gespielt, es hat eben gepasst. Das war dann auch gefühlt der einhundertste Namensvorschlag und der erste, dem alle zugestimmt haben.“
Bei MATCHES kennt man sich also schon lange, das merkt man während des Interviews und hört man auf „X“. Alle Songs wirken wie aus einem Guss, alle Instrumente wirken jederzeit gleichberechtigt und nie drängt sich ein Musiker unnötig in den Vordergrund. Tommy und Karl kennen sich seit 25 Jahren, gingen gemeinsam zur Schule und machten zusammen Musik mit den Bands LOW GRAVITY CIRCUS und COLD KNIVES. Karl und Bassist Dominik spielen wiederum seit neun Jahren beide bei LOVE A, während Tommy und Schlagzeuger Johannes auch lange gemeinsam mit MODELS FOR MONUMENT Musik gemacht haben. Basierend auf Vertrautheit und reichhaltiger Erfahrung, entstand das Album „X“ dann auch einfach und schnell im Proberaum. Dass alle Songs eine Länge von ungefähr drei Minuten haben, ist kein Zufall. „Für mich ist das ein ungeschriebenes Gesetz beim Songwriting, ansonsten geht die Spannung verloren. Wenn Songs länger dauern, dann müssen die schon richtig gut sein“, klärt Tommy auf und Karl kontert lachend mit: „Und da unsere Songs nicht richtig gut sind, müssen die eben auch so kurz sein.“
Die Gründung der Band ging unkompliziert über die Bühne. Während Tommy und Karl einfach schon anfingen, gemeinsam Musik zu machen, wurde Dominik in derselben Woche ganz unabhängig davon von Johannes gefragt, ob er nicht Lust hätte, mit ihm zu musizieren. Kurzerhand taten sich dann alle vier zusammen – MATCHES waren gegründet. Alle sind froh darüber, nah beieinander zu wohnen und so regelmäßig proben zu können. Obwohl bei MATCHES alles unangestrengt klingt, verharren nicht alle in ihrer Komfortzone. Karl, der bei LOVE A Schlagzeug spielt, wagt sich nun mit Gitarre in die vordere Reihe: „Es war ein bisschen seltsam. Beim Schlagzeug sitzt man die ganze Zeit und hat alles vor sich. Niemand beachtet einen, das ist richtig gut. Als wir mit MATCHES zum ersten Mal gespielt haben, war ich verunsichert und wusste nicht, wo ich hinschauen soll. Aber mittlerweile geht’s.“
Auf die Frage, ob es nun besser oder schlecht ist, antwortet er spontan: „Anders. Nicht so gemütlich. Man fühlt sich sehr beobachtet, wenn man da vorne steht und nur ein Stück Holz in der Hand hat.“ Beim Thema Songwriting gibt er sich gewohnt bescheiden: „Ich mache da nicht so viel und spiele einfach, was dazu passt. Das macht alles Tommy.“ Tommy ist also derjenige, der die Ideen mit in den Proberaum bringt und alle Texte für „X“ geschrieben hat: „Ich nerve die Jungs immer, nehme zu Hause tolle Riffs auf Video auf und verschicke die an alle. Dann warte ich ab, ob die Daumen nach oben zeigen. Manchmal funktioniert es, manchmal auch nicht.“ Er betont allerdings, sich wiederum voll auf Karl zu verlassen: „Er ist derjenige, mit der konkreten Vorstellung davon, wie unsere Band klingen soll, und er hat damit den Sound der Platte maßgeblich geprägt. Man kann ihm komplett vertrauen. Ich habe noch nie ein schlechtes Resultat gehört, wenn Karl seine Finger mit drin hatte.“ So klingt das eben, wenn Freunde übereinander reden.
Einfach loslassen und Dinge so stehen lassen können, wie sie eben sind. Klingt simpler, als es ist. MATCHES setzen sich damit im Song „Let go“ auseinander: „Bei uns läuft alles immer so irgendwie. Wenn es nicht läuft, dann lassen wir es sein. Wir haben keine Lust, ewig lange an irgendwas herumzudoktern, bis es für alle passt, und machen uns nicht so viele Gedanken“, fasst Karl die Arbeitsweise der Band zusammen. Die Philosophie von Tommy klingt ähnlich: „Unsere Musik zielt auch nicht darauf ab, wahnsinnig virtuos zu sein. Darauf kommt es bei Musik gar nicht an. Man muss es fühlen und wenn es sich gut anfühlt, dann ist die Musik gut. Das funktioniert bei den MATCHES-Sachen ausnahmslos. Wenn wir merken, dass wir uns verbiegen müssen, dann lassen wir es sein und suchen etwas Neues.“
Gerade durch fehlende Höhepunkte und geringe Auseinandersetzung könnten MATCHES eigentlich Gefahr laufen, auf Dauer eintönig zu klingen. Dem stellt sich aber der melodiöse Gesang von Tommy entgegen, der MATCHES letztendlich besonders macht. Es wäre einfach gewesen, zu der Musik, die die Band selbst als „einfach gestrickt“ bezeichnet, aufgekratzt zu schreien und laut zu skandieren. Karls Bedenken gingen in eine ganz andere Richtung: „Als wir die Platte aufgenommen haben, dachte ich ja erst, das wäre so lahmer Altherrenrock. Als ich die Platte dann gehört habe, fiel mir auf, dass das doch schon ganz schnell und krachig ist. Man empfindet das selbst sowieso ganz anders.“ Und was wäre gewesen, wenn es wie Altherrenrock geklungen hätte? „Wir sind ja alte Herren, wäre doch auch ganz cool gewesen, irgendwie“, lacht Karl. Letztendlich lebt „X“ tatsächlich von einem seltsamen Sog, und obwohl MATCHES das Tempo konstant halten, wirkt das Album von Song zu Song härter.
Auch Tommy, der bei MODELS FOR MONUMENT ausschließlich sang und nur mal kurzfristig als Bassist einspringen musste, schnallte sich für MATCHES zusätzlich eine Gitarre um den Hals: „Ich bin der Einzige in der Band, für den MATCHES die einzige Band ist, und dementsprechend ist es ein cooles Sozialprojekt, weil ich davor ewig lange nicht laut Gitarre spielen konnte. Ich bin jedes Mal superheiß darauf, in den Proberaum zu gehen und den Verstärker anzumachen. Gute sieben Jahre habe ich nicht gespielt und es hat mir echt gefehlt.“
Da MATCHES nun über Rookie Records veröffentlichen, garantiert es der Band absolute Unterstützung und maximale Freiheit. Tommy war es wiederum wichtig, Bestätigung von Labelseite und somit das Gefühl zu haben, dass jemand mit Ahnung objektiv an ihre Musik glaubt. In Bezug auf die Zukunft sind MATCHES realistisch: „Wir spielen auf jeden Fall live, können aber aus Zeitgründen nicht lange touren. Wenn es sich ergibt, spielen wir gerne. Das ist tatsächlich ein Zeitding bei uns“, so Karl. Einige Termine stehen für den kommenden Winter bereits fest, vieles ist in Arbeit. Die ewige Vorband möchten MATCHES nicht bleiben, da sind sich beide einig. „Ein eigenes Konzert ist geiler. Selbst wenn nur dreißig Leute da sind. Wenn die alle Bock haben, ist das schon besser als dreihundert Leute, von denen dann nur dreißig Bock haben“, findet Karl und Tommy sieht das ähnlich: „Der langfristige Plan ist natürlich, dass wir Konzerte spielen, zu denen die Leute wegen uns kommen.“ Mit gespielt tadelndem Blick auf Karl und breitem Grinsen fügt er noch mahnend hinzu: „Aber dazu müssen wir unser Programm noch etwas aufstocken und mehr proben.“
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