MARAIS

Foto

Von Köln-Kalk nach Südostasien

Das Wort Abenteuer mag ein bisschen pathetisch anmuten, aber sicher ist es angebracht, wenn eine noch junge Screamo-Band sich entschließt, nach Südostasien zu reisen. Ein Wagnis, das nicht viele europäische Bands in Angriff nehmen, denn in Singapur laufen die Dinge einfach anders. In einem Staat, in dem es hart geahndet wird, wenn man Kaugummi kaut, scheinen Punk und alternative Strukturen noch mal eine ganz andere Qualität zu bekommen. Von den Erfahrungen, die MARAIS aus Köln auf ihrer Tour in Singapur und Malaysia gemacht haben, berichten sie hier.

Wie ist es dazu gekommen, dass ihr nach Singapur gefahren seid?

Patrick: Zwei von SJANSE aus Singapur waren 2014 auf dem Cry Me A River Fest in Versmold bei Gütersloh. Wir haben da gespielt, SJANSE sind zu der Zeit in Europa herumgereist. Nach unserem Konzert kamen wir ins Gespräch. 2015 konnten sie selbst auf dem Cry Me A River spielen und haben uns vorher gefragt, ob wir nicht noch ein paar Shows zusammen spielen wollen, das ist dann auch passiert. Schon damals haben sie uns gesagt, dass sie uns helfen können, wenn wir mal nach Singapur kommen wollen. Seit dem Ende der Tour stand die Idee somit im Raum. Ende letzten Jahres haben wir angefangen zu planen. Und wir wurden von der Initiative Musik unterstützt. Das hat das alles möglich gemacht. Für das, was wir vorhatten, war das die beste Option, um ein bisschen finanzielle Entlastung zu haben.

SJANSE waren auch diejenigen, die euch die Kontakte vor Ort vermittelt haben?

Patrick: Mimi von SJANSE hat die Shows in Singapur und Malaysia gebucht. Wir hatten überhaupt keinen Einfluss auf diesen Prozess. Mimi hat uns eingeladen und alles organisiert.

Ich habe in einem anderen Interview zur Szene in Südostasien gelesen, dass D.I.Y.-Spots sehr schnell wieder zumachen und es daher wenige Läden gibt, in denen man Konzerte veranstalten kann.

Karsten: Das ist tatsächlich auch so. Die einzigen Punkläden, in denen wir gespielt haben, waren in Malaysia in Batu Pahat und Malacca. Meistens waren es gemietete Läden. Einmal war es eine Hotel-Rockbar. Die Veranstalter haben an dem Abend neun Bands eingeladen, damit genug Leute kommen und die Veranstalter das bezahlen können. Öfter waren es auch Studios. Es gibt nichts, was von der Regierung unterstützt wird, weil die dort eher versucht, so etwas zu unterdrücken.

David: So was, wie wir das hier in jeder größeren Stadt haben, gibt es da nicht.

Wie haben SJANSE und ihr dann im „Touraustausch“ die verschiedenen Szenen empfunden?

Patrick: SJANSE fanden es total cool, dass es hier in Europa so viele Squats und Punkläden gibt und auch so was Selbstverständliches wie Graffiti oder Sticker. Das gibt es in Singapur nicht. Für uns war es zum Beispiel neu, dass wir keine Backline dabei hatten. Die war immer für uns da und musste teilweise auch vorher gemietet werden. Daher kann man auch mit wenig Geld als Band auf eine Tour in Südostasien gehen. Das Geld geht für andere Sachen drauf.

Karsten: Die Konzerte liefen ganz unterschiedlich. Es gab auch Shows, bei denen wir mit Ska-Bands zusammengespielt haben. Da kamen Punks, die super abgegangen sind weil eine Screamo- oder Hardcore-Band gespielt hat. Und dann gab es auch klassische Screamo-Shows, bei denen die Leute traurig dastehen und sich das angucken und auf die Art ihren Spaß haben. Da war an sich kein riesiger Unterschied zu Deutschland. Wenn du hier eine Show spielst, kann das auch so aussehen.

Patrick: Das Besondere war auch, dass wir seit Jahren die erste europäische Screamo-Band in Malaysia waren.

David: Die Bands hier aus dem Umgebung, die mal in Südostasien getourt haben, kann man sicher an einer Hand abzählen. Aber man merkt, dass Screamo generell in Malaysia etabliert ist. Ich hatte Gespräche mit Leuten über Bands, die man vielleicht kennt. In Malaysia haben wir mit vielen Screamo-Bands zusammen gespielt, zum Beispiel DAIGHILA.

Das Strafrecht in Singapur ist ja wirklich sehr hart. Hattet ihr da ein bisschen Angst?

David: Angst ist das falsche Wort. Wir haben uns vorher viele Gedanken dazu gemacht. Zum Beispiel: Was machen wir, wenn jemand nach der Gitarre fragt, oder wenn jemand die Shirts oder die Platten findet? Wir haben immer gefragt, wo man rauchen darf, wo man Bier trinken darf. Wir haben immer das Gespräch gesucht, um zu wissen, was okay ist und was nicht.

Karsten: Wir haben versucht, den Kontakt zu Polizisten zu vermeiden. So, wie wir das hier ja auch machen.