Nur durch einen Zufall bin ich 1994 bei einem Konzert in der Waldeslust gelandet. Ich erfuhr dann, dass dort ziemlich viele Punk- und Hardcore-Konzerte stattfanden. Für eine Recherche konnte ich jetzt die frühere Wirtin Christl ausfindig machen – diese gab mir bereitwillig Auskunft über diesen wunderbaren Konzertort, den sie vor genau 25 Jahren aufgeben musste.
Erzähl mal, was es mit dem alten Gebäude und Gelände der Waldeslust auf sich hat.
So viel ich weiß, war in der alte Scheune auf dem Gelände eine Ziegelei, dann ein Gasthof, bis der in den 1911 erstellten Neubau links daneben umzog. Dieser war jahrzehntelang eine traditionelle Wirtschaft mit Biergarten und Holzkegelbahn für die Bewohner der umliegenden Dörfer, aber auch Ausflügler kehrten in der Waldeslust ein. Besitzer ist die Brauerei von Rohrenfels.
Wie kamst du dazu, die Waldeslust zu übernehmen und ein Musikcafé aufzumachen – vor allem mitten in der Pampa?
Das war eine ganz spontane Idee, als ich eines Abends im Sommer 1991 Drucksachen in die Waldeslust lieferte. Ich habe damals seit zwei Jahren in Baiern gewohnt, einem kleinem Dorf, das circa einen Kilometer von der Waldeslust entfernt lag. Vom damaligen Wirt, der daraus schon ein Musikcafé-Bistro gemacht hatte, erfuhr ich, dass er aufhören wollte. Ich war begeistert von der Location und gerade die Pampa hat mich gereizt – was für Möglichkeiten sich da boten, so ohne direkte Nachbarn! Da habe ich mich kurzfristig entschlossen, den Laden zu übernehmen. Nach zwölf Jahren Druckerei wollte ich mal etwas anderes machen und vor allen Dingen nicht mehr so früh aufstehen – mein Arbeitsbeginn war damals um sieben Uhr früh. Ein halbes Jahr später habe ich mit meinem Team und neuem Soundkonzept – eben Independent, Hardcore und Punk –eröffnet.
Von woher kamen die Gäste? War es eine normale „Dorfkneipe“, die dazu noch Punk- und Hardcore-Konzerte veranstaltet hat?
Eine normale Kneipe war es mit uns natürlich nicht mehr, aber wir hatten schon die Dorfjugend aus Rohrenfels und den umliegenden Gemeinden als Gäste. Die mussten sich aber erst an unseren Sound gewöhnen. Mit den Konzerten kamen dann die Punks aus Schrobenhausen und natürlich auch aus Neuburg.
Wer hat alles gespielt?
Es gab drei Jahre lang durchschnittlich alle 14 Tage ein Konzert. Wir hatten die typischen regionalen Bands, viele andere aus dem ganzen Land wie DIE KASSIERER, SCUMBAG ROADS, EUROSCHÄCK waren da, die mittlerweile ganz bekannten THE NOTWIST oder SUICIDES, angeblich die älteste Punkband Deutschlands. Aus dem Ausland sind mir vor allem SCHWARTZENEGGAR und THE BAD GENES in Erinnerung geblieben.
Welche Konzerte sind dir warum besonders im Gedächtnis geblieben?
Da fallen mir als Erstes DIE KASSIERER ein, weil ich die mal bei „Circus HalliGalli“ im Fernsehen wiedergesehen habe. Das war wohl das lustigste Konzert überhaupt. Mit SCHWARTZENEGGAR, die zweimal bei uns gastierten, hatten wir auch viel Spaß, besonders bei den legendären Aftershow-Partys. Herausragend waren auch THE NOTWIST! Mit den Jungs samt ihrer Vorband TOXIC hatten wir zwei Tage hintereinander die Hütte voll und die spielten damals noch richtigen Hardcore. TVTV$ aus Los Angeles waren auch eine geile Band, ebenso BLIND, HOUSE OF SUFFERING, DILDO BROS. und WARSHINGTON, POGO aus Moskau oder THE BAD GENES – es waren so viele! Unvergessen sind natürlich unsere Hausbands STELLWERK 13 und LOOM.
Warum hast du 1995 dann aufgehört?
Im April 1995, also genau vor 25 Jahren, musste ich schweren Herzens aufgeben, da es sich finanziell einfach nicht gerechnet hat. Die Schulden wurden immer mehr. Außerdem gab es im Landkreis immer mehr Rock-Partys, die zur Konkurrenz wurden und auf einmal fuhren sogar Punks zu den neu aufkommenden Techno-Raves. Mit Techno konnte ich mich nie wirklich anfreunden.
Weißt du, was aus der Waldeslust danach wurde?
Nach mir war es noch eine Zeit lang eine Biker-Kneipe, dann zog mal eine Tierarztpraxis ein. Zuletzt wurde die Waldeslust nur noch als Wohnhaus genutzt. Heute steht sie, glaube ich, wieder leer.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Roman Eisner