LEOPOLD KRAUS WELLENKAPELLE

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Black Forest Surf Originals

2002 habe ich die LEOPOLD KRAUS WELLENKAPELLE zum ersten Mal bei einem kleinen Open Air in Tübingen gesehen. Seitdem begeistert mich das Freiburger Quartett mit seinen Surf-Instrumentals wie „Draußen am großen Riff“, „Gitarre süß-sauer“ oder „Unterwegs zum Beatclub“. Dazu kommen Live-Auftritte, bei denen stets gut gelaunt und mit großer Geste Surf und Beat nicht nur einfach gespielt, sondern regelrecht zelebriert werden. Nach beinahe 15 Jahren Wartezeit ist jetzt die neue LP „So geht Musik“ erschienen. Ich erwischte Bassist Willi del Mar am Telefon, kurz nachdem er beim Freiburger Label Flight 13 Records die ersten frisch gepressten Vinyl-Exemplare von „So geht Musik“ abgeholt hat.

Wie lange spielst du schon bei LEOPOLD KRAUS WELLENKAPELLE?


Ich bin vor zwanzig Jahren eingestiegen. Die Band gibt es seit 1996. Unser Organist Torpedo Tom ist heute das einzige verbliebene Gründungsmitglied. Vor allem die Gitarristen sind uns im Laufe der Bandgeschichte leider immer wieder abhanden gekommen. Die ersten beiden LPs, „Schwarzwaldfieber“ und „15 Black Forest Surf Originals“, sind 2003 und 2005 mit Tim Düse an der Gitarre und Jens Dampf am Schlagzeug entstanden. Da wir in dieser Besetzung sehr viel auf Tour waren, wird das von vielen vielleicht als die klassische Besetzung empfunden. Schlagzeug spielt inzwischen Beat Bröngo und an der Gitarre ist ganz frisch nach langer Suche Manni Mabuse dazugekommen.

Sind die häufigen Gitarristen-Wechsel auch der Grund, warum 15 Jahre seit der letzten LP vergangen sind?

Würde ich so nicht sagen. Wir sind nun mal, so ungern man es selbst hört, in erster Linie eine „Hobbyband“. Diese Band ist unsere Leidenschaft, musste aber leider immer wieder hinten anstehen. Zwischendurch hatten wir auch mal anderthalb Jahre gar keinen Gitarristen – das hat natürlich auch dazu beigetragen, dass es so lange gedauert hat. Der Vorgänger von Manni, Dr. Teilhard Rex, der auch noch die neue Platte eingespielt hat, wohnt in Stuttgart. Das war für ihn bei jeder Probe gleich mal acht Stunden Zeitaufwand, was die Vorbereitung der Aufnahmen teilweise echt anstrengend gemacht hat. Dazu kommen die unterschiedlichen zeitlichen Kapazitäten durch teils völlig verschiedene Jobs. Und wer die Band persönlich kennt, der würde sich vielleicht auch nicht unbedingt wundern, dass es mal etwas länger gedauert hat.

Wie waren denn die Konzerte dieses Jahr bisher?

Die waren toll. Ich hatte ein bisschen befürchtet, dass wir nach so langer Zeit ohne neue Veröffentlichung irgendwie raus sein könnten, also weg von der Bildfläche. Aber dann trifft man überall immer wieder Leute, die uns noch von früher kennen und nach wie vor an uns Interesse haben. Das Buchen der Konzerte lief auch ziemlich problemlos. Das ist wirklich ermutigend. Und in dieser kleinen Szene, die sich so zwischen Sixties, Garage und Surf bewegt, trifft man sich auch noch nach vielen Jahren immer wieder. Das ist einfach schön.

Hat euch das genervt, dass es so lange gedauert hat mit dem neuen Album oder war das okay, ganz nach dem Motto: „Die neue Platte kommt dann, wenn sie fertig ist“?

Klar, das kann einen schon nerven. Wir haben bei uns im Proberaum das meiste aufgenommen und dachten am Anfang, wir hätten zwölf fertig geschriebene und arrangierte Songs und noch drei „Baustellen“ im Gepäck. Sehr schnell haben wir aber gemerkt, dass das Verhältnis doch etwas anders war. Aber sowohl wir als auch Alaska Winter, der uns aufgenommen hat, wollten das wirklich gut und richtig machen. Und dann feilt man eben weiter. Alaska hat da auch viel guten Einfluss auf den Bandsound genommen. Wenn am Ende alle Beteiligten zufrieden sind, weiß man, dass man fertig ist. Während der Entstehung einer Platte gibt es so viele Diskussionen am Schluss dann beispielsweise über Coverdesign. Aber wenn du dann, wie ich heute, das fertige Vinyl in Händen hältst, vergisst du diese manchmal etwas zähen Abstimmungsprozesse schnell, haha.

Ich finde, dass die neue Platte absolut nach Leopold Kraus klingt, aber doch ganz anders als die Vorgänger.

Ich denke, dass hängt hier stark mit den jeweiligen Songschreibern zusammen. Auf den ersten beiden Platten hörst du zum Beispiel noch viel von dem frühen, inzwischen leider verstorbenen Gitarristen Flydt. Auf „So geht Musik“ sind viele Songideen noch von Tim Düse, viele von Torpedo Tom und zwei von mir. Dann sind erstmals auch drei Songs mit Gesang auf einem Album, was für uns ungewöhnlich ist. Und Alaska Winter hatte tatsächlich das konkrete Ziel, dass die neue Platte anders klingen sollte als die alten Alben. Da sprechen wir dann aber tatsächlich über solche Dinge wie das Frequenzspektrum der einzelnen Instrumente, was eine Platte moderner klingen lassen kann.

Ihr spielt ja nach wie vor gerne mit Schwarzwald-Klischees – bei Songtiteln, Covern Bandfotos beispielsweise. Ist überhaupt einer von euch wirklich Schwarzwälder?

Nö. Da war auch in älteren Besetzungen nie einer dabei. Unser aktueller Drummer Beat Bröngo ist immerhin aus dem Ortenaukreis, aber die gelten eigentlich nicht mehr als Schwarzwälder. Auf der neuen Platte sieht’s jetzt hoffentlich eher nach „Hinterwäldler-Klischee“ aus. Das mit dem Schwarzwald hatte sich damals im Zuge unserer Coverversion der „Schwarzwaldklinik“-Titelmelodie, „Klinik unter Tannen“, ergeben. Wir alle leben sehr gerne hier und fanden es einfach besser, aus diesem im Surf eher typischen Hawaii-Klischee auszubrechen.

Willst du für die jüngeren Leserinnen und Leser noch mal erzählen, wer Leopold Kraus war?

Hier in Freiburg gibt es eine Jazz- und Rockschule. Wir haben uns als Autodidakten unsere eigene Schule ausgedacht und uns als Absolventen der Surf- und Rockschule ausgegeben, deren Rektor Leopold Kraus war. Die Legende besagte irgendwann auch, dass er mit dem Surfbrett aus der DDR geflüchtet sein soll. Die Wahrheit ist natürlich langweiliger: Zum ersten Auftritt der Band musste damals eben ein Name her. Und die damaligen Bandmitglieder wollten einen möglichst unprätentiösen, sperrigen und bescheuerten Namen. So kamen die auf LEOPOLD KRAUS. Das WELLENKAPELLE wurde später ergänzt. Da aber deine Frage früher sehr häufig gestellt wurde, haben wir uns die kleine Geschichte ausgedacht, die sich lustigerweise verselbstständigt hat. Irgendwann wurden Varianten an uns zurückerzählt, die wir selbst oft nicht kannten.