Ultra Hardcore Power

(LP, Mülleimer, 1983)

Aus dem 1980 zum ersten Mal erschienenen Fanzine Der aktuelle Mülleimer und dem Mitbringen von Punk-Scheiben aus England und deren Weiterverkauf wurde innerhalb kurzer Zeit ein eigenständiger Vertrieb und auch ein eigenes Label – Mülleimer Records. 1981 von Thomas Ziegler gegründet, veröffentlichte es zunächst Scheiben von Punkbands aus dem Stuttgarter Raum wie NORMAHL und CHAOS Z. 1983 erschien dann der erste LP-Sampler mit dem Titel „Ultra Hardcore Power“, und auch bei den hier beteiligten fünf Bands liegt der Schwerpunkt auf Süddeutschland. NORMAHL, gefühlt die Mülleimer-Hausband, eröffnen mit drei Songs, darunter ihre Version des Kinderlieds „Auf der Mauer ...“. BLUTTAT aus Mülheim/Ruhr sind dann schon eine Nummer derber – krachiger Hardcore-Punk, der mich schon damals auf Anhieb begeisterte. HERBÄRDS aus Stuttgart sind mit zwei Songs dabei, neben einem eigenen Song das ADICTS-Cover „Steamroller“. Die erste HERBÄRDS-LP „Eu! Se Bois“ erscheint ein Jahr später auch auf Mülleimer. CHAOS Z folgen mit vier Songs. Vom derben Hardcore-Punk ihrer ersten LP „Ohne Gnade“ ist nur noch bei „Immer noch keine Antwort“ etwas zu spüren, die Band ist hier schon auf dem Weg, der sie zum Düsterpunk und der Umbenennung in FLIEHENDE STÜRME führen wird. Für INFERNO ist es das Vinyldebüt mit vier Songs, die schon andeuteten, was von den Augsburgern in Zukunft zu erwarten sein wird: krachiger Hochgeschwindigkeits-Hardcore-Punk auf der Überholspur. Auch INFERNO veröffentlichen ihre ersten beiden LPs in den kommenden Jahren auf Mülleimer. BLUTTAT machen dann auf der zweiten Seite genau da weiter, wo sie auf der A-Seite aufgehört haben, und NORMAHL sind auch noch mal mit drei Songs vertreten. Und selbst wenn dieser Sampler im Rückblick doch von vielen alten Punks belächelt wird, war er für uns – eine kleine Gruppe von13- bis 15-jährigen Kid-Punks, die sich in ihrem Stadtteil szenefern ihre eigene Definition von Punk zusammenzimmerten – damals wichtig und wurde genauso rauf und runter gehört wie etwa die beiden „Soundtracks zum Untergang“-LPs. Klar waren wir, schon ganz im Sinne von „schneller, lauter, härter“, von CHAOS Z enttäuscht und sangen lauthals den Anti-Hippie/Öko-Song „Müslibrei“ von NORMAHL mit – der nebenbei bemerkt „Hippies“ von BÖHSE ONKELZ in nichts nachsteht. Ja, und auch das Cover ist nicht so die Offenbarung. Vor allem das Abdrucken der beiden Fotos aus dem „Oi!“-Bericht aus der Teenie-Zeitschrift Popcorn auf dem Backcover war doch sehr einfallslos. Trotzdem habe ich mir den von AM Music, dem Mülleimer-Nachfolger, Anfang der Neunziger – leider ohne das der Erstauflage beiliegende A5-Fanzine – aufgelegten Rerelease gekauft. Und „Ultra Hardcore Power“ hat bisher noch jede Reduzierung meiner Plattensammlung überstanden.