Die LEECHES Mass, Messicano, Freddy und Mone sind dick und leben noch bei ihren Eltern, denn die vier Mütter der Musiker sind ziemlich gute Köchinnen. Abgesehen davon leben und feiern sie jedoch auch den One-two-three-Punkrock in Reinkultur. Über Alice Cooper, italienische Kochkünste, die Mafia und Musik kann man ernsthaft diskutieren – aber nicht mit den vier Blutegeln, denn Punkrock soll Spaß machen. Ich führte mit Bassist und Sänger Mass ein Interview ohne Sinn und Verstand, das Klischees über Italien bestätigt und zugleich vernichtet und doch nur eines will: Werbung machen für die Musik von THE LEECHES, denn die Jungs haben es verdient, gehört zu werden.
Was esst ihr denn am liebsten?
Pizzoccheri, so eine Art Spätzle; Maccheroni, kennt man; Piadina, Fladenbrot; Pizza, auch klar; Mafia, ein italienisches Geheimrezept, das jeder kennt; und Mandolino, lecker, scharf, fettig! Wir hauen uns aber auch chinesisches, spanisches, deutsches und amerikanisches Essen rein – aber nur, wenn unsere Mütter weit weg sind.
Habt ihr schon versucht, euer Gewicht zu reduzieren?
Nach meinen Herzinfarkten versuche ich regelmäßig, gesünder zu leben und weniger zu Essen. Aber es geht einfach nicht. Ich esse zu gerne und meine Mutter kocht zu gut. Und die Herzinfarkte kommen immer häufiger, was auch das Abnehmen immer schwieriger macht.
Könnt ihr denn auch selbst kochen oder esst ihr nur?
Keine Ahnung. Vielleicht werde ich eines Tages versuchen, mich selbst zu essen. Ich fange mit meinem Fuß auf einem Mayonnaise-Bett an.
Okay, entweder versagt hier mein Schulenglisch oder du bist noch durchgeknallter, als es mir neulich in Freiburg schon vor, während und nach dem Konzert schien. Also reden wir lieber über Musik. Wann habt ihr angefangen?
THE LEECHES haben sich Anfang 2002 in Como gegründet. Unsere Vorgängerbands – ORANGE JUICE FROM THE CRYPT, CLASS 78, THE CRETINS – lösten sich zum Teil auf und wir beschlossen, zusammen eine neue, echte Punkrock-Band zu gründen. Von Anfang an dabei waren neben mir Messicano an der Gitarre sowie Mone, Drums und Snacks. Seit kurzem ist auch Freddy an der zweiten Gitarre mit im Boot. Wir sind ziemlich einfach gestrickt: wir wollen einfach nur möglichst häufig auftreten und spielen, wir wollen eine Menge essen und wir wollen versuchen, musikalisch möglichst nichts zu klauen, dafür suchen wir unsere Inspirationen bei D.I., ANGRY SAMOANS, ADOLESCENTS, GG Allin und bei allen weiteren Bands, die sich so und so ähnlich anhören und die den originalen Punkrock spielten, besonders die geilen heftigen Kalifornien-Sachen der 80er. Unser erstes Release war jedenfalls anno 2003 eine Split-CD mit den Mailänder Punk’n’Rollern GOOD OL’ BOYS. Darauf enthalten sind fünf Oldschool-Punkrock-Songs ohne großes Gedöns. Im Dezember kam dann unsere erste Vinylsingle mit drei kurzen heftigen Stücken primitiven Punkrocks raus. Das erste Album erschien dann im Sommer 2005: „Fun Is Dead“. Darauf befinden sich elf schwitzige und durchgeknallte Stücke, unter anderem „Gorilla rock“ und „Jesus loves The Leeches“. Im Jahr darauf erschien die Platte dann noch mal bei Nextpunk Records aus der Schweiz und wir spielten Unmengen an Gigs und machten ein paar Mini-Touren , um die Platte zu promoten und Spaß zu haben. 2007 brachten wir dann eine Split-Single mit den PROTON PACKS heraus und fingen an, Songs für unsere zweite Platte zu schreiben. Sie erschien 2008 sowohl auf CD als auch LP und heißt „The Leeches Eat The Leeches“. Die Platte ist auch in Deutschland und Österreich erhältlich.
Italien ist bekannt für Fantasy-Heavy-Metal und Eiscreme-Pop. Wie steht es um den italienischen Punkrock?
Es gibt hier einige gute Punkrock-Bands. Eine kleine geografische Aufzählung: TEMPORAL SLUTS/Como, THE MANGES/La Spezia, TAXI/Rom, STEAKNIVES/Rom, PROTON PACKS/Siena, RADIO DAYS/Mailand. Na gut, du hast Recht. Die Liste ist nicht so lang ... Aber die Dinge ändern sich gerade und es gibt echt einige gute Bands – gebt ihnen eine Chance!
Gerne. Aber zurück zu euch: das Album-Cover von „Fun Is Dead“ sieht aus wie eine Collage von George Grosz. Ihr seid doch hoffentlich keine politische Band?
Nein, auf keinen Fall! Unser Freund Danilo hat das gemalt und wir haben es als Cover benutzt. Es ist ein seltsames Gemälde ... Die Farben sind toll!
Das Cover von „... Eat The Leeches“ – die vier Musiker sind als Schweinskopf-Delikatesse eines kalten Buffets aufgefahren – erinnert mich irgendwie an ein anderes Cover ...
Keine Ahnung. Vielleicht eine Zeichnung von Leonardo da Vinci? Egal. Wir hatten eine Menge Spaß, als wir das Coverfoto aufnahmen: Es gab eine Unmenge Spaghetti und Pizza ...
Bei euch steht also der Spaßfaktor ganz oben. Ist Punkrock eurer Meinung nach zu ernst geworden?
Absolut und darüber hinaus mit zu vielen Klischees behaftet. Mir sind Tattoos, Eightballs und all der Modeschnickschnack scheißegal. Ich liebe die seltsamen Wege meiner Fantasie. Ich liebe es, über Essen, italienische Affen, tote Menschen, meine Albträume und andere Geschichten zu singen.
Ihr seid musikalisch sehr im 80er-Punkrock verwurzelt. Inwieweit hat euch der D.I.Y.-Spirit beeinflusst?
Wir kommen alle aus dem Hardcore und der D.I.Y.-Kultur. In den 90ern haben wir Fanzines und Demotapes gemacht und das war eine geile Zeit. Ich war zwar erst 15, aber die Konzerte, die Singles und Tapes – so will ich es heute immer noch haben! Ich bin nur älter und dicker als damals.
Wie kamt ihr eigentlich dazu, „Reign in blood“ von SLAYER eurem Sound und Lebensgefühl anzupassen?
Nun ja, wir sind große SLAYER-Fans und wollten unbedingt ein Lied von ihnen covern, aber das Ganze sollte ein Spaß sein und so wurde „Reign in food“ daraus. Und so haben wir die Schlächter und Kalamari zu den Blutsaugern getan.
Alice Cooper ist sehr wichtig für euch. Erkläre uns kurz, warum.
Ich bin mit ihm aufgewachsen. Ich habe ihn fünfmal live gesehen und finde ihn einfach geil, besonders die Musik, die er in den 70ern gemacht hat. Manchmal glaube ich, dass er ein Genie ist. Er ist nicht besonders beliebt hier in Italien, aber das ist mir egal. Er ist wie ein Vater für mich.
Außer derer im Ox sind alle Rezensionen über euch, die ich finden konnte, in italienischer Sprache. Was steht denn so drin in den italienischen Besprechungen?
Nur Gutes, ehrlich!
Und wie sieht es mit Touren aus? Wann kommt ihr denn mal über die Alpen nach Deutschland?
Wir sind ziemlich faule und fette Säcke, was die Organisation angeht. Aber wir wollen unbedingt in Deutschland spielen. Wenn ihr also Lust auf uns habt, dann schreibt uns und wir kommen. Italian cannoli for everyone!
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