KVAEN

Foto© by Amanda Lindelöf

Vielfalt, Songwriting, Metal

Mit „The Formless Fires“ veröffentlicht Jacob Björnfot dieser Tage das dritte Album seiner Band KVAEN. Wir sprechen mit dem schwedischen Songwriter und Multi-Instrumentalisten, der bis auf das Schlagzeug alles selbst eingespielt hat, über das Songwriting und den Einfluss von Psychedelic Rock auf seine Musik.

Was gefällt dir an dem neuen Album am besten?

Das ist eine gute Frage. Ich denke viel zu viel nach, wenn ich meine eigene Musik höre. Das ist Segen und Fluch zugleich, denn beim Hören denke ich man immer: Oh, verdammt, das hätte ich anders machen sollen oder hier hätte vielleicht noch ich ein paar Effekte hinzufügen sollen. Oder hätte ich diesen Teil noch einmal aufnehmen sollen? Das ist ein typisches Musikerding. Aber grundsätzlich gefällt mir an dem Album am besten, dass es so verdammt gut klingt! Die Produktion klingt genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Letztendlich ist es auch so, dass ich, als ich die beiden vorherigen Alben gemacht habe, ziemlich knapp bei Kasse war. Denn wenn man bei einem kleinen Label ist, hat man nicht so einen riesigen finanziellen Spielraum. Es kann auch nicht so viel im Voraus bezahlen, wie es vielleicht ein größeres Label kann. Ich bin also super, super glücklich, dass diese Songs die Produktion bekommen haben, die sie brauchten, so dass das Ganze jetzt wirklich solide klingt. Ich glaube, darauf bin ich am meisten stolz.

Was ich an „The Formless Fires“ sehr schätze, ist die Abwechslung. Normalerweise wird es in diesem Genre nach einer Weile sehr eintönig. Oft klingen verschiedene Songs doch sehr ähnlich. Wie umgehst du dieses Problem?
Das Songwriting hat nichts mit Metal zu tun. Ich glaube, das ist die Antwort. Ich liebe meine klassischen Black- und Death-Metal-Bands und ich liebe es immer noch, die alten DSI-, CANNIBAL CORPSE- und DISSECTION-Platten zu hören. Sie sind wirklich großartig. Aber ich bin auch ein großer Fan von klassischem Rock. Da ist meine Lieblingsband PINK FLOYD. Ich lege super gerne „Dark Side of the Moon“ oder „Wish You Were Here“ auf und denke darüber nach, wie ich selbst so etwas schreiben könnte. Wie kann ich diese Songs klauen und sie ins Extreme-Metal-Universum überführen? So gehe ich normalerweise vor. Ich höre nicht die typischen Black-Metal-Alben und lasse mich davon inspirieren. Diese Musik liegt mir im Blut. Ich kenne diese Scheiben seit so vielen Jahren, sie sind schon da. Ich kann das nicht mehr erzwingen, wenn es um Inspiration und so geht. Also musste ich meine Komfortzone verlassen und wirklich anfangen zu graben. Und ich habe festgestellt, dass es mir viel mehr Spaß macht, die alten Sachen aus den Siebzigern zu hören. Ich liebe LED ZEPPELIN, ich liebe PINK FLOYD, ich liebe THE DOORS, diese Art von Musik. Der psychedelische Rock der Sechziger und Siebziger Jahre. Ich finde so viele Anregungen in dem Stil und der Art, wie sie damals Musik geschrieben haben. Außerdem sind einige Songs überraschend böse.

Wenn ich an „Welcome to the machine“ von „Wish You Were Here“ denke, verstehe ich genau, was du meinst. Ein super verstörender Song, der das Schaffen vieler Extreme-Metal-Acts in den Schatten stellt.
„Welcome to the machine“ ist auch einer meiner absoluten Lieblingssongs. Auf der Platte ist auch dieser Part mit der Bridge, den ich mir für einen KVAEN-Track geklaut habe. Aus der Melodie, die dazu gehört, habe ich einfach eine Speed-Metal-Nummer gemacht. Leider kann dir nicht verraten, welcher Song das ist. Das würde alles zerstören.

Okay, ein Rätsel für die Zuhörer. Gerade Psychedelic Rock zeichnet sich oft durch endlose Wiederholungen und daraus resultierend überlange Songs aus. Deine Stücke sind meist um die fünf Minuten lang. Wie schaffst du es, sie so leicht verdaulich zu halten? Ist es schwierig, sich selbst zu kürzen?
Manchmal ist es sehr schwer und manchmal sehr leicht. Für mich geht es immer darum, was dem Song dient. Ich muss immer in diesem Sinne denken. Einer meiner absoluten Lieblingskomponisten ist John Fogerty von CREEDENCE ­CLEARWATER REVIVAL. Deren Credo war immer: Weniger ist mehr. Und wenn man sich die Länge ihrer Songs anschaut, dann sind die meisten nicht mal drei Minuten lang. Bei den Hits sind es maximal drei Minuten und dreißig Sekunden. Das hat mir immer gefallen, solange man die Zeit nutzt, um das zu sagen, was man wirklich sagen will. Mehr braucht man nicht, wenn man wirklich weiß, um was es einem im Kern geht. In meinem Fall mag ich diese Struktur, ich mag das Intro, die Strophe, den Refrain und vielleicht ein Gitarrensolo irgendwo dazwischen und dann das Outro. Solche Sachen. Ich mag es nicht, epische 14-Minuten-Stücke zu komponieren. Es gibt ein paar Fälle, wo ich es nicht aushalte, mir das anzuhören. Ich langweile mich sehr schnell, es sei denn, es gibt viele coole Details zu entdecken. Hast du den Song „Sons of winter and stars“ von WINTERSUN gehört? Den mag ich sehr. Er bleibt immer interessant. Es passiert die ganze Zeit so viel, aber alles passt zusammen. In solchen Fällen liebe ich es. Es ist so selten, dass ich mich einfach hinsetzen und zuhören kann und denke: Wow, das ist großartig. Ich halte es kompakt, kurz, aber ich kann alles sagen, was ich will. Das ist meine Arbeitsformel.