KOCHKRAFT DURCH KMA aus Duisburg und Köln tourten im März durchs Land und brachten im September 2018 ihr Debütalbum „Endlich Läuse“ raus. Mit uns sprechen Frontfrau Lana Van da Vla und Bassist Ficki Leandros über Witz und Weitblick und erklärten uns das von den vieren erfundene Genre „Neue Deutsche Kelle“. Hinter dem Bandnamen steckt übrigens keine Story – muss ja nicht alles immer Sinn ergeben. Dada eben.
Neue Deutsche Kelle – das klingt buchstäblich umwerfend. Nach Ohrfeige, Wucht und Durchschütteln mit einer Prise Humor. Inwiefern treffen diese Eigenschaften auf Kochkraft zu?
Lana: Das trifft alles zu – vor allem bei unseren Live-Sshows. Wir können aber auch ganz andere Töne anschlagen wie bei „Die wunderschöne Bude vom Soulfreak“. Eine Eigenschaft, die sich allerdings wie ein roter Faden durch all unsere Songs und Shows zieht, ist Gnadenlosigkeit. Egal, in welche Musikrichtung unsere Songs gehen, wie albern es auf der Bühne wird, wir gehen den Weg knallhart bis zum Ende. Da kann es auch mal zu einer – für uns ungewöhnlichen – Pop-Nummer wie „Eins zum Lieben, eins zum Laster“ oder einem minutenlangen Singlenote-Solo kommen.
Ficki: Ich mag ja das Bild, wie wir bei den Leuten mit dem Panzer durch die Wand ins Wohnzimmer gefahren kommen, aber Blumen dabeihaben. Wucht und Witz sind hervorragende Mittel, um die Aufmerksamkeit der Leute zu gewinnen. Worüber man lacht, das bleibt im Gedächtnis. Was als physisches Erlebnis im Bauch drückt und im Tanzbein juckt, das auch.
Was unterscheidet eure Musik grundlegend von dem Achtziger-Punk der Neuen Deutschen Welle?
Lana: Sie ist eben „kelliger“ mit einer harten, super tief gestimmten Gitarre und fiesem Synthie-Bass – und die Bezeichnung Neue Deutsche Kelle passt einfach viel zu gut, um sie nicht zu nutzen. Sonst hätte man es vielleicht auch Neue-Neue Deutsche Welle nennen können.
Ficki: Der Begriff hat ja inhaltlich einiges zu bieten: Referenz, Verweis auf Härte und blödes Wortspiel, alles in einem.
Seid ihr bisher die einzige Band der Neuen Deutschen Kelle oder haben sich schon andere Musiker*innen eurem Genre zugeordnet?
Lana: Bis jetzt sind uns noch keine weiteren Bands mit dieser Bezeichnung unter die Nase gekommen. Wenn wir mal eine treffen sollten, wäre das ja wie ein Ritterschlag für uns – wenn wir auch die Inspiration für deren Genre-Wahl gewesen wären.
Ficki: Bei derartigen Trittbrettfahrer*innen würden wir natürlich mittels unserer Schar von bissigen Anwälten horrende Lizenzgebühren eintreiben.
Eines eurer Mottos lautet: „Alles muss, nichts kann“. Stilmittel wie Wortwitze und Gegensätze sind Teil eurer Texte, ihr parodiert, stellt euer Publikum live gerne auf Geduldsproben – zeigt dabei aber auch Haltung. Wie ernst nehmt ihr euch und eure Musik?
Lana: Uns selbst nehmen wir gar nicht ernst, unsere Musik dafür umso mehr. Wir lassen dem Publikum die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie tief es eintauchen möchte. Wer einfach nur abgehen möchte, kann viel Spaß mit uns haben, auch ohne das alles zu durchblicken. Die, die sich ein bisschen mehr mit uns beschäftigen und auch hinhören, die werden einiges mehr finden und es hoffentlich mitnehmen.
Ficki: Ein Konzert, bei dem man sich angesichts von so viel Blödsinn und Formbruch zwischendurch ungläubig an den Kopf fasst, hat doch die besten Voraussetzungen, im Gedächtnis zu bleiben, zu Herzen zu gehen. Der Kontrast macht’s ja auch. Bei allem Quatsch wissen wir trotzdem, was wir tun – oder vielleicht: was wir als Nächstes tun müssen, um wieder in die Spur zu kommen. Und dann gibt’s nach haarsträubendem Dada wieder was Ausgechecktes vor den Latz. Zuckerbrot und Peitsche sagt man ja auch.
Apropos Formbruch: Ihr habt kürzlich bei der Show „My Hit. Your Song“ von ProSieben teilgenommen und Songs von Olly Murs gecovert. Wieso habt ihr das gemacht und welche Erfahrungen habt ihr gesammelt?
Lana: Wir konnten durch die Show ganz einfach – für einen verhältnismäßig kleinen Aufwand – mehr Leute erreichen, als es einer kleinen Band sonst möglich ist. Danach haben uns Leute geschrieben, dass sie uns dadurch gefunden haben – hat sich also gelohnt für uns.
Ficki: Wir wurden tatsächlich gefragt, ob wir mitmachen wollen, und haben uns dann auch ins Zeug gelegt, um alles ordentlich an den Start zu bringen. Für eine Band wie die Kochkraft, die wahrscheinlich schon für einen weniger gepflegten Rahmen als die Primetime auf ProSieben zu anarchisch und ungezähmt, ja, zu bescheuert wäre, ist das natürlich ein Riesending, sich dort präsentieren zu dürfen. Darüber lachen wir uns heute noch ins Fäustchen. Danach hatte es aus allen Richtungen nur Liebe gehagelt, das war ein schönes Gefühl und eine in Qualität wie Quantität eindrucksvolle Bestätigung, dass man offenbar nicht alles völlig falsch macht.
Am 11. Januar fand zum ersten Mal euer Endlich Freunde Festival in Duisburg statt, bei dem ihr mit befreundeten Bands einen Abend lang die Bühne teilt. Mit wem würdet ihr gerne mal – unabhängig von der Realisierbarkeit – zusammen die Sau rauslassen?
Lana: Mir kommen da TIC TAC TOE – wenn die sich noch verstehen würden –, BLINK-182 oder auch „Die drei ???“ in den Sinn, auch wenn letztere ja gar keine Musiker sind. Bei unserem Endlich Freunde Festival ist allerdings der Grundgedanke, dass wir wirklich mit Freunden die Bühne teilen, nicht bloß mit Bands, die musikalisch zu uns passen beziehungsweise die wir gerne hören.
Ficki: David Hasselhoff wäre sicherlich gut, und Anne-Sophie Mutter – wobei ich bei beiden nicht weiß, ob sie sich das saftige Startgeld leisten könnten.
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