KOB RECORDS

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Gegen alle Widerstände

Das Label aus dem italienischen Verona ist nun seit zwanzig Jahren eine der wichtigsten Anlaufstellen des Landes für Punk und Ska. Rund 140 Releases sind seit 1998 erschienen, und da Labelgründer Enrico auch der Sänger von LOS FASTIDIOS ist, machen deren Veröffentlichungen natürlich eine gewissen Schwerpunkt aus. Ich nehme den runden Labelgeburtstag zum Anlass, Enrico und Elisa einige Fragen zu stellen.

Wie und wann und von wem wurde das Label gegründet?

Enrico:
Ich habe KOB Records 1996 ursprünglich als Street-Music-Plattenladen in Verona gegründet. Das Label startete offiziell 1998, es entstand aus der Asche unseres alten Labels Skooter Rekords, das die erste 7“ von LOS FASTIDIOS, das Split-Album von LOS FASTIDIOS und F.F.D., „Hasta La Baldoria“, und das zweite F.F.D.-Album „Ridere Di Rabbia“ auf Vinyl veröffentlichte. Die erste KOB Records-Veröffentlichung war dann das zweite Album der italienischen Punkrock-Band DEROZER „Alla Nostra Età“, gefolgt vom zweiten LOS FASTIDIOS-Album „Contiamo Su Di Voi!“ und dem ersten Album der italienischen Punkband I MELT, „Sempre Più Distanti“. Heute sind wir bei Katalognummer KOB139 angekommen, dem neuen Album von SKASSAPUNKA namens „Adelante“. Ich begann Ende der Neunziger Jahre damit, Gigs im Bereich Punk, Ska und Oi! im Raum Verona zu mitzuveranstalten, und der Plattenladen wurde dann zu einem wichtigen Treffpunkt für die Punkrock- und Skinhead-Szene jener Jahre. Leider gibt es den Laden nicht mehr, er schloss im Dezember 2011 – es gibt nur noch den Online-Shop. Den und das Label mache ich zusammen mit Elisa, sie ist seit Anfang 2012 Teil der KOB-Crew.

Wie und wann seid ihr zum Punkrock gekommen?

Enrico:
Musik ist ein wirklich wichtiger Teil unseres Lebens. Punkrock kam in mein Leben, als ich noch sehr jung war, und ich hörte Bands wie RAMONES, THE CLASH, COCK SPARRER, THE SPECIALS und THE HOUSEMARTINS – die ich alle bis heute liebe.

Elisa: Als Teenager fing ich an, die italienischen Neunziger-Jahre-Bands wie LOS FASTIDIOS, F.F.D. oder DEROZER zu hören, und mit der Zeit kam ich dann immer mehr in die Szene rein – und ich liebe THE CLASH und THE SPECIALS.

Erzählt doch mal, wie das damals alles losging.

Enrico:
Anfang der Neunziger Jahre war Verona eine langweilige Stadt, für viele Leute war Punkrock durch. Ich wusste, dass das nicht stimmt, und innerhalb von nur wenigen Jahren zeigten wir den Leuten, dass Punkrock noch am Leben ist. Es war großartig zu sehen, wie Ende der Neunziger Jahre rund um den Laden und das Label eine große Szene entstand. Wir hatten eine wirklich tolle Zeit. Nach nur ein paar Jahren war Punkrock wieder relevant in der Stadt – und nicht nur in der Stadt: 1999 veröffentlichten wir den legendären CD-Sampler „Tre Venezie – Skins And Punx United“ mit mehr als zwanzig Bands, die nur aus unserer Region kamen. Es war die beste Antwort für all jene, die Punkrock wenige Jahre zuvor noch für tot erklärt hatten. KOB Records gab der Szene also wichtige Impulse. Und im Zuge dieser Entwicklung etablierten sich auch andere unabhängige Labels in Italien. Auch die Massenmedien begannen, sich mit der Welt der unabhängigen Musik zu befassen, und in diesen Jahren erfuhr die Szene ein großes Wachstum, dank der großartigen Arbeit der Indielabels. Von Anfang an haben wir mit KOB Records auch auf Kooperationen mit anderen internationalen Labels gesetzt, wir haben viele Jahre lang mit Mad Butcher Records aus Deutschland, Jimmy Jazz Records aus Polen oder Insurgence Records aus Kanada zusammengearbeitet und so seit Anfang der 2000er Jahre ein wirklich wichtiges Labelnetzwerk geschaffen.

Elisa: In den letzten Jahren haben wir dann eine wirklich gute Zusammenarbeit mit Fire and Flames Records aus Deutschland, Casual Records aus Frankreich und East Beat Records aus Russland etabliert. Und an weiteren internationalen Kooperationen sind wir dran. Wir denken, dass solche Kooperationen zwischen unabhängigen Labels sehr wichtig sind, um unseren „Street Sound“ besser zu verbreiten. Wir setzen wirklich auf Punkrock und die DIY-Attitude. Wir vertrauen auf die Stärke der unabhängigen Musik von der Straße, die all die Jahre überlebt hat und sich dem Business und der Musikindustrie widersetzt.

Welche Vorbilder oder Personen oder Ideen haben euch inspiriert, das Label zu gründen?

Enrico:
Leidenschaft und Begeisterung sind unsere Medizin, bei der Arbeit und in unserem Leben. Anfang der Neunziger Jahre war ich ein begeisterter Leser des Maximum Rocknroll und aller Fanzines, die ich bei Konzerten in die Finger bekommen habe, und ich las besonders gerne Berichte über die ganzen kleinen Labels. Das inspirierte mich schließlich dazu, mein eigenes zu gründen.

Gibt es eine Geschichte hinter dem Namen?

Enrico:
KOB ist ein Akronym von Kontro Ogni Barriera, also „Gegen alle Widerstände“. Ich habe den Namen vom legendären KOB-Squat in Berlin übernommen. Ich war Anfang der Neunziger Jahre im KOB in Kreuzberg. Ich liebe diesen Berliner Bezirk, damals sah ich dort einen tollen OI POLLOI-Gig. Mir gefiel es dort sehr, also beschloss ich einige Jahre später, mein Label so zu nennen – eine kleine Hommage sozusagen.

Ist das Label ein Hobby für euch oder könnt ihr davon leben?

Enrico:
Ich und Elisa sind zu 100% mit Musik beschäftigt, Musik ist unser Leben. KOB Records ist heute ein Label, ein Online-Shop und eine internationale Booking-Agentur. Und natürlich engagieren wir uns auch sehr in unserer Band LOS FASTIDIOS, da ich der Sänger bin und Elisa unsere Tourmanagerin ist. Wir geben alles, was wir können, für dieses Projekt, wir sind sehr beschäftigt, wir haben viel Arbeit, und perspektivisch werden wir noch Leute brauchen, die für uns arbeiten, aber derzeit ist das finanziell nicht möglich. Also machen wir alles zu zweit, es ist nicht einfach, aber wir überleben, und wir sind vor allem sehr zufrieden, weil wir eine wirklich gute Arbeit machen. Für uns ist diese Befriedigung wichtiger als alles andere.

Wie politisch ist KOB Records?

Enrico:
KOB Records und alle Bands des Labels sind Antirassisten und Antifaschisten. Wir sind der Meinung, dass unsere Musik und rassistische Einstellungen sich ausschließen, und wir denken, dass es wirklich wichtig ist, unsere Szene und unsere Musik vor jeder Art von diskriminierender Infiltration zu schützen. Wir sehen uns eigentlich nicht als politisches Label, denn wir sind überzeugt, gegen jede Art von Diskriminierung zu sein, ist ein grundlegender menschlicher Wert und keine politische Position.

Vinyl? CD? Digital? Habt ihr Vorlieben?

Enrico:
Es ist wirklich toll zu sehen, wie das Vinyl heute wieder lebt. Unsere alten Skooter Rekords-Veröffentlichungen waren nur Vinyl. Mit KOB veröffentlichen wir CDs und Vinyl, aber wir finden, dass unsere Art von Musik in erster Linie was für Vinyl ist. Das ist der Grund, warum wir dem Vinylformat auch in Zeiten, in denen es Gefahr lief zu verschwinden, weiter die Treue hielten. Digital? Nun, es ermöglicht uns, Menschen überall auf der Welt zu erreichen. Das ist gut, aber natürlich kann unsere Musik von der Straße nicht nur digital existieren.

Und was war euer bisher größter Erfolg bislang, was die größte Enttäuschung?

Elisa:
Unser Bestseller ist das LOS FASTIDIOS Album „Contiamo Su Di Voi!“, aber mit dem Aufkommen der kostenlosen Download- und Digitalversionen ist es heute wirklich schwierig zu sagen, was der wahre Bestseller ist. Wir sind stolz auf alle unsere Veröffentlichungen, also war auch keine Enttäuschung dabei. Wir sind nur über einige wenige Bands enttäuscht, die nicht mehr bei uns sind und die vergessen haben, was KOB Records für sie getan hat, als sie noch unbekannt waren.

Was werden eure nächsten Releases sein?

Elisa:
Wir arbeiten längst an den Veröffentlichungen für 2019 und sind uns sicher, dass es ein wirklich wichtiges Jahr für unser Label wird, denn die neuen Alben von LOS FASTIDIOS, SKASSAPUNKA und LE IENE stehen an. Es wird auch ein wichtiges Jahr sein für unsere Booking-Agentur, die ständig wächst.