Vor sieben Jahren gaben die Wiener Psychobillys im Ox als Ziel aus, viele Menschen dazu zu bringen, ihre Platten zu hören. Dieses Ziel haben sie erreicht. Was als Nächstes kommen soll – neben der neuen Platte „Kiss & Hell“ – erzählt uns Sängerin Kitty.
KITTY IN A CASKET, KITTY, DAISY & LEWIS, Hello Kitty: Am Namen Kitty scheint popkulturell irgendetwas dran zu sein. Hast du eine Ahnung was?
Puh, nein. Es ist eben schon seit meiner Jugend mein Spitzname. Ich heiße ja eigentlich Katharina. Aber aufgrund meines Faibles für Katzen hat sich das schon recht früh so eingebürgert. Seitdem sagen fast alle Kitty zu mir. Oder Kathy. Nur meine Oma sagt Katharina.
Sind die Bühnen-Kitty und die Kathy zwei unterschiedliche Personen?
Auf jeden Fall! Kitty ist anders als Kathy. Ich kann als Kitty auf der Bühne meine Freiheit ausleben. Das versuche ich im Alltag zwar hier und da auch. Aber ohne Regeln geht es da ja leider nicht. Auf der Bühne bin ich mitunter so wild und in einer anderen Welt, dass ich mit blauen Flecken nach Hause komme und am nächsten Morgen nicht mehr weiß, wo ich die überall herhabe. Als Kitty kann ich eben auch Seiten rauslassen, die tagsüber vielleicht im Verborgenen liegen.
Was sagt deine Oma zur Bühnen-Kitty?
Sie hat leider noch nie ein Konzert von uns besucht. Sie ist schon über achtzig, zwar noch recht fit, aber so ein ganzes Konzert spätabends ist dann doch zu lang. Ich zeige ihr allerdings immer Videos von unseren Auftritten – und die begeistern sie meist. Genauso wie meine gefärbten Haare übrigens.
Kürzlich wurdet ihr als eine jener Bands aus Österreich gelistet, die man unbedingt kennen sollte.
Das hat uns selber überrascht. Und wir fühlen uns sehr geehrt, dass wir da zusammen mit anderen Künstlern wie WANDA oder Falco genannt werden.
Wie überschaubar ist die Punk-Szene bei euch in Wien, wo die meisten ja eher den Musikverein, die Oper, den Prater oder Schloss Schönbrunn kennen?
Wenn große Bands kommen – RANCID, NOFX, ANTI-FLAG – dann ist die Bude voll. Kleinere Bands dagegen haben es schwer, auch weil das Wiener Publikum ein sehr träges ist: Wenn es regnet, dann geht man nicht zum Konzert. Wenn der kleine Zeh wehtut, erst recht nicht. Entsprechend ist die wirkliche Szene eher klein.
Ihr seid bereits durch die USA getourt und in Europa eine feste Größe in Sachen Psychobilly. Im Ox-Interview 2009 sagte euer Gitarrist Billy: „Für mich ist es das Ziel, dass sich jemand unsere CD kauft und dann sagt, wie toll er sie findet. Wenn man einfach merkt, dass man mit dem, was man tut, anderen Freude macht.“ Okay, dieses Ziel habt ihr erreicht. Was sind die neuen Ziele?
Das Ziel, das wir damals hatten, ist nach wie vor aktuell. Erst neulich hat uns beispielsweise jemand, der nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus lag, geschrieben, dass ihm unsere Musik über die schwere Zeit hinweggeholfen habe. Solche Momente machen das Ganze einfach wunderschön. Aber natürlich gibt es auch neue Ziele. Wir wünschen uns etwa, in Zukunft auf noch mehr anderen Kontinenten spielen zu dürfen: Japan, Asien, Australien. Und wir wünschen uns natürlich, dass unser neues Album gut bei den Leuten ankommt. Wir haben schließlich besonders viel Schweiß vergossen dafür – und das nicht nur, weil wir es hauptsächlich im Hochsommer aufgenommen haben, haha.
Was war denn so anders und anstrengend an „Kiss & Hell“?
Ich habe höhere Anforderungen an mich selbst gestellt als je zuvor – sowohl was die Texte als den Gesang angeht. Zudem hatten wir uns eine feste Deadline gesetzt. Ich bin jemand, der diesen Druck braucht. Ich gebe auch zu, Teile der Band haben schon recht früh mit der Arbeit am Album angefangen. Und ich war es dann, die sich am Ende zu viel Zeit gelassen hat, haha. Ich stand den ganzen Sommer lang unter Dauerdruck.
Wie bekommt man da halbwegs vernünftige Texte hin?
Komischerweise kann ich in solchen Situationen am besten Texte schreiben. Ich setze mich dann hin, überlege, was mich zuletzt beschäftigt hat, und schreibe mir dann Stichworte auf. Danach baue ich die Lyrics drumherum. Es ist einfach so: Wenn die Zeit knapp wird, dann fließt es so aus mir heraus. Und das führt zu den verrücktesten Situationen. Ich habe beispielsweise zuletzt im Flugzeug einen Song geschrieben. Innerhalb einer halben Stunde war er fertig. Wenn wir hingegen gerade kein Album aufnehmen, dann erwische ich mich häufig dabei, dass ich mir sage: Ja, ja, kannst du auch später noch aufschreiben.
Gibt es auf „Kiss & Hell“ Songs, die dir als Songschreiberin besonders wichtig sind?
Ja. Ganz wichtig ist mir „Gone“, der Akustiksong.
In dem du als Protagonistin an einem Grab stehst?
Ja. Dieses Stück ist sehr persönlich. Da ist nichts verschleiert.
Also ist er nicht mit diesem morbiden Augenzwinkern versehen, das ja für Psychobilly- oder Horrorpunk-Bands eigentlich typisch ist?
Genau. Ich halte es an sich immer so, dass in einem Song etwas von mir stecken muss – egal, wie ironisch es dabei zugeht. Aber in diesem Song sollte es vollkommen unverfälscht sein.
Darf ich fragen, um wen es in „Gone“ geht?
Ja. Es geht um meinen Vater. Wir haben „Gone“ als Akustiksong arrangiert, damit mit er sich von den anderen Stücken absetzt. Und wir haben ihn bewusst ans Ende der Platte gesetzt. Als stillen Abschluss.
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