KILL YOUR IDOLS

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Only dicks don’t like ’em

Mit „Funeral For A Feeling“, dem letzten KILL YOUR IDOLS-Album, hatte mich die Band für sich gewonnen. Vor allem der tolle Titelsong hatte es mir anno 2002 angetan: Eine powervolle Old-School-Hardcore-Punkrock-Hymne, die mich durch ihren mehrstimmigen Refrain mitriss. Knappe drei Jahre später steht das neue Album der New Yorker in den Startlöchern. „From Companionship To Competition“, das zweite KYI-Album für Side One Dummy Records, ist die würdige Fortsetzung von „Funeral For A Feeling“. Energischer, schneller Hardcore trifft auf Punkrock der alten Schule und an einigen Stellen findet sich eine catchy Melodie, die Songs wie – erneut – den Titeltrack zu Ohrwürmern machen. Kritiker werden KYI und ihrem neuen Album mit Sicherheit vorhalten, dass sie ihren Stil über ihre Alben hinweg nicht geändert haben. Geschenkt, darin liegt die Stärke der Band! KILL YOUR IDOLS verbinden raue Energie mit Attitüde und das macht sie zu einer festen Größe jenseits jeglicher Trends. Nach einem langen Prozedere – man kommunizierte mehrere Tage via E-Mail und Anrufbeantworter – hatte ich KYI-Sänger Andy am Telefon, der sich einmal mehr als redefreudiger Gesprächspartner entpuppte.

Andy, als „Funeral For A Feeling“ 2002 erschien, gabt ihr bekannt, dass KILL YOUR IDOLS nicht mehr soviel touren werden und die Band allgemein auf kleinerer Flamme kochen wird. Wie kam es dazu und was hat sich seitdem geändert?


„Für eine gewisse Zeit konnten wir von KILL YOUR IDOLS leben, dann kam aber der Punkt, an dem es hieß, dass wir Kompromisse machen müssten. Wir hatten die Wahl: Entweder machen wir Dinge, die wir nicht machen wollen und bekommen das Geld, das zum Leben nötig ist. Oder wir suchen uns Jobs, verdienen damit Geld und machen KILL YOUR IDOLS so weiter, wie wir wollen. Deswegen beschlossen wir, KILL YOUR IDOLS auf dem Level zu betreiben, wie wir es jetzt tun. Alle von uns arbeiten, wir spielen fast jedes Wochenende und ab und zu eine kleine Tour.“

Was waren diese Dinge, die ihr nicht machen wolltet?

„Die Wenigsten wissen, dass wir mehrere Angebote für große Touren mit Bands hatten, die von Majors und MTV gerne als Punk dargestellt werden. Ebenso gab es Majorlabels, die mit uns in Verhandlung treten wollten, wir haben diese großen Touren sowie Verhandlungen mit Majors abgelehnt. Weder KILL YOUR IDOLS, noch Punk gehören auf ein Majorlabel und ganz ehrlich gesagt, bin ich stolz darauf, dass nicht ein Mitglied von KYI auch nur gesagt hat: ‚Hey, lass uns über das Major-Angebot nachdenken‘.“

Ein kleines Label ist Side One Dummy aber auch nicht.

„Stimmt, in den USA ist SOD sogar ziemlich groß, sie sind aber ein Indie. Es geht mir nicht darum, dass es falsch wäre, populär zu sein. Was mich stört ist, wenn eine Band, die nicht echt ist, als etwas verkauft wird, was sie nicht ist. Nimm NOFX, sie sind eine tolle Band, die sehr bekannt ist. Sie haben sich aber ehrlich hochgespielt, sie haben es ohne Majorlabels und MTV geschafft, bekannt zu werden. Die Ironie dabei ist, dass wir jahrelang als Band angesehen wurden, die sofort Major-Angebote annehmen und große Touren spielen würde. Aufgrund von Side One Dummys Beziehungen zu den Organisatoren der ‚Warped Tour‘ hätten wir die Tour etliche Male mitfahren können. Was wir taten, war eine ‚Warped Tour‘-Show zu spielen, in New York, wo jeder, der die ‚Warped Tour‘ nicht mag, ins CBGB’s kommen kann, um uns das nächste Mal live zu sehen.“

Was bewirkt der wachsende Bekanntheitsgrad mancher Punkbands, die auf einem Major sind, deiner Meinung nach?

„Bands wie GREEN DAY und RANCID sind der Grund für ein weit verbreitetes Symptom: Wenn Kids Stars werden wollen, gründen sie keine Rockbands mehr, sie gründen Punkbands, weil sie die Hand voll Punkbands, die groß geworden sind, auf MTV gesehen haben.“

Du klingst verbittert, wenn du das sagst.

„Um beim Beispiel zu bleiben, ich mag GREEN DAY und RANCID sehr gerne. Ich will auch nicht schlecht über sie reden, da ich die RANCID-Jungs kenne und mir bewusst bin, dass jeder eigene Motivationen und Gründe für seine Taten hat. Dennoch gibt es einen Teil in mir, der sich wünscht, dass sie niemals auf ein Majorlabel gegangen wären. Denn durch ihre Popularität und dadurch, dass MTV Punk entdeckte, wird die Ethik des Punks sehr vereinfacht und oberflächlich dargestellt. Und das enttäuscht mich, denn dadurch werden die Ehrlichkeit und die Herzlichkeit, die in Punk, Punkrock und Hardcore stecken, nicht vermittelt. Und auf einmal stehen Leute vor dir, die dir sagen, dass sie alles über dich und deine Lebensweise wissen. Dabei kennen sie nur den Aspekt der Shows und der Musik, mehr nicht.“

Inwieweit findet sich das, was du gerade gemeint hast, auf eurem neuen Album „From Companionship To Competition“ wieder?

„Das, was viele falsch verstehen, ist, dass das Album nicht gegen neue Leute, die in die Szene kommen, gerichtet ist. Man darf auch nicht übersehen, dass große Bands wie RANCID oder große Touren wie die ‚Warped Tour‘ neue Leute in die Szene bringen, das ist der gute Effekt ihrer Popularität. Das Album aber geht gegen all diejenigen, die seit Jahren die Szene ausbeuten und gegen diejenigen, die nur gekommen sind, um Geld mit ihr zu machen.“

Auf „From Companionship ...“ sind vier Songs, die unmissverständlich die Punkszene behandeln. Sie – allen voran der Titelsong – wirken aufgewühlt und frustriert, wie kommt das?

„Was mich bewegt, ist, dass ich mich in der Punkszene kaum mehr heimisch fühle, keinen Bezug mehr zu ihr aufbauen kann. Für mich bedeutete die Szene einst, dass es einen Platz gab, wo ich mich wohl fühlte. Das ist über die Jahre verschwunden, heutzutage fühle ich mich in der Szene ungefähr so wohl, wie in einer verdammten Cowboy-Bar. Darüber bin ich verbittert, denn – ich weiß, es klingt etwas klischeehaft – die Szene war einst mein Ein und Alles.“

Ich merke oft, dass man mehr über die Dinge spricht, die einen nerven als über die Dinge, die man als wertvoll empfindet. Ist das bei dir und deiner Beziehung zur Punkszene ähnlich?

„Ja, trotz allem Negativen in der Szene gibt es dort sehr viele großartige Dinge. Durch die Szene habe ich viele nette Menschen kennen gelernt. Und ich liebe Hardcore, er ist ein Teil meines Lebens. Nichtsdestotrotz schreibe ich fast nur über die Dinge, die mich frustrieren.“

Wie kam es zum Song „Only dicks don’t like BLACK FLAG“ auf „From Companionship ...“?

„Der Song ist ein sarkastischer Witz und dennoch sehr persönlich. Vor einigen Jahren ging ich zu einer Show der ROLLINS BAND, bei der sie nur BLACK FLAG-Songs spielten. Henry Rollins sang eine Hälfte des Sets, Keith Morris die andere. Henry Rollins sagte irgendwann während des Sets: ‚You all know why you’re here.‘ Ich schaute mich um und es schien mir, als ob jede Person im Saal sich für eine Sekunde daran erinnerte, warum sie Punk wurde. Diesen Moment fand ich sehr inspirierend. Und als ein Freund und ich nachhause gingen, sagte ich aus Spaß, nur Arschlöcher würden BLACK FLAG nicht mögen. Daraus entstand der Song, den ich über diese Nacht und über Henry Rollins’ Zitat schrieb. Lustig ist, dass viele Leute den Song sehr persönlich nehmen, Diskussionen starten, ob man wirklich ein Idiot sei, nur weil man BLACK FLAG nicht mag. Und das, obwohl der Song nichts mit BLACK FLAG zu tun hat! Es geht in dem Song um einen inspirierenden Moment, die Band BLACK FLAG spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle.“