KILL ALLEN WRENCH

Sachen gibt´s... Da taucht aus dem Nichts ein Typ auf, der mehrfach im Ox ganzseitige Anzeigen schaltet und ´nen Song auf die CD packt, und irgendwie hat bislang keiner was von dem Kerl gehört, das Label ist sein eigenes und dann mischt da auch noch Dr. Heathenscum von den legendären Kapuzenrockern THE MENTORS mit... Logisch, dass ich vor Ort war, als Allen Wrench Anfang November mit den MENTORS im AJZ Wermelskirchen Hof hielt. Fragt mich nach der Lektüre dieses Interviews bitte nicht, was das soll oder was der Kerl will oder was davon wahr ist und was Erfindung oder Drogenphantasie - ich weiss es nicht. Go.

Wer oder was ist KILL ALLEN WRENCH?


"Zuerst zur Frage, wer KILL ALLEN WRENCH ist. Am allerwichtigsten bin erstmal ich, Allen Wrench, internationaler Superstar. Ich singe und ich schreibe und produziere die gesamte Musik. Ich spiele Bass, von mir sind die Lead Vocals, gelegentlich spiele ich auch Gitarre. An zweiter Stelle ist Dr. Heathenscum von den legendären MENTORS, der spielt Gitarre, während er bei den MENTORS am Bass ist. Dann haben wir da Mariachi Mysterioso, unseren zweiter Lead-Gitarrist, und Rippin´ Ray, den Bassisten, und natürlich noch Junkie John am Schlagzeug. Er ist heroinabhängig, aber ein guter Drummer und trägt nicht unwesentlich dazu bei, uns zu der internationalen Supergroup zu machen, die wir sind. Damit ist die Frage nach dem Wer beantwortet, das Was folgt jetzt: wir sind ganz einfach die wichtigste Band im Punkrock. Einen Grund dafür gibt´s nicht, wir sind einfach Punkrock-Superstars. Das Problem mit Punkrock ist nämlich, dass Punkrock von Anfang an versucht hat, den klassischen Rockstar zu killen. Das fing mit den SEX PISTOLS an, die sich gegen den ganzen Starkult der Rockbands dieser Zeit gewendet haben und die das Motto "Death to rock stars!" ausgaben. So ungefähr 1991, als NIRVANA plötzlich loslegten, war es dann auch endgültig vorbei mit der Rockstar-Herrlichkeit, denn es war nicht mehr hip ein Rockstar zu sein. Die ganzen Majorlabels wie Capitol, Warner und die restlichen Idioten fanden sich plötzlich in der Position, dem langjährigen Punkrock-Plan der Zerstörung des Rockstar-Mythos zum Opfer gefallen zu sein - denn Kurt Cobain wollte ja kein Rockstar sein. So weit, so gut, und eine Weile war es ja auch ganz ok, dass die Sänger von Punkbands von der Bühne herunter erzählten "Hey, wir sind wie ihr, wir sind keine Stars. Das war ungefähr sechs Monate lustig. Dann hatten GREEN DAY ihr eines Major-Album fertig und bald das nächste und die Sache war gegessen. Wir sagten uns, wir brauchen mehr als diesen Quatsch."

Und was passierte dann?

"Nun, ich begann meinen Plan umzusetze, jede Punkrockband auf diesem Planeten anzupissen. Und zwar indem ich mich zum allerwichtigsten Punkrock-Superstar erklärt habe. Manche Leute mögen mir da widersprechen, aber ich weiss es eben besser. Ich BIN ein Superstar! Und ich bin nicht nur ein Superstar, ich bin auch der allergrößte Punkrock-Superstar, den es je auf diesem Planeten gegeben hat. Und sowieso geht´s bei Punkrock nur um mich und wie ich mich mit Bier besaufe, mich bekiffe, mir Heroin spritze und alle Weiber ficke."

Wow!

"Ja, ich bin Gott."

Du hast den Masterplan.

"Ja, hier in Deutschland darf man das wohl so ausdrücken. Dabei ist das nicht mal ein spezieller "Plan", sondern ich bin einfach so großartig, dass die Welt sich zwangsläufig um mich drehen muss. Sobald ich eine Bühne betrete, bin ich eben der größte Superstar aller Zeiten. Ich muss dafür nicht mal was tun, sondern stelle mich einfach hin und schon fangen die Mädels an sich darum zu streiten, welche als erste meinen riesigen amerikanischen Schwanz in den Mund nehmen darf."

Das Leben kann so einfach sein.


"Ja, das Leben ist gut zu dir, wenn du ein Punkrock-Superstar bist. Du kannst überall umsonst saufen, die Mädels rennen dir hinterher - und trotzdem bevorzuge ich es, in Amsterdam für die Mädels zu zahlen. Es ist schmutzig und ekelhaft, aber egal, was soll´s. Man darf nicht gleich auffallen, also verhalte ich mich wie ein normaler Tourist. Würde ich mich als grösster Punkrockstar der Welt zu erkennen geben, könnte ich natürlich alle Nutten der Stadt umsonst haben, aber ich bin auch mal gerne incognito unterwegs."

Mein erster Kontakt mit euch war seltsam: ich hatte diese 7" von euch in der Post und fragte mich, wer oder was diese verrückten Typen sind. Ich hatte noch nie von euch gehört, und die Leute in LA, die ich nach euch fragte, wussten auch nicht so recht was Sache ist.

"Also an sich kennt man mich in der Los Angeles-Punkrock-Szene schon ganz gut, denn ich mische schon eine ganze Weile in der Orange County-Punkszene mit. Ich bin jetzt 33, höre Punk seit ich 13 bin, habe die OC-Szene also seit Anfang der Achtziger mitbekommen und gehöre im Gegensatz zu Dr. Heathenscum zur zweiten Punkrock-Generation. Meine erste Band hatte ich in der Highschool, die hiess ROAD WHORE. Das war ´88, ich spielte Bass, schrieb aber alle Texte und die Musik. Ich spielte da zusammen mit Al Bum, dem früheren Sänger von WHITE FLAG. Ich war immer großer WHITE FLAG-Fan, und nachdem Al sich mit Bill von WHITE FLAG zerstritten hatte, freute ich mich, ihn in der Band zu haben. Mit der Band brachten wir es nicht weit, ich war damals einfach zu arm und zu kaputt und ständig nur auf Heroin und Kokain. In den Jahren darauf spielte ich keine Musik mehr, doch als ich dann wegen einer Kleinigkeit im Knast saß, hatte ich Zeit zum Nachdenken, bekam wieder Lust auf ´ne Band, schrieb mal eben das komplette KILL ALLEN WRENCH-Album und nahm es dann auf, als ich wieder draussen war. Und es war natürlich sofort ein gewaltiger Erfolg."

Wie hast du das mit dem Erfolg angestellt?


"Gut, ich werde es dir verraten. Der Trick ist die Underground-Vernetzung der Punkrock-Szene weltweit. Wie du weisst korrespondieren die unterschiedlichsten Leute aus der Punkszene weltweit miteinander, per Brief und per eMail. Abgesehen von der Musik, die ich damals als Kid einfach cooler fand als Ozzy Osbourne und den ganzen Scheiss, hat mich schon immer fasziniert, dass du dir in dieser Szene nicht einfach mit dem richtigen T-Shirt die Coolness kaufen kannst, die du brauchst um dazu zu gehören. Nein, du musst dir deine Reputation erarbeiten, du musst es ernst meinen und ehrlich sein, sonst wirst du durchschaut. Ein Schlüsselerlebnis war damals für mich, wie ein guter Freund seinerzeit Henry Rollins, der gerade bei BLACK FLAG eingestiegen war, geschrieben hat - und Rollins schrieb ihm sofort zurück. Ich war erstaunt und begeistert, denn BLACK FLAG waren damals für die allergrösste Punkband überhaupt. Es war einfach cool, mit diesem Typen so einfach in Kontakt treten zu können. Deshalb schreibe ich auch heute jedem, der mir schreibt, persönlich zurück."

Und das ist alles?

"Nein, Geld gehört natürlich auch dazu. KILL ALLEN WRENCH ist eine Band, die massiv gepusht wird. Es kostet mich etwa $10.000 eine kleine Anzeige im Rolling Stone zu schalten, aber was soll´s. Und dann kenne ich natürlich jede Menge Leute, schon alleine die, von denen ich meine Drogen kaufe und die von mir Drogen kaufen oder denen ich Drogen gestohlen habe oder denen ich Geld für Drogen schulde. Ausserdem bin ich ein netter Typ, auf den alle Mädels stehen."

Soso, und das soll ich dir jetzt alles glauben? Manchmal habe ich so ganz dezent das Gefühl, da will mich jemand veräppeln...


"Tja, was soll ich dazu sagen? Ich kann dir nur das Geheimnis hinter KILL ALLEN WRENCH verraten: Heroin und Pornographie haben mich zu Superman gemacht. Je mehr Heroin ich konsumiere, desto schlauer werde ich. Und mit jedem Zug aus der Crack-Pfeife geht mein IQ in die Höhe. Ich schätze deshalb mal, dass ich noch ungefähr eineinhalb Kilo Crack brauche, um zum klügsten Menschen aller Zeiten zu werden und dann die großen Probleme der Menschheit zu lösen, etwa durch die Nutzbarmachung der Kernfusion."

Ein zweiter Albert Einstein.


"Das isses: rauche Crack und du wirst so schlau wie Albert Einstein. Wichtig ist mir übrigens auch, dass die Leute wissen, dass alles, was ich in meinen Texten schreibe, echt ist. Im Gegensatz zu diesem ganzen aufgesetzten Metal-Poserscheiss endet bei mir der Rock´n´Roll nicht an der Backstage-Tür, nein, das ist mein Leben und jeder soll wissen, wie das aussieht. Bei unseren Shows ist jeder backstage willkommen, und wenn du dann was findest, was dir gehört und von dem du denkst, dass es gestohlen wurde - ich war´s nicht! Das muss einer der Roadies gewesen sein. Und ich mache auch kein Geheimnis aus meinem Drogenkonsum. Darüber redet nur deshalb jeder, weil ich dazu stehe und nicht wie all die anderen ein Riesengeheimnis daraus mache. Ein weiteres Erfolgsrezept meinerseits, um internationalen Ruhm zu erreichen, beinhaltet also unbedingt intervenösen Drogenkonsum, Pornographie, tägliches Haschrauchen und Schulbesuch unter Alkoholeinfluss. Wer mir das nachmacht wird automatisch ein Superstar, wenn auch kein ganz so grosser wie ich, eine wichtige Größe im Punk und im Rock. Denn wir bewegen uns ja an der Grenze zwischen Rock und Punk und sind dabei eine der wenigen Bands überhaupt, die sich das erlauben kann."

Wenn wir schon von der Musik reden...

"Ja, ein gutes Thema. Wir sind eine Punkband. Und damit meine ich richtigen Punk und nicht diesen 4-Akkord-Hardcore-Crap, was nicht heißen soll, dass ich die DEAD KENNEDYS nicht mag. Das Problem ist einfach, dass man heutzutage oft von Punk spricht, aber eine beschissene Hardcore-Band vor sich hat. Mit Punk meine ich Bands wie die WEIRDOS oder die VIBRATORS, Musik aus einer Zeit, als Punk reiner, unverfälschter Rock à la JOAN JETT & THE BLACKHEARTS war. Das ist unser Ding, auch wenn wir mal ein Gitarrensolo einbauen. Wir versuchen unsere eigene Version von Rock zu spielen, und ich denke, wir machen das sehr gut. Zu vergleichen sind wir eigentlich nur mit TEXAS TERRI & THE STIFF ONES, guten Freunden von mir. Terri wird übrigens auch auf der nächsten KILL ALLEN WRENCH-Platte zu hören sein. Rikk Agnew ist übrigens auch ein guter Freund von mir, auch wenn er mittlerweile verrückt ist. Mike Ness ist dagegen ein Idiot. Und FEAR fand ich gut, bis ich Lee Ving mal persönlich getroffen habe, was ein gottverdammter Idiot."

Von was bezahlst du den ganzen Quatsch eigentlich? Überall Anzeigen, die Tour, das Album, das kostet doch alles ´ne ganz ordentliche Stange Geld.

"Au Mann, das ist eine andere Geschichte. Es gibt da eine Deutsche in LA, ein Mädel namens Cynthia. Die hat verdammt viel Geld geerbt und ist irgendwann mal voll auf Coke abgegangen. Darüber habe ich sie getroffen, und die hatte vor eine Filmgesellschaft zu gründen. Also half ich ihr Devil Vision Motion Picture Company zu gründen, eine Firma, die Horrorfilme produziert. Ich habe da gearbeitet, bis ich in den Knast musste, aber ich habe vor, nach dem nächsten KILL ALLEN WRENCH-Album wieder voll einzusteigen - und nachdem ich den KILL ALLEN WRENCH-Film gedreht habe, der den Titel "The People versus KILL ALLEN WRENCH" tragen wird. Naja, jedenfalls hatte ich ihr für den ersten Film $40.000 rausgeleiert, das Geld war auf der Bank - und nach zwei Wochen schon wieder weg, hehe. Kokain, teure Hotels, kaputtgefahrene Mietwägen - wie´s halt so läuft, ich auf ihr drauf, nur am Vögeln die ganze Zeit und sie auf Pillen. Sie war glücklich - bis ich ihr sagte, wir hätten unser Budget leider schon überschritten..."

Und wie ging´s weiter?


"Sie wollte natürlich wissen, wo das Geld geblieben ist, und ich meinte, sie solle einfach nochmal 40 Riesen drauflegen, sie hätte doch ohne Ende Geld. Und ausserdem haben die doch auch bei Star Wars und Titanic das Budget überzogen, also wo ist das Problem? Die haben hinterher das Geld mehrfach wieder reinbekommen. Also schoss sie nochmal $40.000 hinterher, die natürlich genau so schnell wieder weg waren. Das Filmgeschäft war also wohl nicht so ganz unser Ding, ich hatte ja noch nicht mal ein Drehbuch, hehe. Und dann musste ich in den Knast für eine kleine Weile, und als ich wieder rauskam, hatte ich diese Idee für KILL ALLEN WRENCH im Kopf. Cynthia war ein MENTORS-Fan, auch wenn sie leicht verquere Vorstellungen vom Bekanntheitsgrad der MENTORS hatte, und so überzeugte ich Dr. Heathenscum von meiner Idee und wir machten uns daran, diese Platte aufzunehmen - und Cynthia zahlte. Aus irgend einem Grund hasst sie mich heute und ist mit ´nem anderen verheiratet, aber drauf geschissen. Zum Schluss hat sie mir die Firma überschrieben, mit der Bedingung, sie nie wieder anzurufen. Das war ein fairer Deal, finde ich."

Weswegen warst du eigentlich im Knast?

"Wegen Drogen und ´nem geklauten Auto. Dabei hatte ich das Auto gar nicht gestohlen, sondern fuhr es nur. Ich hatte es mir nur geborgt und wollte es wieder zurück bringen, aber die gaben mir nicht mal eine Chance dazu. Ich bekam nur drei Wochen, also was soll´s. Und ausserdem wäre ich ohne Knast nie auf die Idee gekommen, die grösste Punkrockplatte aller Zeiten aufzunehmen."

Wie gefällt´s dir in Deutschland? Du warst ja schon einmal hier.

"Ja, und da ist auch die Liveaufnahme entstanden von der "Live in Berlin and Amsterdam"-Single. In Europa gefällt es mir sehr gut, und gerade Deutschland ist klasse. Das letzte Mal war ich hier und hing mit dem zweitbesten europäischen Judo-Team ab sowie mit Typen von der Russenmafia, die mir alle Drogen besorgten, die ich wollte. Berlin gefällt mir besonders gut, die haben großartige Bordelle mit superschönen Frauen. Und man kann sehr gut zocken in Berlin, was gut war, da ich abgebrannt ankam und gleich ganz gut gewonnen habe. Den Rest habe ich mit einer gestohlenen Kreditkarte bezahlt, aber egal. Ansonsten sind die Leute, die ich hier getroffen habe, alle supercool und hilfsbereit und mir gefällt´s in Holland und Deutschland eigentlich viel besser als in den USA - aber hey, da wohne ich nun mal."

Was hat´s denn mit deiner Kampfsportkarriere auf sich?

"Judo ist mein grosses Hobby, und 1997 bin ich amerikanischer Meister im Schwergewicht geworden in der Altersstufe 30 bis 35. Judo ist ein großartiger Sport, und vor allem einer, der einem im Alltag hilft, wenn dich mal wieder jemand überfallen will. Und dann bestreite ich von Zeit zu Zeit auch mal einen Cage Fight, etwa den in Tijuana gegen den mexikanischen Kickbox-Meister. Das war ein heftiger Kampf, ich habe dem ordentlich die Fresse poliert und und das Publikum brüllte. Naja, ich habe letztendlich verloren, aber das war auch so abgesprochen, denn mein Gegner war der Sohn des Typen, dem die Kickbox-Liga gehört. Die Mexikaner haben mich trotzdem gefeiert, die waren total gut drauf, und ein paar so Drogenbosse haben mich auch eingeladen, sie auf ihren Landsitzen in Südamerika zu besuchen und dort zu kämpfen. Aber das ist mir dann doch zu heikel: am Ende gewinne ich bei so einem Kampf und ende dann mit einer Kugel im Kopf - nein danke. Judo ist für mich also nur ein Hobby, ich betreibe das nicht professionell."

Wann können wir mit dem neuen Album rechnen?

"Ich werde die Aufnahmen jetzt im Dezember abschließen, und ich denke es wird dann Februar, bis die Scheibe raus ist. Und dann gilt es, die Leute davon zu überzeugen, nicht lahme Scheisse wie BLINK 182, sondern die coole Platte von KILL ALLEN WRENCH zu kaufen. Der Titel wird übrigens "Full Metal Messiah" lauten."

Ich danke dir für das Interview!